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Arbeitsrecht
Akzeptieren oder gehen – das müssen Angestellte zur Änderungskündigung wissen

Wer eine Änderungskündigung nicht akzeptiert, muss den Arbeitsplatz räumen.
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Krisen könnten Unternehmen hart treffen. Als Folge kommt es häufiger zu Änderungskündigungen, die für Mitarbeitende unangenehme Folgen haben. Dazu die wichtigsten Punkte im Überblick.

Was ist eine Änderungskündigung?

Mit der Änderungskündigung wird der bisherige Arbeitsvertrag gekündigt und durch einen neuen ersetzt. Der neue Vertrag enthält andere Bedingungen, die für Angestellte häufig schlechter sind. Die Kündigung kann als Druckmittel des Unternehmens verstanden werden, um die neuen Bedingungen durchzusetzen. Die Idee ist aber, dass Angestellte den neuen Vertrag unterzeichnen, damit das Arbeitsverhältnis ohne Unterbruch weitergeführt werden kann. 

Was ändert sich?

Eine Vielzahl von Bedingungen kann ändern. Unangenehm sind eine Lohnkürzung, die Einführung einer längeren Arbeitszeit oder eine Ferienreduktion. Daneben gibt es viele weitere Gründe für Änderungskündigungen, etwa ein anderer Arbeitsort, eine Umstrukturierung mit neuen Arbeitsplätzen, Abschaffung von Privilegien, eine Anpassung der finanziellen Anreize beim Gehalt oder ein neues Betriebsreglement. 

Was müssen Angestellte akzeptieren?

Entscheidend ist die Ursache für die Änderungskündigung. Wenn sie aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen erfolgt, um beispielsweise Auftragseinbussen während der Covid-19-Pandemie zu kompensieren oder in einer schweren Krisensituation gar einen Konkurs zu vermeiden, müssen Angestellte eine erhebliche Verschlechterung in Kauf nehmen. Mit anderen Worten: Es darf von Angestellten erwartet werden, dass sie zum Beispiel in Form einer Lohnreduktion dazu beitragen, dass Arbeitsplätze erhalten werden können.

«Bei der Lohnreduktion gibt es keine fixen Grenzwerte», sagt Isabelle Wildhaber, Professorin für Arbeitsrecht an der Universität St. Gallen. So droht beispielsweise bei einem überdurchschnittlich hohen Gehalt auch eine entsprechend grössere Kürzung. 

Bundesrichter machen klar, dass jeder Fall anhand gewisser Kriterien situativ zu beurteilen ist.

Luise Locher, Assistentin an der Universität St. Gallen, hat eine Reihe von Bundesgerichtsurteilen zu Verfügung gestellt, die weitere Anhaltspunkte für zulässige Änderungskündigungen liefern. Dazu gehören Anpassungen im Zuge einer Firmenfusion oder einer Umstrukturierung, eine Gehaltsreduktion aufgrund von Leistungsabfall oder ein tieferer Fixlohn, um mit einem höheren variablen Teil einen Anreiz zu besseren Verkaufszahlen setzen. 

Aus den Leitentscheiden der Bundesrichter wird klar, dass jeder Fall anhand gewisser Kriterien situativ zu beurteilen ist. So geht aus einem Entscheid hervor, dass bei geringfügigen Änderungen auch die Anforderungen an die wirtschaftlichen Gründe tiefer sind. 

Was ist nicht erlaubt?

Für ein Unternehmen wird es schwierig, wenn die erwähnten betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründe für eine Änderungskündigung nicht vorliegen. In diesem Fall wäre die Änderungskündigung missbräuchlich. 

Als Leitentscheid in dieser Frage gilt ein Bundesgerichtsurteil vom April 1997. Damals ging es um eine Sachbearbeiterin, die gesundheitliche Probleme hatte. Das führte zu Leistungseinbussen, weshalb das Unternehmen ihr den Monatslohn um 500 Franken kürzen wollte, was die Betroffene nicht akzeptierte. 

Heikel wird es, wenn ein Zusammenhang zwischen Lohnreduktion und gesundheitlichen Problemen besteht. In der Sperrfrist, während der erkrankte oder verunfallte Angestellte einen Kündigungsschutz haben, ist eine Änderungskündigung ebenfalls missbräuchlich. Im ersten Dienstjahr beträgt diese Frist bis 30 Tage, vom zweiten bis fünften Jahr bis 90 und ab dem sechsten Jahr bis 180 Tage. 

Unabhängig von gesundheitlichen Problemen sind Fristen wichtig. So muss bei einer Änderung die gemäss Vertrag gültige Kündigungsfrist eingehalten werden. Bis zum Ablauf dieser Frist haben Angestellte Anspruch auf den bisherigen Lohn oder andere alte Bedingungen. Es kommt immer wieder vor, dass Unternehmen eine Änderungskündigung sofort oder sogar rückwirkend umsetzen wollen. Wer diese anfechten will, muss beim Unternehmen vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich Einsprache dagegen erheben.

Auch eine allzu deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kann bei einer Änderungskündigung als missbräuchlich verstanden werden. Fachleute sprechen dabei von «Unbilligkeit» der Vertragsanpassung. Bei diesem Kriterium wird im Einzelfall entschieden, ob die neuen Bedingungen zumutbar sind oder nicht. Dabei gibt es erheblichen Interpretationsspielraum. Klar ist aber, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vergleichsweise schlechte Bedingungen haben, einen tendenziell höheren Schutz geniessen. Und schliesslich gelten wie bei jeder anderen Kündigung auch für ältere Angestellte mit vielen Dienstjahren strengere Regeln.

Wie können sich Betroffene wehren?

Oft fühlen sich Mitarbeitende von einer Änderungskündigung überrumpelt. Sie sollten keinesfalls sofort etwas unterschreiben, sagt Myriam Muff, Juristin im Zentralsekretariat der Gewerkschaft Unia. Wenn nicht ohnehin eine Bedenkzeit gewährt wird, darf diese verlangt werden. Denn es ist wichtig, dass Betroffene genau prüfen, ob das Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben korrekt umsetzt. Sonst geben sie Vorteile aus der Hand, die ihnen rechtlich zustehen.

Wer sich überfordert fühlt, sollte juristischen Rat einholen. Gewerkschaften und gewisse Verbände unterstützen ihre Mitglieder in solchen Fragen. Auch Betroffene, die keinem Verband angehören, erhalten bei einfacheren Fragen vielerorts gratis oder gegen eine geringe Gebühr Rechtsauskünfte. Wer im Internet unter den Stichworten «unentgeltliche Rechtsauskunft» im eigenen Kanton sucht, findet Anwaltsverbände, Behörden und Gerichte, die weiterhelfen.

Was geschieht, wenn jemand die Änderungskündigung ablehnt?

Wenn Unternehmen und Angestellte unversöhnlich auf ihren Positionen verharren, können Betroffene die Kündigung nicht verhindern. Es ist aber möglich, ein Verfahren einzuleiten. Und wenn sich bestätigt, dass die beschriebenen rechtlichen Vorgaben nicht eingehalten worden sind, wird ein Arbeitsgericht die Kündigung als missbräuchlich taxieren.

Ist dies der Fall, erhalten Betroffene eine Entschädigung im Umfang von einem bis sechs Monatslöhnen. Bei der Bemessung spielen unter anderen folgende Kriterien eine Rolle: Schwere des Verschuldens, Alter des Angestellten, Mitverschulden der Betroffenen und wirtschaftliche Situation der involvierten Parteien.