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Blackout-Initiative
Nach AKW-Wende: Zweites Atommülllager wird zum Thema

So könnte die Anlage über dem Tiefenlager in Stadel im Zürcher Unterland dereinst aussehen.
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Die Suche nach einem Tiefenlager für radioaktive Abfälle mutet wie eine schier endlose Geschichte an. Im November wird sie um ein Kapitel reicher werden. Auf diesen Zeitpunkt hin will die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, kurz Nagra, beim Bund das Rahmenbewilligungsgesuch für das geplante Tiefenlager in Nördlich Lägern in den Kantonen Zürich und Aargau einreichen – 29 Jahre nachdem das Nidwaldner Stimmvolk den Bau eines solchen Lagers im Wellenberg abgelehnt hat. 

Für Nagra-CEO Matthias Braun ist dieser Schritt ein «Meilenstein», wichtige Grundzüge des Bauvorhabens würden so verbindlich festgelegt; dazu gehört auch ein Punkt, der nun zum Politikum wird: die maximale Kapazität des Lagers.

Der Bundesrat hat Ende August auf die Blackout-Initiative reagiert und entschieden, dem Volksbegehren einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. In Zukunft könnte also der Bau von neuen Kernkraftwerken in der Schweiz wieder erlaubt werden.

Reserve eingerechnet, aber nicht mehr

Unbesehen davon ist heute schon klar: Das geplante Tiefenlager ist nur für den Abfall der bestehenden Kernkraftwerke konzipiert, wie die Nagra in einem neuen Bericht auf ihrer Website festhält. Dessen Grösse hat sie auf Basis folgender Eckwerte berechnet:

  • Die bestehenden Kernkraftwerke laufen 60 Jahre, Leibstadt als jüngstes also bis 2044.

  • Weil die Anlagen von Gesetzes wegen so lange betrieben werden dürfen, wie sie sicher sind und auch technische Nachrüstungen möglich sind, schlägt die Nagra eine Reserve drauf. «Neue Kernkraftwerke sind in diesen Reserven jedoch explizit nicht eingerechnet», stellt die Nagra klar.

Bundesrat entscheidet Ende 2020er-Jahre

Über die Rahmenbewilligung entscheiden wird der Bundesrat voraussichtlich Ende der 2020er-Jahre. Dann kommt das Parlament zum Zug. Im Fall eines Referendums hat das Schweizer Stimmvolk das letzte Wort. Was aber passiert, sollte es bis dahin ein AKW-Neubauprojekt geben? Braucht es dann eine neue Rahmenbewilligung und eine Neuauflage der politischen Prozesse – samt allen Verzögerungen, die damit einhergehen? 

Nils Epprecht, Energiestiftung Schweiz, Zürich, 29.11.2023, Foto Dominique Meienberg

Das Bundesamt für Energie schreibt dazu, es liege kein Projekt für ein neues Kernkraftwerk vor. Es sei also nicht klar, ob überhaupt und wann welcher Kraftwerkstyp mit welchem Volumen von Abfällen geplant werde. «In Unkenntnis dieser Informationen können wir heute keine Spekulationen anstellen.»

«Absurd» oder «kein Problem»?

Ein klares Verdikt fällen dagegen die Atomgegner. «Die Lösung des Entsorgungsproblems war immer eine Auflage für den Betrieb eines AKW», sagt Nils Epprecht, Geschäftsleiter der Schweizerischen Energie-Stiftung. Diese Grundsatzfrage stelle sich damit erneut: Es bräuchte für neue AKW ein zweites Lager für den radioaktiven Abfall in der Schweiz, wo noch nicht mal das erste bewilligt sei. «Das zeigt, wie absurd diese Diskussion ist.»

Vanessa Meury ist Praesidentin des Energie-Clubs und Verfechterin der Atomkraft. © Adrian Moser / Tamedia AG

Die Atombefürworter entgegnen, es spiele technisch gesehen keine Rolle, wie gross das Tiefenlager heute geplant werde. «Die für das Tiefenlager vorgesehene Opalinuston-Schicht ist so mächtig, dass ein Tiefenlager fast beliebiger Grösse darin Platz hätte», sagt SVP-Politikerin Vanessa Meury, Mitglied des Initiativkomitees der Blackout-Initiative. «Wenn das geplante Lager dereinst voll ist, dürfte es kein Problem sein, eine Vergrösserung zu bewilligen.»

Viele Anfragen bei der Nagra

Die Nagra ihrerseits möchte sich an solchen Spekulationen nicht beteiligen. «Ob es Verzögerungen beim geplanten Tiefenlager gibt, falls sich die Rahmen­bedingungen ändern, und wie gross diese wären, können wir nicht sagen», sagt Sprecher Patrick Studer.

Viele Fragezeichen also. Warum schaltet sich die Nagra überhaupt in die Debatte ein? Sprecher Studer sagt, nach dem Bundesrats­entscheid sei die Nagra «von verschiedenen Seiten» auf die Frage der Lagerkapazität  angesprochen worden, nicht nur von Atomgegnern, sondern auch von Atombefürwortern.