Geldberater zu Konsumgüter-AktieNestlé ist auf dem richtigen Kurs, um Marktanteile zurückzuholen
Die Aktien von Nestlé sind tief bewertet – die hohe Dividendenrendite von 4 Prozent scheint nicht in Gefahr.
- Nestlé hat zuletzt Fehler gemacht, die den Aktienkurs belastet haben.
- Der neue Firmenchef Laurent Freixe plant Kostensenkungen und Wachstumsinitiativen. Dadurch könnte sich der Aktienkurs stabilisieren.
- Dessen ungeachtet bietet Nestlé eine attraktive Dividendenrendite.
Leider haben wir in Nestlé-Aktien investiert und einen Verlust erlitten, alljährlich jedoch eine befriedigende Dividende erhalten. Würden Sie warten, bis sich die Aktien erholen? Auch wenn dies noch Jahre dauern wird? Müssen wir mit einem gänzlichen Verlust rechnen? P. S.
Nestlé ist der grösste Nahrungsmittelhersteller der Welt und zählt international zu den erfolgreichsten Unternehmen. Doch zuletzt ist Nestlé aus dem Tritt geraten und hat Fehler gemacht, die an der Börse mit heftigen Abgaben quittiert wurden.
Der grösste Fehler war, dass Nestlé noch unter der Führung von Mark Schneider zu lang an hohen Wachstumserwartungen festgehalten hatte, dann aber nicht liefern konnte. Viele Investoren fühlten sich vor den Kopf gestossen.
Früher zählte es zu den Stärken von Nestlé, dass der Konzern das, was er versprach, einlöste. Zuletzt war dies nicht mehr der Fall, was Vertrauen zerstörte. Darüber hinaus ist Nestlé mit veränderten Konsumtrends konfrontiert sowie mit dem Boom bei Abnehmspritzen, die insbesondere im wichtigen Markt USA die Umsätze belasten. Negativ ausgewirkt hat sich beim Nahrungsmittelriesen auch die Inflation.
Neue Massnahmen brauchen Zeit
Nestlé steht für eine Vielzahl von bekannten Markenprodukten, bei denen Konsumenten eher Preiserhöhungen schlucken. Doch die Preissensibilität hat zugenommen. Die Preissteigerungen bei Nestlé haben einen negativen Einfluss auf die Verkäufe. In meiner TV-Sendung «CEO Talk» hat Nestlé-Präsident Paul Bulcke diese Woche eingeräumt: «Vielleicht sind wir bei den Preisen ein bisschen zu weit gegangen.» Da müsse Nestlé zurückdrehen. «Der Konsument muss unsere Produkte bezahlen können. Da haben wir Handlungsbedarf.» Nach den Fehlern hat der Nestlé-Verwaltungsrat den Firmenchef ausgewechselt und Mark Schneider durch das Nestlé-Urgestein Laurent Freixe ersetzt.
Die Investoren zeigten ihm bislang die kalte Schulter. Obwohl er eine Wachstumsinitiative lanciert hat und mit Investitionen ins Marketing das Wachstum ankurbeln sowie dank einem neuen 2,5 Milliarden schweren Sparprogramm die Kosten im Griff behalten will, hat der Aktienkurs Jahrestiefs erreicht.
Das verwundert mich nicht. Für einen Kurssprung hätte es spektakuläre Massnahmen gebraucht. Trotzdem bin ich überzeugt, dass Nestlé mit der neusten Kurskorrektur auf dem richtigen Weg ist. Als Aktionär bringt es Ihnen wenig, wenn dank kurzfristigen Massnahmen, die nicht nachhaltig sind, eine Kurserholung erzielt wird, diese aber wieder verpufft. Nestlé muss beweisen, dass mittels der angekündigten Massnahmen das Wachstum forciert wird und Marktanteile, die wegen der zu stark erhöhten Preise an die Konkurrenz verloren gingen, nachhaltig zurückerobert werden. Vor allem muss Nestlé den Beweis erbringen, dass der Konzern wieder verlässlich ist und die gemachten Prognosen einlöst – also das liefert, was er verspricht.
Börsenschwankungen sind oft übertrieben
Sorgen machen um Ihr in Nestlé investiertes Geld müssen Sie sich nicht: Nestlé ist nicht eine Krise, sondern eine Gewinnmaschine. Nestlé ist grundsolide und gehört weltweit zu den wenigen Dividenden-Aristokraten: Das sind Unternehmen, die ihre Dividende seit mehr als 25 Jahren stetig erhöht haben. Daran dürfte sich kaum etwas ändern. Sie profitieren bei Nestlé von einer attraktiven Dividendenrendite von fast 4 Prozent. Aus meiner Sicht hat der Markt mit den Kurskorrekturen übertrieben, was häufig vorkommt, da die Börse nach oben und nach unten oft zu Extremen tendiert. Auf dem tiefen Kurs stufe ich die Nestlé-Papiere als günstig bewertet ein und sehe mehr Chancen als Risiken.
Dies bedeutet nicht, dass ich nun eine rasche Kurserholung auf alte Höchstwerte erwarte. Das wäre unrealistisch. Aber Nestlé würde ich nicht unterschätzen: In seiner langen und sehr erfolgreichen Geschichte hat sich der Konzern immer wieder veränderten Trends angepasst. Ein Supertanker wie Nestlé braucht Zeit, bis er auf Touren kommt. Wichtiger als nur das Tempo ist bei einem Supertanker, dass er auf dem richtigen Kurs ist.
Ich bin überzeugt, dass dies bei Nestlé nach der jüngsten Strategiekorrektur der Fall ist und bereits im nächsten Jahr die ersten Früchte und eine langsame Wachstumsverbesserung sichtbar werden. Dann werden wir auch bei der Nestlé-Aktie wieder höhere Kurse sehen.
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