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Le Chat von Mistral im Test
Die europäische KI, die Chat-GPT in Verlegenheit bringt

Der französische Präsident Emmanuel Macron letzte Woche beim Faustgruss mit einem Roboter am internationalen Aktionsgipfel für die künstliche Intelligenz.
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In Kürze:
  • Bis Ende 2024 dominierten US-Firmen die KI-Landschaft unangefochten.
  • 2025 verstärken China und Europa ihren Druck auf amerikanische KI-Unternehmen.
  • Macron kündigte Investitionen von 109 Milliarden Euro für technologische Souveränität an.
  • Le Chat von Mistral AI bietet europäische KI mit konkurrenzfähiger Leistung und Datenschutzvorteilen.

Bei der künstlichen Intelligenz führte noch bis Ende 2024 kein Weg an den USA vorbei. Doch 2025 ist das Jahr, in dem sich die Marktführer Open AI, Google, Meta und Anthropic behaupten müssen. Vor drei Wochen haben die Chinesen die Vormachtstellung angegriffen. Die KI Deepseek ist so leistungsfähig und gleichzeitig so bescheiden beim Ressourcenbedarf, dass von einem «Sputnik-Moment» die Rede war: Wie 1957 der russische Satellit stellt sie die technische Überlegenheit des Westens infrage.

Frankreich will an die Weltspitze

2025 erwächst den USA noch mehr Konkurrenz, jetzt auch aus Europa. Am internationalen Aktionsgipfel letzte Woche in Paris kündigte Emmanuel Macron Investitionen von 109 Milliarden Euro und eine Bildungsoffensive an: Europa solle seine technologische Souveränität gegenüber den USA und China stärken.

Dass das nicht nur Wunschträume sind, beweist die neue KI namens Le Chat. Sie wurde zwar vor Macrons Gipfel lanciert. Doch sie untermauert die Ambitionen der Franzosen.

Die Mitbegründer von Mistral AI, darunter Timothée Lacroix, Arthur Mensch und Guillaume Lample, posieren am 15. September 2023 auf einer Dachterrasse in Paris, Frankreich. Mistral AI, ein kürzlich gegründetes Start-up, hat eine Investitionsrunde abgeschlossen, die das Unternehmen auf etwa 2 Milliarden Dollar bewertet.

Le Chat stammt vom Pariser Softwareunternehmen Mistral AI. Dieses war 2023 von ehemaligen Google- und Meta-Mitarbeitern gegründet worden und trat bisher vor allem durch seine Open-Source-Modelle in Erscheinung. Weil sie frei verfügbar sind, können sie von Drittunternehmen betrieben werden. Der Schweizer Cloud-Anbieter Infomaniak bietet seit einem Jahr einen auf Mistral basierenden Bot an. Er hat Vorteile beim Datenschutz, konnte bei der Leistung bislang aber nicht mit der Konkurrenz mithalten.

Eine echte Konkurrenz für Chat-GPT

Le Chat hingegen nimmt es locker mit Chat-GPT auf. Bei einfachen Fragen liefert dieser Chatbot «Blitz-Antworten». Sie setzen beim Reaktionstempo einen neuen Massstab. Auch Le Chat halluziniert gelegentlich und liefert erfundene Informationen. Doch im Schnitt stimmt die Qualität der Antworten. Le Chat lässt sich als einziger durch die Frage nach dem «Schweizer Bundespräsidenten» nicht aufs Glatteis führen, sondern gibt Auskünfte zu Karin Keller-Sutter. Chat-GPT, Perplexity und Deepseek nennen stattdessen Alain Berset, während Claude und Gemini eine Antwort verweigern.

Mehrere Familien mit unterschiedlichem Aussehen posieren vor dem Eiffelturm in Paris, mit bunten Haaren und Tätowierungen.

Die KI aus Frankreich erzeugt auch Bilder und Programmcodes und verarbeitet Dateien. Bei den Programmierfähigkeiten hat im Vergleich der Konkurrenten Claude die Nase vorn. Bei der Bilderzeugung liefert Mistral auch mal ordentlichen Kitsch. Doch diesen Nachteil macht sie wett, indem die KI auch auf Deutsch angenehm zu lesende Antworten erzeugt.

Diese Tonalität ist die grosse Stärke: Bei Chat-GPT, vor allem jedoch bei Gemini und Copilot von Microsoft klingen die Sätze oft nach blutleerem Marketingsprech. Le Chat hingegen schafft es, dass die Sätze auch in Deutsch zwar nicht nach einem Meister der Sprache, aber immerhin einigermassen natürlich klingen. Vielleicht ist das der europäische Einfluss, der sich hier bemerkbar macht.

Die europäischen Chancen sind intakt

Fazit: Mit Deepseek und Le Chat von Mistral sind wir an dem Punkt angekommen, bei dem wir KI-Lösungen nicht mehr nur anhand ihres Preises und ihrer Leistung auswählen. Nun spielen auch strategische Überlegungen eine Rolle: Deepseek hat für westliche User das Manko, dass diese KI Antworten im Sinn der chinesischen Regierung zensiert oder auch ideologisch färbt.

Bei Le Chat dürften viele Anwenderinnen und Anwender die europäische Herkunft als Vorteil werten. Diese KI bringt den alten Kontinent zurück auf die technologische Landkarte. Gut denkbar, dass das Vertrauen der hiesigen User in ein europäisches Unternehmen auf Dauer grösser ist. In den USA ist Elon Musk beim Versuch, Open AI zu übernehmen, zwar gescheitert. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Unabhängigkeit von Chat-GPT auf längere Frist gewährleistet sein wird.

Die Basisversion von Le Chat ist kostenlos. Das Pro-Abo für die erweiterten Funktionen ist für 15 Dollar pro Monat erhältlich, die Teamvariante für 25 Dollar pro Nutzer und Monat.