Finanzierung der 13. AHV-RenteHöhere Steuern, mehr Lohnabzüge: Vorschlag des Bundesrats stösst auf Widerstand
Die Landesregierung schlägt zwei Finanzierungsvarianten vor. Doch beide kommen schlecht an. Die Vorlage könnte im Parlament durchfallen. Was würde das heissen?
Für den Bundesrat sind drei Dinge klar: Erstens wird die 13. AHV-Rente ab 2026 ausbezahlt – und zwar einmal im Jahr als Sonderrente und nicht verteilt auf zwölf monatliche Zuschläge. Zweitens dürfen diese Zusatzausgaben die Finanzen des Sozialwerks nicht in Schieflage bringen und drittens den Bundeshaushalt nicht belasten.
Die Zeit drängt, denn die Gesetze müssen innert eines Jahres unter Dach gebracht werden. Deshalb hat die Landesregierung bereits drei Wochen nach der Volksabstimmung die Vorschläge zur Sicherung der Altersrenten präsentiert. Für den Schweizer Politikbetrieb ist das ein «sportliches» Tempo, wie Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider am Mittwoch feststellte.
Die 13. AHV-Rente verursacht ab 2026 zusätzliche Kosten von 4,1 Milliarden Franken, wovon der Bund nach geltender Regelung 20,2 Prozent übernehmen muss, also rund 840 Millionen Franken. Die Zusatzausgaben der AHV steigen bis 2030 auf 5 Milliarden, der Bundesbeitrag auf eine Milliarde.
So soll die Zusatzrente finanziert werden
Der Bundesrat schlägt zwei Varianten zur Finanzierung vor:
Eine Erhöhung der Lohnbeiträge um 0,8 Prozentpunkte – je hälftig von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen. Das würde der AHV zu Zusatzeinnahmen von 3,7 Milliarden Franken verhelfen. Heute beträgt der AHV-Lohnbeitrag 8,7 Prozent. Der Nachteil dieser Variante: Mit höheren Lohnabzügen müssten ausschliesslich die Erwerbstätigen und die Wirtschaft die höheren Rentenkosten tragen.
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,4 Prozentpunkte (aktueller Satz 8,1) und der Lohnbeiträge um 0,5 Prozentpunkte. Über die Mehrwertsteuer kämen zusätzlich 1,3 Milliarden zusammen, mit den höheren Lohnbeiträgen 2,3 Milliarden. Bei dieser Variante würde ein Teil der Kosten auf die gesamte Bevölkerung verteilt, denn über die Mehrwertsteuer müssten auch die Rentnerinnen und Rentner ihren Beitrag leisten.
Der Bundesrat gibt keiner der beiden Varianten den Vorzug, sondern will die Vernehmlassung abwarten. Diese soll im Juni beginnen, wenn der Bundesrat die Vorlage bereinigt hat und in die Konsultation schickt.
Kein Geld aus der Bundeskasse
Bei der Finanzierung ist der Bundesrat den Vorschlägen von Baume-Schneider gefolgt. Erfüllt wurde auch das Anliegen von Finanzministerin Karin Keller-Sutter, dass dem Bund wegen der 13. AHV-Rente keine Zusatzkosten entstehen. Deshalb will der Bundesrat den Anteil des Bundes an der AHV-Finanzierung ab 2026 reduzieren von heute 20,2 auf 18,7 Prozent. Diese Reduktion soll so lange gelten, bis eine neue AHV-Reform vorliegt, die die Finanzierung gesamthaft regelt.
Dadurch fehlen aber der AHV ab 2026 über 800 Millionen Franken, um die 13. Rente zu finanzieren. Deshalb schlägt der Bundesrat zusätzliche Beitrags- und Steuererhöhungen vor. Auch hier gibt es zwei Varianten:
Eine weitere Erhöhung des Lohnabzugs um 0,2 Prozentpunkte. Damit würden die Lohnabgaben für die AHV um insgesamt 1,0 Prozentpunkte steigen.
Eine weitere Erhöhung des Lohnabzugs um 0,1 Prozentpunkte und der Mehrwertsteuer um 0,2 Prozentpunkte. Mit dieser Mixvariante würde der AHV-Abzug um insgesamt 0,6 Prozentpunkte und die Mehrwertsteuer ebenfalls um 0,6 Prozentpunkte höher.
Kein Konsens unter den Parteien
Es ist allerdings fraglich, ob eine Finanzierungsvorlage für die 13. Rente im Parlament zustande kommt. Zwar sind die SP und der Gewerkschaftsbund einverstanden mit einer Erhöhung der Lohnprozente. Eine Reduktion des Bundesbeitrages lehnen sie jedoch ab. SGB-Chefökonom Daniel Lampart findet es problematisch, dass sich hier Keller-Sutter durchgesetzt hat. Die Kantone würden über die Steuern an der 13. AHV-Rente verdienen, sagt Lampart. Diese Mehreinnahmen von 600 bis 700 Millionen Franken müssten wie früher in die AHV fliessen.
FDP-Präsident Thierry Burkart lehnt ein «überstürztes Handeln» ab und damit eine einseitige Zusatzfinanzierung über Lohnbeiträge oder die Mehrwertsteuer. In erster Linie müsse der Bund nun sparen, etwa beim Personalaufwand, im Asylbereich, bei der Kultur oder der internationalen Zusammenarbeit. Die nachhaltige Finanzierung der AHV müsse mit der 2026 vom Bundesrat geforderten AHV-Reform gesamtheitlich gelöst werden.
Auch die SVP hält sowohl die Finanzierung über Lohnabgaben wie auch die Reduktion des Bundesbeitrages für inakzeptabel. Höhere Lohnabgaben verteuerten die Arbeit und belasteten einseitig die Jungen und Erwerbstätigen. Ehrlicher und fairer wäre es, die Finanzierungslücke mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zu kompensieren und beim Bund zu sparen, etwa im Asylbereich und bei der Entwicklungshilfe, so die SVP.
Mitte-Fraktionschef Philippe Matthias Bregy wirft dem Bundesrat vor, «ein Wunschkonzert vorzulegen». Eine Finanzierung nur über höhere Lohnbeiträge komme für die Mitte-Partei nicht infrage, sondern nur ein Einnahmenmix. Mittelfristig brauche es eine alternative Finanzierung, etwa mit einer Finanztransaktionssteuer. Den Bundesanteil an die AHV zu senken, lehnt die Mitte ab.
Ende Jahr eine Einmalzahlung
Sollte sich das Parlament auf keine Finanzierungsvorlage einigen können oder diese in einer Volksabstimmung scheitern, müsste die 13. AVH-Rente vorerst aus dem AHV-Fonds finanziert werden. Das AHV-Vermögen würde dann jährlich um einige Milliarden schrumpfen und 2030 noch 75 Prozent einer Jahresausgabe der AHV decken. Gesetzlich gefordert ist ein Deckungsgrad von 100 Prozent.
Die technischen Details zur Einführung der 13. AHV-Rente hält der Bundesrat in einem separaten Gesetz fest. Zudem soll sichergestellt werden, dass Ergänzungsleistungen wegen der höheren AHV nicht gekürzt werden. Allerdings könnten auch diese Gesetzesänderungen im Parlament nicht rechtzeitig zustande kommen. Doch für diesen Fall garantiert der Bundesrat die Auszahlung der 13. Rente ab 2026. Denn gemäss einer juristischen Abklärung des Bundesamtes für Justiz kann er die Ausrichtung der 13. AHV-Rente auch auf dem Verordnungsweg beschliessen, da der Verfassungstext der Initiative eine ausreichende Basis bietet.
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