Umsetzung des VolksentscheidsDie 13. AHV fliesst ab Januar 2026 – Bundesjuristen beseitigen Zweifel
Der Bundesrat kann die Rentenerhöhung ohne Gesetz einführen. Das zeigt eine neue rechtliche Beurteilung. Auch wenn das Parlament eine Finanzierung verweigert, wird es fristgerecht mehr AHV geben.
Für Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider war der Fall am Abstimmungssonntag klar: «Ab 2026 erhalten 2,6 Millionen Rentnerinnen und Rentner eine 13. AHV-Rente», sagte sie vor den Medien. Doch in den letzten Tagen mehrten sich Zweifel, ob der von der Initiative vorgegebene Zeitplan eingehalten werden kann. Die erste Auszahlung könnte sich verzögern, weil sich das Parlament nicht rechtzeitig auf eine Finanzierung einigt, so die Befürchtung. Denn der Plan der Initianten, die Kosten von vier bis fünf Milliarden über Lohnabgaben zu finanzieren, stösst auf bürgerlicher Seite auf wenig Begeisterung.
Politgeograf Michael Hermann sprach in der SRF-«Arena» vom letzten Freitag bereits von einem «Pfand» der Bürgerlichen. Diese könnten das Gesetz, das die Auszahlungsmodalitäten regelt, mit der Finanzierungsvorlage verknüpfen. Falls keine Einigung zur Finanzierung gelinge, könnte die 13. Rente nicht rechtzeitig auf 2026 ausbezahlt werden.
Doch solchen politischen Spielen bereiten nun Abklärungen des Bundesamts für Justiz (BJ) ein Ende. Gemäss dieser rechtlichen Beurteilung kann der Bundesrat die 13. AHV-Rente ohne neue gesetzliche Grundlage auf 1. Januar 2026 einführen. Die Initiative sei direkt anwendbar, kommt das BJ zum Schluss.
Der Bundesrat werde nun prüfen, ob die neue Verfassungsbestimmung auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe umgesetzt werde und wie die Auszahlungsmodalitäten geregelt würden, teilt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mit. Die AHV werde die höheren Renten ab 2026 in jedem Fall auszahlen, unabhängig davon, ob bis dahin die Finanzierung geregelt und beschlossen sei.
Für Ergänzungsleistungsbezüger ist Gesetz nötig
Eine gesetzliche Regelung braucht es gemäss BJ nur für die Koordination der Rentenerhöhung mit den Ergänzungsleistungen (EL). Denn dies fordert der Initiativtext explizit: «Das Gesetz stellt sicher, dass der jährliche Zuschlag weder zu einer Reduktion der Ergänzungsleistungen noch zum Verlust des Anspruchs auf diese Leistungen führt.» EL-Beziehende sollen also wie alle anderen Rentnerinnen und Rentner profitieren.
Staatsrechtsprofessor Andreas Glaser bezweifelte letzte Woche aufgrund dieser Formulierung im Initiativtext gegenüber der NZZ, dass ohne Gesetzesänderung eine 13. AHV-Rente ausbezahlt werden könnte. Das BJ sieht das nun anders. Nötig und gefordert sei ein Gesetz nur, damit auch die EL-Beziehenden von der 13. AHV-Rente profitieren könnten.
Falls sich das Parlament nicht rechtzeitig auf eine gesetzliche Regelung der 13. AHV-Rente einigt, müssten sich also die EL-Bezüger allenfalls noch gedulden. Möglicherweise würden ihre EL-Ansprüche wegen der höheren AHV-Rente vorübergehend gekürzt, wie das gemäss dem geltenden EL-Gesetz vorgesehen ist. Voraussichtlich würde ihnen die 13. AHV-Rente dann rückwirkend vergütet.
Dass es zur Einführung der 13. AHV-Rente kein Gesetz braucht, nimmt Druck aus der politischen Debatte. Falls das Parlament sich nicht auf eine Finanzierung einigt, erhalten die Pensionierten die Rentenerhöhung trotzdem. Allerdings muss der Rentenausbau in diesem Fall aus dem AHV-Vermögen finanziert werden, was der Bundesrat wohl verhindern will.
Dieser dürfte bereits in den nächsten Wochen seine Vorschläge zur Finanzierung der jährlichen Kosten von vier bis fünf Milliarden Franken präsentieren, wie es in der Verwaltung heisst. Dafür kommen höhere Lohnabgaben, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder eine Kombination von Finanzierungsquellen infrage. Diskutiert werden auch neue Einnahmequellen wie eine Finanztransaktionssteuer oder eine Erbschaftssteuer.
Ohne Finanzierung schrumpft AHV-Vermögen
Bei den Abstimmungsverlierern herrscht bis jetzt Zurückhaltung gegenüber Mehreinnahmen. Die FDP will sich zurzeit auf keine Finanzierungsquelle festlegen. Die SVP stellte bereits klar, dass sie den AHV-Ausbau mit Einsparungen etwa bei der Auslandshilfe oder den Asylaufwendungen kompensieren will. Die Mitte-Partei brachte ihrerseits die Finanztransaktionssteuer ins Spiel.
Für alle Zusatzeinnahmen braucht es ein Gesetz, und im Fall der Mehrwertsteuer wäre für eine Erhöhung sogar eine Verfassungsänderung mit obligatorischer Volksabstimmung nötig. Eine gesetzliche Finanzierungsvorlage könnte zudem in einer Referendumsabstimmung scheitern. Für eine höhere Mehrwertsteuer wäre sowohl das Volks- wie auch das Ständemehr nötig.
Falls keine Zusatzfinanzierung für die 13. AHV-Rente zustande kommt, wird der Rentenausbau vorerst aus dem AHV-Vermögen finanziert. Dies würde bedeuten, dass die gesetzliche Vorgabe, wonach das AHV-Vermögen eine Jahresausgabe decken muss, bereits ab 2027 nicht mehr eingehalten wird. 2030 wird dann das Vermögen des AHV-Fonds noch 75 Prozent der jährlichen AHV-Ausgaben decken.
Klar ist aufgrund der rechtlichen Beurteilung des BJ, dass der Bundesrat die Auszahlungsmodalitäten in einer Verordnung festlegen kann. Voraussichtlich dürfte eine monatliche Rentenerhöhung von 8,3 Prozent ausgerichtet werden und nicht eine 13. Monatsrente im Dezember. Baume-Schneider sagte am Montag in der Fragestunde des Nationalrats, eine solche Lösung sei verfassungskonform, obwohl der Initiativtitel von einer 13. Rente spricht.
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