Porträt über nigrischen GeneralZuerst vereitelte er einen Putsch, dann stürzte er selber die Regierung
Nach der Machtübernahme verkündete Abdourahmane Tchiani, er wolle nur das Wohl fürs Land. Nun sagt er nichts mehr. Auch nicht zu den Amerikanern, die ihn militärisch ausgebildet haben.
![Will sich dem Druck nicht beugen: Der nigrische Putsch-General Abdourahmane Tchiani.](https://cdn.unitycms.io/images/BUtf4QU_4oKAob5wL11-PD.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=KRkE9omKpM8)
Der neue Chef ist nicht zu sprechen. Vergangene Woche versuchte es eine Delegation der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, am Montag bat die stellvertretende US-Aussenministerin um einen Termin. Doch das Ergebnis war das gleiche: General Abdourahmane Tchiani, Anführer der Putschisten in Niger und selbst ernannter Präsident der Übergangsregierung, hatte keine Zeit. Oder besser: Er nahm sich keine.
Tchianis Botschaft lautet: Ich habe keinen Gesprächsbedarf. Zumindest nicht mit den USA, Ecowas oder anderen Mächten, die die Putschisten durch Sanktionen und Kriegsdrohungen zum Rückzug zwingen wollen. Was gibt es da zu bereden? Tchiani hat mehrfach gesagt, dass seine – angebliche – Übergangsregierung sich dem Druck nicht beugen werde. Ein Ultimatum von Ecowas liess er an sich vorüberziehen. Stattdessen richtet er sich ein in der Macht. Am Montag etwa ernannte er einen Premierminister.
In den USA ausgebildet
Auf Abdourahmane Tchiani sind seit knapp zwei Wochen die Scheinwerfer der Weltöffentlichkeit gerichtet. Er hat mit seinem Putsch nicht nur Niger, sondern ganz Westafrika an den Rand eines Krieges gebracht. Er hat die USA und Europa herausgefordert, die ihren letzten Verbündeten in der Region nicht verlieren wollen – schon gar nicht an Russland. Doch als Person ist Tchiani ein Schatten. Wie tickt er? Was will er? Ist er womöglich überrascht von dem, was er alles in Bewegung gesetzt hat? All diese Fragen sind weitgehend unbeantwortet.
Tchiani gilt als schweigsam und stur. Er hat fünf Kinder. Das wars dann aber auch schon unter der Rubrik «Persönliches». Immerhin findet sich auf einer nigrischen Nachrichtenseite ein Lebenslauf. Demnach kam Tchiani am Neujahrstag 1964 im Dorf Toukounous zur Welt, drei Autostunden nordöstlich der Hauptstadt Niamey. 1985 ging er zum Militär, wo er kontinuierlich aufstieg und viel Auslandserfahrung sammelte, unter anderem bei einer Fortbildung zur Terrorbekämpfung in Washington. 2003 gehörte Tchiani einer Ecowas-Mission in der Elfenbeinküste an – einer Intervention also, wie sie ihm nun selbst droht.
Auch schon einen Putsch vereitelt
2011 beförderte Mahamadou Issoufou, der damalige Präsident, Tchiani zum Chef seiner Garde. Und dort blieb er, als Issoufou nach zehn Jahren Platz machte für Mohamed Bazoum. Es war der erste demokratische Machtwechsel in Nigers Geschichte. Das war offenbar auch Tchiani zu verdanken. Zwei Tage vor Bazoums Amtsantritt gab es einen Putschversuch, den die Präsidentengarde vereitelte.
Zum Bruch mit Bazoum soll es gekommen sein, als dieser Tchiani absetzen wollte. So berichtete es unter anderem die französische Nachrichtenagentur AFP und berief sich dabei auf Quellen aus dem Umfeld des gestürzten Präsidenten. Tchiani selbst nannte eine weniger egoistische Motivation: Die Regierung sei ausschliesslich aus Liebe und Sorge ums Vaterland abgesetzt worden, sagte er in seiner ersten Fernsehansprache am 28. Juli. Die meisten Menschen in Niger sahen sein Gesicht da zum ersten Mal.
Auch auf Twitter verstummt
Es war der Tag, an dem Tchiani sich aus der Deckung wagte. Als eine Gruppe Militärs zwei Tage zuvor die Machtübernahme im Fernsehen verkündet hatte, war Tchiani nicht dabei. Er hielt sich im Hintergrund, in den er auch wieder weitgehend verschwunden ist. Das Twitter-Konto unter seinem Namen, das am 28. Juli online ging und drei Tage lang fleissig postete, schweigt seit mehr als einer Woche ebenso beharrlich wie der leibhaftige Tchiani, wenn Ecowas- oder US-Diplomaten an seine Tür klopfen.
Sucht er nun sein Heil bei Russland? Wenn ja, war das von Anfang an sein Plan? Hatte er überhaupt einen? Tchiani bleibt so rätselhaft wie unnachgiebig. Klar ist nur: In Niger hat ihm seine Haltung viele Anhänger verschafft, die nicht für den Putsch waren, aber unbedingt gegen eine Intervention sind. So wie Tchiani.
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