Reaktion auf Trumps Zollkrieg«Europa ist immer bereit für einen guten Deal»
In Brüssel sprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen darüber, was sie Trump angeboten habe. Eine «adäquate» Antwort aus Washington blieb jedoch aus.

- Die Wirtschaftsminister der EU beraten in Luxemburg über erste konkrete Gegenmassnahmen zu Trumps Zöllen.
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen signalisiert Bereitschaft zum Abbau gegenseitiger Auto- und Industriezölle.
- Die EU plant ab 15. Mai Strafzölle auf US-Waren im Wert von 26 Milliarden.
Das Treffen der für den Handel zuständigen EU-Regierungsvertreter in Luxemburg fand in einem der gefährlichsten Momente für die Weltwirtschaft seit vielen Jahren statt. «Wenn Europa zusammensteht, sind wir in einer starken Position», sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck. Trump schwäche mit seinem Zoll-Rundumschlag zuerst das eigene Land. Und die Europäer könnten sich in Ruhe überlegen, was sie wann tun.
Am Wochenende nach Trumps sogenanntem «Tag der Befreiung» traten zunächst allgemeine Zölle in Höhe von 10 Prozent auf Einfuhren aus zahlreichen Ländern in Kraft. Die individuell berechneten Einfuhrzölle – auf mehr als zwei Drittel der Waren aus der EU werden mindestens 20 Prozent fällig – gelten von Mitte der Woche an.
Parallel sind bereits 25-prozentige Importzölle auf Stahl und Aluminium sowie auf Autos verhängt. Wie verheerend die Auswirkungen dieser Politik sein werden, lässt sich zu Beginn dieses Handelskriegs an den Weltbörsen erleben, an denen binnen weniger Tage Billionen Dollar an Wert vernichtet wurden.
Abstimmung über erste Gegenmassnahmen geplant
Von dem Ministertreffen in Luxemburg soll vor diesem Hintergrund eine Botschaft der Ge- und Entschlossenheit ausgehen. Beschlüsse waren noch keine zu erwarten. Die Europäische Kommission, die im Namen der Mitgliedsstaaten die Handelspolitik verantwortet, konnte sich allerdings ein definitives Stimmungsbild abholen, um ihre erste Gegenreaktion zu beschliessen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erzählte unterdessen, was sie Trump angeboten habe: Man sei durchaus bereit, die gegenseitigen Zölle auf Autos und Industriegüter komplett zu streichen, sagte sie nach einem Treffen mit dem norwegischen Premierminister Jonas Gahr Støre in Brüssel. «Europa ist immer bereit für einen guten Deal», sagte sie.
Am Mittwoch plant ihre Behörde, den Vertretern der Mitgliedsstaaten ihre ersten Gegenmassnahmen zur Abstimmung vorzulegen. Als Antwort auf die Stahlzölle, die Warenimporte im Wert von 26 Milliarden Euro aus der EU betreffen, will die Kommission US-Güter in gleichem Umfang vom 15. Mai an mit Zöllen belegen. Die endgültige Liste soll nach dem Votum veröffentlicht werden.
Während sie theoretisch allein entscheiden könnte, achtet die Kommission politisch darauf, nationale Befindlichkeiten zu berücksichtigen, wie etwa die französisch-italienische Furcht vor Trump-Vergeltungszöllen auf Wein und anderen Alkohol, sollte die EU auf Whiskey höhere Einfuhrabgaben erheben.
Der EU-Binnenmarkt ist immer noch unvollendet
Zugleich richtet sich der Blick der Europäer auch nach innen. Der Handelskrieger Trump führt ihnen auch jene eigenen Schwächen vor Augen, mit denen sie sich selbst im Weg stehen: Noch immer ist der EU-Binnenmarkt in wesentlichen Bereichen unvollendet. «Die derzeitigen regulatorischen Hindernisse innerhalb der EU entsprechen Zöllen von über 40 Prozent bei Waren und 110 Prozent bei Finanzdienstleistungen», rechnet der polnische Finanzminister Andrzej Domański in seiner Einladung zum informellen Treffen der EU-Finanzminister Ende dieser Woche in Warschau vor. «Eine natürliche Reaktion sollte darin bestehen, diese Hindernisse dringend abzubauen», schreibt er.
Im Handel mit den USA ist die EU zwar deutlich im Nachteil, da sie weit mehr in die Vereinigten Staaten exportiert als andersherum. Trumps Zölle treffen europäische Unternehmen deswegen hart, abhängig davon, inwieweit sie die Kosten über höhere Preise auf US-Kunden abwälzen können.
Bei Dienstleistungen wiederum ist die EU im Vorteil. Deutschland und Frankreich etwa sprechen sich dafür aus, als Gegenreaktion den Dienstleistungssektor in den Blick zu nehmen – und setzen darauf, den Widerstand dagegen, etwa aus Irland, brechen zu können. Die EU hat zum einen bereits regulatorische Strafen gegen US-Digitalkonzerne wie Microsoft und Apple oder gegen die Plattform X von US-Milliardär Elon Musk in Arbeit. Zum anderen liessen sich neue Lizenzgebühren oder Steuern einführen, die Amerikas Digitalwirtschaft empfindlich treffen würden.
Trump machte seine Haltung nochmals deutlich
Zugleich – von der Leyen hat ihre Aussage zum Angebot an Trump bewusst getimt – wird niemand müde zu betonen, dass man auf diese Dinge eigentlich keine Lust habe. Die Absenkung der Zollschranken auf null soll die Kommission den Amerikanern schon vor dem 2. April angeboten haben.
In einer Videokonferenz mit seinen Gesprächspartnern in Washington erneuerte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič den Vorschlag. Eine adäquate Antwort sei allerdings ausgeblieben, heisst es in Brüssel. «Die Zusammenarbeit mit den USA wird sowohl Zeit als auch Mühe kosten», sagte Šefčovič in Luxemburg. Die US-Zölle seien diesmal nicht als Druckmittel zu verstehen, sondern stellten aus Washingtons Sicht «eine Korrekturmassnahme» dar.
Das erschwert etwaige Verhandlungen. Wie viel Trump von solchen hält trotz aller Verwerfungen, die er bereits ausgelöst hat, machte er in der Nacht zu Montag an Bord der Air Force One deutlich. «Sie kommen an den Verhandlungstisch und wollen reden, aber es gibt keine Gespräche», sagte Trump, «es sei denn, sie zahlen uns jährlich viel Geld, vor allem für die Gegenwart, aber auch für die Vergangenheit, denn sie haben uns einen Grossteil unseres Wohlstands weggenommen.» Das werde man so nicht mehr zulassen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.