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Der YB-Trainer muss gehen
Patrick Rahmen wird Opfer einer schwierigen Gemengelage

YB head coach Patrick Rahmen reacts during the UEFA Champions League, League phase soccer match, between FC Barcelona and BSC Young Boys at the Estadi Olimpic Lluis Companys stadium, in Barcelona, Spain, Tuesday, October 1, 2024. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)
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In Kürze:
  • Trainer Patrick Rahmen wird nach schwachen Ergebnissen entlassen.
  • Rahmens Amtszeit ist die kürzeste bei YB in diesem Jahrtausend.
  • Rahmens grösster Erfolg: die Qualifikation für die Champions League.

Manchmal sind die lautesten Worte die, die jemand nicht sagt. Am Sonntag, kurz nachdem die Young Boys beim FC Basel verloren hatten, standen Chefstratege Christoph Spycher und Sportchef Steve von Bergen bei den TV-Stationen und verzichteten darauf, ihrem Trainer Patrick Rahmen das Vertrauen auszusprechen.

Am Montag trafen sich alle Berner Protagonisten zu den vielen Gesprächen, die Spycher am Sonntag angekündigt hatte. Offenbar auch, um Rahmen nochmals die Chance zu geben, einen Weg aus den Tiefen der Tabelle aufzuzeigen. Das gelang dem 55-jährigen Basler nicht.

Am Dienstag kam um 10.25 Uhr die Meldung: Die Young Boys stellen Rahmen frei. Mit ihm geht auch Enrico Schirinzi, einer von Rahmens Assistenten.

Interimistisch übernimmt U-21-Trainer Joël Magnin das Team, das nach neun Runden auf dem letzten Platz der Super League steht. Magnin hat die Mannschaft bereits letzte Saison nach der Entlassung von Raphael Wicky übernommen und sie zum 17. Meistertitel geführt. In der Medienmitteilung wird Spycher so zitiert: «Wir haben die Überzeugung, dass es mit Joël Magnin gelingen wird, der Mannschaft wieder mehr Selbstvertrauen zu vermitteln und Stabilität zu verleihen.»

Magnin wird nach seinem Temporäreinsatz wieder in den Nachwuchs zurückkehren. YB sucht ab sofort also einen Trainer.

Kürzer war niemand YB-Trainer in diesem Jahrtausend

Rahmen hatte im Mai einen Vertrag bis Sommer 2026 unterschrieben. Die Meisterschaft lief zu diesem Zeitpunkt noch, Rahmen bestritt mit dem FC Winterthur gerade die Meisterrunde. Das hatte dem Zürcher Verein mit einem der kleinsten Budgets der Liga kaum jemand zugetraut.

Mit diesem Leistungsausweis trat Rahmen sein Amt in Bern an. 79 Tage nach dem Saisonauftakt ist seine Zeit abgelaufen. Er hat siebenmal verloren, dreimal unentschieden gespielt und fünfmal gewonnen. Die zwei wichtigsten Siege holte Rahmen gegen Galatasaray Istanbul. Dank diesen qualifizierte sich YB für die Ligaphase der neu konzipierten Champions League, die Berner nehmen damit mindestens einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag ein.

In der Super League aber ist der Sieg gegen Winterthur Rahmens einziger. Er kommt in der Liga auf einen Durchschnitt von 0,67 Punkten pro Partie, über alle Wettbewerbe sind es 1,2 Punkte. Die 15 Spiele von Rahmen sind die kürzeste Amtszeit eines YB-Trainers in diesem Jahrtausend, Interimstrainer ausgenommen.

Für Rahmen ist es die zweite Entlassung in wenigen Jahren. Im Februar 2022 musste er den FC Basel verlassen, nach 37 Spielen, in denen er 2,11 Punkte im Schnitt holte. Basels Präsident David Degen sollte später sagen, Rahmens Entlassung sei sein grösster Fehler gewesen.

Bei YB schätzen sie die Lage anders ein. Spycher spricht in der Medienmitteilung zwar davon, dass es schwergefallen sei, Rahmen freizustellen, und es sei bitter, dass es nicht geklappt habe. Die Trennung aber kommt, weil die sportliche Führung die Lage als ernst einstuft. Spycher sagt: «Wir müssen in unserer Situation nicht vom Meistertitel reden, sondern davon, Schritt für Schritt aus dem Tief zu finden.»

Fehlende Transfers und Verletzungen

Rahmen sagt: «Ich war voller Energie und der vollen Überzeugung, dass wir es zusammen schaffen würden, uns aus dieser Situation zu befreien.» Und weiter: «Ich muss den Entscheid natürlich vollumfänglich akzeptieren.»

Trainer Rahmen ist das logische Opfer dieser Resultat-Krise. Aber die Gemengelage in Bern ist vielschichtiger.

Rahmen fand bei seinem Antritt ein Kader vor, das seit Sommer 2023 Substanz verloren hat: Aurèle Amenda, Fabian Rieder, Cédric Zesiger, Christian Fassnacht, Ulisses Garcia oder Jean-Pierre Nsame haben den Verein verlassen; viele von ihnen Nationalspieler, alle Stammpersonal bei YB. Für sie haben die Berner unter anderem Darian Males geholt, Topskorer aus Basel, Lukasz Lakomy, Silvere Ganvoula oder viele junge Spieler aus Frankreich. Diese Transfers haben den Qualitätsverlust nicht eins zu eins aufgefangen.

Dazu kam Verletzungspech. Rahmen begann die Saison mit einer Innenverteidigung zweiter Wahl. Das Duo Loris Benito/Mohamed Ali Camara, auf dem Papier gesetzt, fehlte zum Auftakt verletzt. Für sie verteidigte unter anderem Mittelfeldspieler Sandro Lauper im Abwehrzentrum. Das Resultat waren drei Niederlagen in Folge zum Saisonauftakt. Sportchef von Bergen sagte damals: «Es ist nicht geplant, noch einen Innenverteidiger zu holen, weil wir sonst in ein paar Wochen ein massives Überangebot hätten.»

Im August kehrte Camara zurück, die Hoffnung auf eine funktionierende Abwehr lebte. Dann holte er sich eine Rote Karte gegen Yverdon, und Rahmen stand wieder ohne Abwehrchef da. Die sportliche Führung änderte ihre Meinung und holte doch noch einen Innenverteidiger: Patric Pfeiffer vom FC Augsburg. In seinem ersten Spiel verletzte er sich, auch er fiel aus. Das alles war grosses Pech.

In dieser Gemengelage hat es jeder Trainer schwer

Dazu kamen Aktionen von Spielern, die das Team schwächten: Jaouen Hadjam, Tanguy Zoukrou, Camara und Lauper wurden je einmal vom Platz gestellt. YB beendete also 4 von 15 Partien mit 9 Feldspielern. Keines dieser Spiele gewannen die Berner.

Rahmen ist in letzter Instanz verantwortlich dafür, was auf dem Fussballplatz passiert. Allerdings wäre es in dieser Lage jedem Trainer schwergefallen, die Berner auf Kurs zu bringen.

Interimstrainer Magnin hat zwei Wochen Zeit, um Wege zu finden, eine verunsicherte Mannschaft aufzurichten. Nach der Nationalmannschaftspause stehen drei englische Wochen an. In diesen Wochen muss Magnin siegen.