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Wohnungsmangel verschärft sich
Für Mietende wird es jetzt noch enger

Der Zürcher Schein trügt: Baubewilligungen verharren auf einem Zwanzig-Jahres-Tief.
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Zurzeit sind auf den Immobilienportalen weniger als 34’000 Mietwohnungen ausgeschrieben – so wenig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das zeigt die neuste Immobilienstudie von Raiffeisen Schweiz.

In nur zwei Jahren hat sich das Angebot halbiert. Die Baubewilligungen für Wohnungen sind auf ein Zwanzig-Jahres-Tief gesunken.

Gleichzeitig verzeichnet die Schweiz eine rekordhohe Zuwanderung. Mit rund 100’000 Personen wanderten im vergangenen Jahr netto so viele Menschen ein wie nie zuvor. Auch in diesem Jahr dürfte die Schweiz für Arbeitskräfte attraktiv bleiben, weil die Wirtschaft sich gemäss Prognosen besser hält als im benachbarten Ausland.

«Das bedeutet nichts anderes, als dass sich die Wohnungsknappheit in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird», folgert Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. In immer mehr Regionen zeigten sich die Knappheitserscheinungen. Deshalb würden sich die Neumieten «weiter stark verteuern».

Die Mieten für neu ausgeschriebene Wohnungen, die sogenannten Angebotsmieten, haben sich im Verlauf des vergangenen Jahres im Durchschnitt um 4,7 Prozent erhöht. Das ist der stärkste Anstieg seit 2008. Die Preissteigerungen bei den Angebotsmieten haben sich in den vergangenen Quartalen beschleunigt.

Die Überschussleerstände, die im Mietwohnungsbauboom der vergangenen zehn Jahre entstanden waren, seien in den meisten Regionen abgebaut. Die Mietpreise würden deshalb auf absehbare Zeit schneller steigen als die allgemeine Teuerung, erwartet Raiffeisen. Den meisten Mieterinnen und Mietern bleibt bei einem Wohnungswechsel nichts anderes übrig, als deutlich tiefer in die Tasche zu greifen.

Auch die Bestandsmieten, also die Preise von bereits seit längerem bestehenden Mietverträgen, sind im vergangenen Jahr mit 2,2 Prozent so stark gestiegen wie zuletzt 2008. Das lag an der zweimaligen Anpassung des gesetzlichen Referenzzinssatzes auf 1,75 Prozent, die es Vermieterinnen und Vermietern erlaubte, die Mietzinse bestehender Verträge zu erhöhen.

Weil erwartet wird, dass die Schweizerische Nationalbank ab Mitte Jahr den Leitzins senken wird, steigt der Referenzzins wahrscheinlich nicht mehr weiter. «Wir rechnen aktuell damit, dass der Referenzzinssatz bis mindestens Ende 2025 unverändert bei 1,75 Prozent verweilen wird», sagt Hasenmaile. Für Bestandsmieter steigen damit die Mieten nicht mehr weiter.

Wer umzieht, wird finanziell bestraft

Damit wird künftig aber auch die Schere zwischen Angebots- und Bestandsmieten wieder schneller aufgehen. Durch die Regelung, dass die Wohnungsmieten nach Vertragsabschluss nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen angepasst werden können, gibt es einen zweigeteilten Markt.

In den fünf grössten Städten, Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich, kostet beispielsweise eine typische Vier-Zimmer-Altbauwohnung in bestehenden Mietverhältnissen rund 1900 Franken Miete im Monat. Kommt eine solche Wohnung neu auf den Markt, kostet sie dagegen knapp 2300 Franken, also gut ein Fünftel mehr.

«Grosse Differenzen zwischen Neu- und Bestandsmieten verursachen Fehlanreize», so Hasenmaile, zum Beispiel Leerkündigungen, um die Rendite zu optimieren. Auf der anderen Seite sind die Wohnkosten umso tiefer, je länger man in einer Wohnung lebt. Wer in eine kleinere Wohnung umzieht, wird oft finanziell bestraft, zumindest in den Städten.

Weniger Zimmer, höhere Miete

Gemäss Berechnungen von Raiffeisen lohnt sich in den fünf grössten Städten ein Umzug in eine kleinere Wohnung bereits nach fünf Jahren kaum noch. Nach längerer Wohndauer führt selbst eine deutliche Reduktion der Wohnfläche zu spürbar höheren Wohnkosten. Auch auf nationaler Ebene lohnt sich eine Flächenreduktion um ein Viertel schon nach zehn Jahren nicht mehr.

Viele ältere Personen leben in grossen Wohnungen, die sie eigentlich nicht mehr benötigen, nachdem die Kinder ausgezogen sind. Aber manche Rentnerinnen und Rentner können sich den Umzug in eine kleinere Wohnung gar nicht leisten.

Die durchschnittliche Wohnfläche in Schweizer Mietwohnungen beträgt rund 42 Quadratmeter pro Person. Aber nach dem fünfzigsten Lebensjahr nimmt sie stark zu. Nach dem Pensionsalter beträgt sie im Schnitt mehr als 54 Quadratmeter pro Person.

Die mangelnde Flexibilität erschwert die gewünschte Innenverdichtung in den Städten, verknappt das Angebot an Wohnflächen zusätzlich und treibt die Marktmieten in die Höhe.

Eine bessere Nutzung des Wohnraums würde gemäss Berechnungen von Raiffeisen die Wohnungsnot weitgehend entschärfen. Würden alle Mietwohnungen bloss ein Zimmer mehr umfassen, als Personen im Haushalt leben, ergäbe dies einen Flächenverbrauch von rund 38 Quadratmetern pro Kopf. Eine effizientere Verteilung würde demnach zusätzlich 170’000 Mietwohnungen à 100 Quadratmeter freispielen.

Eine solche drastische Umschichtung bleibe natürlich eine theoretische Spielerei, gibt Fredy Hasenmaile zu. Aber sie zeige, «welches Potenzial darin läge, könnte man diesen durch das Mietrecht verursachten Fehlanreiz beim Flächenkonsum beseitigen oder zumindest eingrenzen».