Ärgerlichste Begriffe 2024: Denglisch und TherapeutensprechWörter, die wir im neuen Jahr bitte, bitte nicht mehr hören wollen
Von «Awareness» über «Deep Dive» bis zu «lecker» – manche Begriffe sind dermassen schaurig, dass 2025 unbedingt darauf verzichtet werden sollte.

Die Sprache ist im Fluss, das bestreitet hier gar niemand. Trotzdem gibt es notorisch gehörte Begriffe, die einem auf die Nerven gehen. Meist handelt es sich um Denglisch, also um englische Ausdrücke, die eingedeutscht werden oder das Deutsche gleich ganz ersetzen. Ist das in jedem Fall schlimm? Of course not. Aber zu oft eben doch. Und der um sich greifende Therapeutensprech hilft auch nicht.
Hier deshalb die extrem subjektive Liste all jener Klassiker und Neuzugänge, die wir 2025 nicht mehr hören wollen. Damit es zumindest in dieser Hinsicht ein schönes Jahr wird.
Slot, der
Damit fing das Elend einst an. Wenn man sie fragte, ob sie demnächst mal Lust auf ein Bier hätten, mussten die Leute auf einmal im Kalender nachsehen, ob sie noch «ein Zeitfenster» haben. Es kamen deswegen immer sehr negative Emotionen in einem auf. Jetzt könnte man einwenden, Slot sei immerhin der Originalausdruck und prägnanter, aber das hilft auch nicht. Überhaupt ist nichts so vornehm wie der schlichte Ausdruck «Zeit haben». Da schwingt dieser fast schon poetische Hauch von Vergänglichkeit mit, und man hofft immer wieder aufs Neue, dass sich die Leute deshalb kürzerfassen. Insbesondere im beruflichen Umfeld hofft man leider umsonst -> Slide.
Lead haben, den
Bisweilen hört man auch «im Lead sein», und man weiss nicht, was schlimmer ist. Wobei, doch: «im Lead sein» ist noch schrecklicher, da sieht man förmlich die stolz geschwellte Brust. Jedenfalls: Wenn ganz bescheiden jemand zuständig wäre, hätte man wesentlich mehr Hoffnung, dass die Sache auch wirklich erledigt wird. Und zwar ganz ohne Kick-off-Meeting und anschliessendem Debriefing.
Committen
Was ist bloss aus dem guten alten «sich festlegen» und «sich verpflichten» geworden? Die sind doch von einem ganz anderen Kaliber, die klingen nämlich viel verbindlicher! Committen, das kann jeder.
Hack, der
Ein Begriff, den vor allem der junge Mensch liebt, und zwar gleich im Plural, zum Beispiel in Form von «Beauty-Hacks», «Kitchen-Hacks» oder «Life-Hacks». Gemeint sind kleine Tipps und Tricks für allerhand Lebenssituationen, selbstverständlich meist von überaus banalem Inhalt. Aber wenn die Jugend das toll findet, dann findet das der mittelalte Mensch mit den blütenweissen Turnschuhen auch und wirft den Begriff ein, wo immer er kann -> issues.
Lecker
Adjektivistische Todeszone. Verwendet zum Beispiel als Ausdruck «heute Abend gibt es lecker Fondue». Bitte sofort damit aufhören. SOFORT.
Claimen
Allergruseligstes Denglisch für «in Anspruch nehmen». Kürzlich gehört: «Er hat den ganzen Fame für sich geclaimt.» Im Ernst.
Issues, die
Es ist nicht gut, wenn Sie keine issues haben. Das deutet auf zu wenig -> Awareness hin. Da muss also irgendein Problem her, nennen Sie es aber um Gottes willen nicht so. Probleme sind unsexy, issues nicht. Wieso? Falsche Frage.
Monitoren
Klingt wie auf der Intensivstation. Dabei muss bloss irgendwer irgendwo irgendeine Entwicklung beobachten, und die ist in der Regel nullkommanull lebenswichtig, und wenn man es vergessen täte, passierte rein gar nix. Es können sich also alle entspannen – wobei jene, die «monitoren» sagen, natürlich reläxen – und wieder von «im Auge behalten» reden.
Push/Pull-Faktor, der
Gründe, die für (pull) oder gegen eine Sache (push) sprechen. Richtig: Man kann auch einfach Vor- und Nachteil sagen. Oder Anreiz und Abschreckung. Aber gerade diejenigen, die -> Key Notes und -> Deep Dives lieben, sind sehr stolz auf ihre vermeintliche Neuentdeckung und merken nicht, dass das ein, nun ja, Push-Faktor von grandiosem Ausmass ist.
«Das nehme ich mit»
Höfliche Antwort an Sitzungen, wenn jemand etwas völlig Unnötiges einwirft, mit dem man sich aber danach trotzdem irgendwie herumschlagen sollte. Klingt engagiert, heisst aber nichts anderes als: Sichernöd.
Call, der
Corona ist schuld. Weil damals alles über Video lief, sagen die Leute nun nicht mehr, sie hätten um 14 Uhr ein Telefonat, sondern sie hätten «einen Call» und machen dazu ein wichtiges Gesicht. Ein bisschen so wie vor 100 Jahren, als die Leute ergriffen waren, wenn sie mit ihrem Festnetzapparat irgendwo aufläuten mussten.
Handout, das
Jene mit dem Sitzungs-Fetisch nannten die Zettel, mit denen sie einem an ihren Veranstaltungen plagten, auf einmal Handouts. Es handelt sich natürlich immer noch um Unterlagen, auf die man derweil zwecks Erbauung Blüemli und psychedelische Muster malt -> Selfcare.
Slide, der
Ein neumodisches Ding? Iwo. Auf dem Hellraumprojektor gab es das auch schon, bloss hiess das damals Folie. Das Problem ist, dass der Ausdruck nach Fortschritt klingt, sich aber am Wesen des Slides an und für sich nichts geändert hat: Es gibt genau wie bei der Folie immer noch einen und noch einen und noch einen.
Work-Life-Balance, die
Sehr populär, aber ein grosses Missverständnis. Denn es geht eben gerade nicht um Ausgewogenheit. Sondern hauptsächlich um life und nicht so sehr um work. Ganz grundsätzlich dünkt es einen, als ob work in dieser Gleichung ein eher störendes Element wäre. Interessant jedenfalls: Jene, die wirklich krüppeln, zum Beispiel auf dem Bau, verwenden den Begriff eher weniger, jene, die -> Selfcare betreiben und von -> Awareness reden, sehr viel mehr.
«Was macht das mit dir?»
Therapeutensprech für «Was meinst du dazu?». Soll empathisch wirken. Erinnert aber ungut an jenen Onkel, dessen Spöizregen die jüngeren weiblichen Familienmitglieder jeweils abbekommen, weil er ihnen immer etwas zu nahe kommt.
Game Changer, der
«Richtungsweisend» klingt nicht nur schöner, es triffts auch besser. Aber ach, es wird nichts helfen.
Deep Dive
Ein Thema soll vertieft behandelt beziehungsweise genauer erklärt werden, und da ist man ja schon alarmiert, weil es nach wahnsinnig langer Präsentation mit vielen -> Keynotes, -> Slides und -> Handouts klingt. Genauso kommt es dann auch.
Divers
Weshalb man nicht einfach «verschieden» sagen kann, obschon es genau darum geht, ist wie so oft bei solchen Begriffen unklar. Unternehmen, die sich immer damit noch brüsten, möchte man irgendwie trösten.
Wertvoll
Am häufigsten angewendet an Sitzungen im Sinne von «Danke für deinen wertvollen Beitrag». Weil heute aus Rücksicht auf alle möglichen Gefühlslagen selbst das armseligste Votum lobend verdankt werden muss, bedeutet es natürlich längst das Gegenteil. Das wissen aber nur wenige. Die anderen schauen nach dem vermeintlichen Kompliment beifallheischend in die Runde und fühlen sich auf fatale Weise ermutigt.
Awareness, die
Allenthalben soll man sein Bewusstsein schärfen. Ist ja schon recht so von der Idee her, aber es nimmt derart überhand, dass wohl bald die ersten burnouten deswegen. Man würde es nicht denken, aber auch das Gutgemeinte kann in eine Belastung ausarten -> Mental Load.
Keynote, die
Damit ist eigentlich gemeint, dass jemand nicht einfach seinen Vortrag runterleiert, sondern die Leute mitreisst und für ein Thema begeistert. Von daher lässt sich wohl mit Fug und Recht behaupten, dass kaum jemand, der einer Arbeitstätigkeit nachgeht, je eine Keynote gehört hat, auch wenn dauernd solche abgehalten werden.
Selfcare, die
Eingedeutscht Selbstfürsorge. Sagen immer die, die ohnehin nichts anderes tun, als sich permanent um sich selbst zu kümmern und von -> Work-Life-Balance und -> Me-Time reden. Ist so gesehen eine -> red flag.
Me-Time
Der Mitmensch, der gerne erklärt, er brauche viel Me-Time, sollte einem unbedingt suspekt sein. Denn wer wirklich Zeit für sich braucht, hat kein Bedürfnis, das der Umwelt unaufhörlich mitzuteilen, dafür ist er oder sie zu introvertiert.
«Ich kann gut mit Kritik umgehen»
Ist, erstens, brandschwarz gelogen, und zwar IMMER. Zweitens muss man sofort Reissaus nehmen, denn Leute, die das behaupten, sind die ultimative -> red flag.
Mental Load
Abfallsäcke posten, das Büsi impfen lassen, der Schwiegermutter zum Geburtstag gratulieren, den Sanitär anrufen, alles, woran man an einem gewöhnlichen Tag im Leben so denken sollte, heisst heute Mental Load. Wobei das als ein rein weibliches Phänomen gilt. Begründung: Das alles bleibe exklusiv an den Frauen hängen. Interessant: Obschon die Männer bei der überwältigenden Mehrheit aller Paare immer noch die Haupternährer sind, redet trotzdem niemand von einem Financial Load.
Red Flag, die
Synonym für Alarmzeichen beziehungsweise «Jesses, schnell weg!». Zum Beispiel in einer sich anbahnenden Beziehung, wenn man sich gewahr wird, dass das Objekt der Begierde einst ein Liegevelo hatte. Und sich damit in der Öffentlichkeit zeigte.
Employee Experience
HR-Sprech für einen überaus simplen Vorgang, nämlich den Umgang mit den Mitarbeitenden. Dabei wären die meist schon froh, wenn sie kein Ticket lösen müssten, um mit der Abteilung überhaupt in Kontakt treten zu können. So gesehen kann die employee experience mehrheitlich schon von Anfang an als nicht befriedigend bezeichnet werden.
Offboarding, das
HR-Sprech für die Zeit, die von der Kündigung bis zum letzten Arbeitstag vergeht. Richtig, damit handelt es sich einfach um die Kündigungsfrist, aber das geht doch viel besser! Deshalb gibt es auch das Onboarding, also das Gegenteil, nämlich die Zeit, in der neue Mitarbeitende mit der Firma vertraut gemacht werden. Spätestens da ist noch genügend Zeit, einen Rückzieher zu machen, denn garantiert zählen diese Boardings zur -> employee experience, die man nicht machen will.
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