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Anzeichen für eine Rezession
Wenn Männer weniger Unterhosen und Frauen mehr Lippenstifte kaufen, droht eine Wirtschaftskrise

People at a tube station as they take part in the 12th annual No Trousers Tube Ride in London. Picture date: Sunday January 8, 2023. (Photo by Aaron Chown/PA Images via Getty Images)
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In Kürze:
  • Verschiedene Indikatoren sollen auf Wirtschaftskrisen hinweisen.
  • Diese basieren auf dem Konsumverhalten der Bevölkerung.
  • Gemäss dem Unterwäsche-Index kaufen Männer in wirtschaftlich schlechten Zeiten weniger Unterhosen. Auch sinkende Champagner-Verkäufe spiegeln die gedämpfte Stimmung wider.

Die unberechenbare US-Zollpolitik und Unruhen an der Börse sorgen weltweit für grosse Unsicherheit. UBS-Chef Sergio Ermotti warnte am Mittwoch in Zürich gar vor einer Rezession.

Während die einen ängstlich den Aktienmarkt beobachten, suchen andere nach subtileren Hinweisen auf einen wirtschaftlichen Abschwung. So gibt es einige Theorien, die versuchen, über das Konsumverhalten der Bevölkerung auf eine bevorstehende Krise zu schliessen.

Einige dieser Konjunkturindikatoren sind wissenschaftlich nicht exakt und gelten eher als gesellschaftliche Beobachtungen – dennoch haben sich viele dieser Konzepte bis heute hartnäckig gehalten.

Von Lippenstift- bis zu Unterhosen- und Windelverkäufen – hier sind die kuriosesten Indikatoren für eine drohende Rezession.

Der Lippenstift-Index

Eine Sammlung von Lippenstiften in Pink, Rot, Beige und Hellbraun in goldenen und silbernen glänzenden Tuben auf grauem Hintergrund mit Spiegelung. Ideal für Partys, Valentinstag oder Werbekampagnen. Nahaufnahme, Vorderansicht.

Als es nach den 9/11-Anschlägen im Jahr 2001 in den USA zu einer Rezession kam, stellte Leonard Lauder, Erbe und damaliger Vorstandsvorsitzender des US-Kosmetikunternehmens Estée Lauder, fest, dass sich der Absatz von Lippenstiften verdoppelte.

Daraus entwickelte er die Theorie, dass die Verkaufszahlen von Lippenstiften und der Zustand der Wirtschaft in einem umgekehrten Verhältnis zueinander stehen. Vereinfacht gesagt: Je mehr Lippenstifte verkauft werden, desto schlechter ist die wirtschaftliche Lage.

Denn gemäss Lauder kaufen Verbraucherinnen in harten Zeiten statt teurer Kleidung, Schuhen und Taschen lieber günstigere Produkte wie Kosmetika, um sich einen kleinen Luxus zu gönnen. Kritiker bemängeln an der Theorie, dass das Make-up-Produkt auch in Jahren des Wohlstandes oft verkauft wurde. Doch sowohl während der Weltwirtschaftskrise in den 20er- und 30er-Jahren sowie während der Weltfinanzkrise im Jahr 2008 stieg der Umsatz von Kosmetikartikeln nachweislich.

Auch während der Coronapandemie wurde Lauders Index wieder aktuell – wenn auch auf andere Art. Weil der Mund 2020 die meiste Zeit von Masken verdeckt war, stieg stattdessen der Absatz von Hautpflegeprodukten. Der damalige Estée-Lauder-Chef Fabrizio Freda taufte den Indikator deshalb kurzerhand zum «Moisturizer»-Index, also zum «Feuchtigkeitscreme»-Index, um.

Der Unterwäsche-Index

display of boxers

Wo sparen Männer als erstes Geld, wenn das Budget knapp wird? Bei der Unterwäsche!

Das behauptet jedenfalls Alan Greenspan, ehemaliger Vorsitzender der US-Notenbank, der den «Unterwäsche-Index für Männer» ins Leben gerufen hat. Gemäss seiner Theorie verzichten Männer bei wirtschaftlichem Druck auf neue Unterwäsche, weil man diese ohnehin nicht sieht. Erst wenn sich die wirtschaftlichen Aussichten verbesserten, ersetzten Männer wieder ihre Boxershorts und Slips, so Greenspan.

Tatsächlich lag er mit seiner Theorie bereits mehrmals richtig: Während der Finanzkrise 2008 und 2009 sank der Absatz von Herrenunterwäsche, bevor er 2010 wieder stieg. Und auch im Lockdown-Jahr 2020 wurden weniger Unterhosen gekauft, bevor sich der Absatz 2021 erholte.

Der Champagner-Index

Mehrere Hände mit Sektgläsern stossen in einer feierlichen Atmosphäre an.

Der nächste Indikator scheint logisch: In Krisenzeiten gibt es wenig zu feiern – ergo wird auch seltener mit Champagner angestossen. Und wer trotzdem noch die Korken knallen lassen will, greift stattdessen lieber zu günstigerem Sekt.

So kam es während der Coronapandemie beim weltweiten Champagner-Verkauf zu einem Absatztief. 2021 erzielte man mit 322 Millionen verkauften Flaschen zwar nach Ende des Lockdown einen Rekord – doch jüngst zeigte sich, dass die Feierlaune schon wieder vorbei ist. Vergangenes Jahr gab es einen Rückgang um neun Prozent.

Maxime Toubart, Co-Präsident des Champagner- und Winzer-Verbands «Comité Champagne», bezeichnete den edlen Schaumwein daraufhin als «echten Barometer für die Stimmung» der Konsumentinnen und Verbraucher weltweit. Auch Analysten beobachten Champagner-Aktien als Wohlstandsindikatoren.

Der Rocksaum-Index

Ein Model läuft über den Laufsteg bei der Miu Miu Damenmode Herbst/Winter 2025-2026 Show auf der Paris Fashion Week in einem grauen Mantel über einem gemusterten Kleid, mit einem braunen Hut und einer braunen Tasche.

Der sogenannte «Hemline»-Index besagt, dass die Röcke in Krisenzeiten länger werden. Gemäss der Theorie zeigt man in guten Zeiten gerne mehr Haut und mehr Lebensfreude, in Krisenzeiten kleidet man sich jedoch wieder vorsichtiger und konservativer, weshalb die Säume wieder nach unten rutschen.

Die These, auf Deutsch auch Rocksaumtheorie genannt, wurde in den 1920er-Jahren vom US-Ökonomen George Taylor aufgestellt. Sie ist in der Fachwelt nicht anerkannt, doch es gibt einige Beispiele, die der Rocklänge eine gewisse Bedeutung zusprechen. So wurde der Minirock erstmals in den 1960er-Jahren zum Modetrend, zu einer Zeit, als die Wirtschaft boomte. Im darauffolgenden Jahrzehnt setzte die Ölkrise ein und die Röcke wurden prompt wieder länger.

Model auf dem Laufsteg bei der Miu Miu Frühling/Sommer 2022 Show während der Pariser Modewoche am 5. Oktober 2021.

Das aktuellste Beispiel: 2021 lancierte Miu Miu einen ultrakurzen Minirock, der kaum über den Hintern reichte und zu einem Modehit wurde. Und jetzt? Maxiröcke sind wieder angesagt – auch bei Miu Miu.

Der Windel-Index

Mutter überprüft, ob die Windel ihres Babys nach dem Wechseln zu eng ist.

Sogar Babys bekommen wirtschaftliche Nöte zu spüren. Weil Windeln teuer sind, wechseln Eltern diese in harten Zeiten offenbar seltener, um etwas Geld zu sparen. Damit steigt jedoch die Chance, dass das Kind einen Windelausschlag bekommt – und Eltern eine Salbe kaufen müssen, um diesen zu behandeln.

Das Finanzblatt «Wall Street Journal» stellte im Jahr 2011, als man noch mit den Nachwirkungen der Finanzkrise kämpfte, jedenfalls fest, dass in den USA weniger Windeln gekauft wurden, der Verkauf von Salben aber um acht Prozent stieg. Daraus entstand der sogenannte «Diaper Rash Indicator», also der «Windelausschlag»-Index.