Streit um runden TischWirtschaftsverband Swissmem protestiert bei der SVP
Die SVP will Simonetta Sommaruga in der Energiepolitik das Zepter entreissen – mit einem runden Tisch. Doch nun wird Kritik daran laut, aus der Wirtschaft.
Läuft die Schweiz in eine Strommangellage? Um diese Frage ist in den letzten Monaten eine Kontroverse entbrannt. Die Parteien überbieten sich mit Forderungen, wie das Schlimmste zu verhindern sei. Es ist auch ein Ringen darum, wer in der Debatte um die künftige Klima- und Energiepolitik der Schweiz die Lufthoheit hat; nach dem Volks-Nein zum CO₂-Gesetz im letzten Juni werden die Karten neu gemischt.
Der jüngste Versuch kommt von der SVP. Nachdem Simonetta Sommaruga am Donnerstag vor die Medien getreten war, um die Pläne des Bundesrats zum forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien vorzustellen, attackierte die SVP in einer Mitteilung die Energieministerin: Einmal mehr warf sie der SP-Magistratin vor, planlos zu agieren. «Alle paar Tage lässt sie in den Medien einen Verzweiflungsballon mit neuen Verboten und Vorschriften steigen, um nicht in aller Schonungslosigkeit aufzeigen zu müssen, wie ernst die Lage ist.»
Gleichzeitig gab die SVP bekannt, einen runden Tisch «zur sicheren Stromversorgung» zu organisieren. Die Verbände Economiesuisse, Gewerbeverband, Swissmem und Scienceindustries hätten bereits signalisiert, dass sie den Schritt «begrüssen». Die Botschaft der SVP ist kaum misszuverstehen: Weil die Chefin nichts zustande bringt, müssen andere das Zepter übernehmen. Die Idee eines «Strom-Generals», welche die Partei unlängst ins Spiel gebracht hat, zielt in dieselbe Richtung.
«Wir wurden ohne unser Wissen in der Medienmitteilung der SVP genannt.»
Nur: Die Zustimmung zu einem runden Tisch ist offenbar weniger gross, als es die SVP darstellt. «Wir wurden ohne unser Wissen in der Medienmitteilung genannt», sagt Ivo Zimmermann, Sprecher von Swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Swissmem habe bei der SVP deswegen interveniert, die Partei habe sich für «ein Missverständnis auf ihrer Seite» entschuldigt. Das Generalsekretariat der SVP bestätigt diese Aussage indes nicht. Am Freitagnachmittag war Swissmem jedenfalls in der Mitteilung auf der SVP-Website noch immer aufgeführt.
Anders als Swissmem wollen die anderen drei Verbände am runden Tisch teilnehmen – man sei offen für Gespräche mit allen Akteuren, so der Tenor. Auch Swissmem wäre an sich dafür zu haben. Doch dafür müssten alle Parteien eingeladen werden. Das ist aber nicht der Fall: Das rot-grüne Lager steht nicht auf der Gästeliste. Neben der Wirtschaft sind nach Ansicht der SVP nur die bürgerlichen Partner willens, die Situation «schonungslos» zu analysieren und «mit Lösungsvarianten zu arbeiten», also die FDP und Die Mitte. Weiter argumentiert Swissmem, es brauche für einen solchen Austausch einen «sachlichen Ton». Mit einem «verbalen Angriff» auf Sommaruga, wie es die SVP in ihrer Mitteilung gemacht habe, werde das aber «nicht erreicht».
Austausch «bereits sichergestellt»
Einladen will die SVP – aller Kritik zum Trotz – auch Sommaruga. Ihr Departement nimmt das «zur Kenntnis». Fakt sei, dass Sommaruga «laufend im engen Kontakt» mit den Vertretern der Energiebranche stehe. Am Donnerstag gab es gemäss dem Departement ein Treffen mit der Gasbranche. Im letzten Oktober kam Sommaruga mit massgeblichen Akteuren der Wirtschaft und der Strombranche zusammen. Im März soll es ein weiteres Treffen mit denselben Akteuren geben. Der Austausch sei somit «bereits sichergestellt».
In Sommarugas Umfeld hält man die Kritik der SVP für reine Polemik. Zwar drücke Sommaruga den Geschäften den Stempel auf, die Entscheide fälle aber der Gesamtbundesrat, machen ihre Fürsprecher geltend. In der Tat hat die Landesregierung zuletzt gewichtige Vorlagen verabschiedet, zum Beispiel die Botschaft zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien und diese Woche die Vorlage zur Beschleunigung der Verfahren. Wenn schon, sagen Sommarugas Verteidiger, müsste die SVP den Gesamtbundesrat kritisieren. Und damit die SVP/FDP-Mehrheit im Gremium.
Der Kampf um die Lufthoheit – er wird auch von linker Seite geführt.
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