Bürohr – Wirtschaftsnews der Woche Planted-Chef echauffiert sich über Bundesmillionen für Fleischwerbung
Das «Bürohr» der SonntagsZeitung ist eine Institution. Gerüchte, Possen, Erfolgsmeldungen: Hier lesen Sie, was abseits der grossen Schlagzeilen in der Wirtschaft passiert.
Pascal Bieri gehört zur Chefriege der Zürcher Veganwurstfabrik Planted. Das Start-up hat in fünf Jahren 115 Millionen Franken an Wagniskapital eingesammelt. Das reichte aus, um ins Ausland zu expandieren und eine Fermentationsanlage zu bauen. Fermentation bringt Geschmack in die tierfreien Getreideprodukte von Planted. Nun echauffiert sich Bieri – verständlicherweise – auf seinem Linkedin-Profil über die rund 35 Millionen Franken, die der Bundesrat letzte Woche für die Werbung für Schweizer Fleisch gesprochen hat. Das Geld erhält die Branchenorganisation Proviande. Der Planted-Chef untermalt seine Kritik mit einem aus dem Jahr 2013 stammenden Werbesujet, das eine Schlachtplatte und den Slogan «Die Pralinenschachtel für den Mann» zeigt. Das soll wohl heissen: Die Fleischförderung des Bundes ist mindestens so antiquiert wie die gezeigte Reklame. Planted selber bewirbt derzeit intensiv sein neuestes Produkt: ein fermentiertes «Steak» aus Soja, Bohnen und Reis. Vor einem Jahr liess Bieri dazu auf Linkedin verlauten, Innosuisse unterstütze die Entwicklung des neuen Produkts mit 2 Millionen Franken. Innosuisse? Das ist die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung. Ihr Geld erhält sie ebenso wie Proviande direkt vom Bund.
Lufthansa-Airline-Chef verursacht Begriffs-Gnusch
Jens Ritter, Chef der Lufthansa-Airline (nicht des Gesamtkonzerns, dort heisst der Chef Carsten Spohr), musste am Mittwoch nicht nur einen miserablen Halbjahresverlust von 427 Millionen Euro verkünden, sondern er verursachte auch ein Begriffs-Gnusch. «Wie unsere Schwesterairline Swiss werden wir uns auf EINE Wetlease-Partnerschaft konzentrieren», schrieb er auf der Karriereplattform Linkedin. Wet-Lease bezeichnet den Vorgang, wenn eine Airline einer anderen ein Flugzeug inklusive Crew ausleiht. Allerdings hat die Swiss, die immerhin einen Gewinn von 264 Millionen Franken vermelden konnte, mehr als eine solche Partnerschaft: Sie lässt mit Helvetic, Air Baltic und Edelweiss gleich drei Unternehmen für sich fliegen. «Die Aussage von Herrn Ritter ist korrekt», versuchte ein Swiss-Sprecher die Situation zwar zu entschärfen. «Er meinte damit unsere strategische Partnerin Helvetic, mit der wir einen langfristigen Vertrag abgeschlossen haben.» Der Eindruck aber bleibt: Damit Ritter das Erfolgsmodell der Swiss auf sein Unternehmen übertragen kann, muss er noch ein wenig genauer hinsehen.
Galaxus nimmt sich in Werbung mit Podolski selbst auf den Arm
«Ich bin Lukas Podolski und ihr kennt mich aus der Werbung. Und diese ist wieder so eine. Und diese ist für Ga-Gala-Galaxus.de», liest der Fussballspieler stockend den Schriftzug auf seinem Shirt ab. Das sei «irgendwie so ein Onlineshop, wo man verschiedene Produkte kaufen kann». Mit diesem und anderen «Poldi»-Werbespots, wie Podolski von seinen Fans auch genannt wird, nimmt sich der Onlinehändler Galaxus in Deutschland zurzeit selbst auf den Arm. Und bringt das Problem, das die Migros-Tochter unter der Leitung von Florian Teuteberg mit ihrer geplanten Deutschland-Expansion hat, auf den Punkt: Galaxus ist dort bisher kaum bekannt und wächst nicht schnell genug. Das muss sich sehr bald ändern. Noch bis Ende Jahr wird das Deutschland-Abenteuer aus der Migros-Zentrale in der Schweiz genau beobachtet. Dann soll eine Entscheidung über die Zukunft gefällt werden. Von Poldi erhofft man sich dabei wohl den grossen Wurf – äh Schuss. Ob der einschlägt oder doch nach hinten losgeht, wird sich zeigen. Im Spot ist Poldi zuversichtlich: «Ihr wisst jetzt Bescheid. Dafür krieg ich paar Scheine – Win-win für alle.» Na, mal sehen.
red
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