Schweden verstärkt Militärpräsenz«Wir werden uns nicht überrumpeln lassen»
Angesichts verstärkter «russischer Aktivitäten» in der Ostsee hat Schweden Soldaten auf die Insel Gotland geschickt. Laut dem Verteidigungsminister nehme man die Situation sehr ernst.
Angesichts des Ukraine-Konflikts behält Schweden russische Aktivitäten in der Ostsee mit Misstrauen im Blick. Bereits vor rund einer Woche hat das skandinavische EU-Land seine Präsenz auf der grössten schwedischen Ostsee-Insel Gotland verstärkt. Dabei handle es sich nicht um ein höheres Bereitschaftsniveau, sondern um eine Umverteilung von Ressourcen in Bereitschaft, betonte das schwedische Militär, das am Donnerstag Bilder von der Truppen- und Ausrüstungsverstärkung veröffentlichte – einschliesslich Aufnahmen von Panzern, die über die Strassen der Insel fuhren.
«Die Streitkräfte ergreifen die notwendigen Massnahmen, um Schwedens Integrität zu wahren und unsere Fähigkeit zu demonstrieren, Schweden und schwedische Interessen zu schützen», teilte Verteidigungsminister Peter Hultqvist der Nachrichtenagentur AFP mit. Die verstärkten Patrouillen auf Gotland seien ein Zeichen dafür, dass Schweden die Situation ernst nehme und sich «nicht überrumpeln lasse».
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will sich am Montag mit Schwedens Aussenministerin Ann Linde und Finnlands Aussenminister Pekka Haavisto treffen.
Kein Interesse an Nato-Mitgliedschaft
Schweden ist wie das benachbarte Finnland kein Nato-Mitglied, beide Länder sind aber enge Partner des Militärbündnisses. So soll es auch bleiben, wie der Verteidigungsminister Hultqvist am Donnerstagabend in einer TV-Debatte mit Oppositionschef Ulf Kristersson klarmachte. «Es gibt keine Vorbereitung für eine Nato-Mitgliedschaft oder -Bewerbung in Finnland. Und die gibt es auch nicht in Schweden», sagte der Minister, der den Soldaten auf Gotland am Mittwoch einen Besuch abgestattet hatte.
Er erwarte nicht, dass sich an der seit langem geltenden Linie von finnischer oder schwedischer Seite etwas ändere. Vor anderthalb Wochen hatte Hultqvist aber auch angemahnt: «Wir sehen eine besorgniserregende Entwicklung in unserer unmittelbaren Umgebung. Die gesamte europäische Sicherheitsordnung wird durch das inakzeptable Vorgehen Russlands in Frage gestellt und bedroht.»
Vor wenigen Tagen waren auch einige russische Landungsschiffe in der Ostsee beobachtet worden. Insgesamt sechs Schiffe und damit mehr als normal hatten sich nach Angaben der Nachrichtenagentur TT in dem Gebiet befunden. Sie haben die Ostsee demnach mittlerweile wieder verlassen, drei lagen aber Mitte der Woche während schlechter Wetterbedingungen im Kattegatt vor Anker.
Russische Flugzeuge und unbekannte Drohnen gesichtet
In Finnland hatte zuletzt ein grosses russisches Frachtflugzeug für Verwunderung gesorgt, das am vergangenen Wochenende nach Angaben des Rundfunksenders Yle einen grossen Umweg durch finnischen Luftraum genommen haben soll. Auch in Schweden wundert man sich beim Blick in die Luft: Jüngst waren mehrere Drohnen über sensiblen Orten wie Atomkraftwerken gesichtet worden – woher sie stammen, ist unklar.
Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin steht zudem zurzeit in der Kritik, weil sie in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters gesagt hat, es sei «sehr unwahrscheinlich», dass ihr Land unter ihrer Führung Nato-Mitglied werde. Sie betonte jedoch, dass Finnland das Recht habe, sich künftig dem Bündnis anzuschliessen.
In dem nordischen Land – dem EU-Mitgliedstaat mit der längsten Landesgrenze zu Russland – wird wie in Schweden regelmässig über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft debattiert. Marin könne sich nicht von sich aus von der Nato-Option distanzieren, finden ihre Kritiker.
SDA/AFP/aru
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