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AboInterview mit dem ukrainischen Bahnchef
«Wir müssen rennen, sonst sind wir tot»

«Zerstörte Schienenverbindungen stellen wir innert Tagen selbst wieder her.» Bahnchef Olexandr Kamischin begutachtet die gesprengte Brücke bei Irpin, nahe Kiew. 
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Olexandr Kamischin steht auf dem Bahndamm oberhalb des Flusses Irpin und blickt die Gleise entlang, die von hier in die ukrainische Hauptstadt Kiew führen. «Experten sagten uns, der Wiederaufbau einer zerstörten Brücke sei eine Frage von Monaten», sagt Kamischin und zeigt mit sichtbarem Stolz auf einen provisorischen Brückenpfeiler aus Stahlrohren: «Wir haben es in 30 Tagen geschafft!» Dann steigt er über Schutthalden hinunter zum Flussufer, gibt den Bahnarbeitern ein paar Anweisungen, klopft dem Vorarbeiter auf die Schultern: «Er hier ist der wahre Held.»

Der erst 38-jährige Kamischin ist seit einem knappen Jahr Vorstandsvorsitzender des grössten staatlichen Betriebs in der Ukraine, der Staatsbahn Ukrsalisnizja. An diesem heissen Junitag ist er mit einem Extrazug aus dem dreissig Kilometer entfernten Kiew hierhergekommen, in den Vorort Irpin. Im Dieseltriebwagen, der vor dem Krieg zwischen dem Kiewer Hauptbahnhof und dem Flughafen pendelte, ist ausser Kamischins zehn engsten Mitarbeitern auch der Journalist von Tamedia mitgefahren.

Der Name Irpin steht neben Butscha für die schlimmsten Gräueltaten der russischen Armee. Diese nahm den nördlichen Teil der Kleinstadt Anfang März ein, zerstörte die Wohnhäuser und massakrierte die Zivilbevölkerung. Um den russischen Vormarsch auf Kiew zu stoppen, sprengte die ukrainische Armee die Eisenbahn- und Strassenbrücken über den gleichnamigen Fluss. Anfang April zogen die Russen aus Irpin ab und hinterliessen eine Stätte des Grauens.

Während die Toten der Stadt mittlerweile bestattet sind, werden die Zerstörungen von Gebäuden und Infrastruktur noch lange zu sehen sein. Die Bahnstrecke über den Fluss ist nur noch auf einem statt auf zwei Gleisen befahrbar. Die zweite Brücke liegt bizarr geknickt im Schlamm. Bahnarbeiter graben die Metallstreben aus und haben dabei im Fundament den Zugang zu einem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Den sieht sich Bahnchef Kamischin nun persönlich an. Die zweite Brücke, sagt er, werde man wohl nicht so schnell reparieren. Es gebe andere Prioritäten.

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