Lawrow zur Nuklear-Drohung«Wir glauben weiter, dass ein Atomkrieg niemals geführt werden darf»
Am Sonntag schockte Putin mit der Nuklear-Drohung. Jetzt äussert sich erstmals Aussenminister Sergei Lawrow per Video an einer Genfer Konferenz dazu.
Seit Sonntagnachmittag steht das Thema nukleare Waffen im Fokus. Russlands Präsident Wladimir Putin liess seine Abschreckungswaffen in Alarmbereitschaft versetzen. Seither versuchen Beobachterinnen und Experten zu deuten, wie man das einordnen muss. So sagt zum Beispiel Atomwaffen-Experte Pavel Podvig im Interview: «Putin hat historisch noch nie da gewesene Konsequenzen angekündigt, falls es jemand wagen sollte, sich militärisch in seinen Aggressionskrieg gegen die Ukraine einzumischen. Das war eine unmissverständliche nukleare Drohung. Und er hat die russischen Atomstreitkräfte in Bereitschaft versetzt. Mit anderen Worten: Er meint es ernst. Oder er will zumindest, dass seine Botschaft ernst genommen wird.»
Nun, zwei Tage nach Putins Drohung, meldet sich mit Sergei Lawrow eine weitere russische Stimme in der aktuellen Atomwaffen-Thematik zu Wort: Laut dem russischen Aussenminister bedroht die Ukraine die internationale Sicherheit. Die Regierung in Kiew wolle eigene Atomwaffen, sagte Lawrow am Dienstag per Videolink vor der Ständigen Abrüstungskonferenz in Genf.
Lawrow: Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden
Auf dem ukrainischen Territorium befänden sich noch sowjetische Nukleartechnologie und die Mittel, so bestückte Waffen abzuschiessen, sagte Lawrow der englischen Uno-Übersetzung zufolge. «Wir müssen auf diese reale Gefahr reagieren.»
Lawrow verlangte, dass US-Atomwaffen vom Gebiet der Nato-Partner abgezogen werden. Er betonte auch: «Wir glauben weiter, dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf.» Die Ständige Abrüstungskonferenz ist das einzige multilaterale Abrüstungsforum der Welt.
Von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hiess es in der vergangenen Woche, sie sehe keinerlei Belege für die Behauptungen über ein mögliches Atomwaffenprogramm in der Ukraine. «Unsere Agentur hat keine Hinweise dafür gefunden, dass in der Ukraine deklariertes Nuklearmaterial aus der friedlichen Nutzung von Nuklearenergie abgezweigt wird», teilte ein IAEA-Sprecher dem «Tagesspiegel» mit. Die Behörde mit Sitz in Wien überwacht unter dem Dach der Vereinten Nationen die zivile Nutzung der Atomkraft und die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags.
Lawrow sagte weiter, es müsse eine neue Spirale des Wettrüstens verhindert werden. Es dürfe keine gefährlichen Schritte im Rahmen militärischer Aufrüstung geben. Die Nato-Mitglieder ignorierten dies. Die Nato ziehe die Ukraine in den Dunstkreis der Allianz, in dem sie ihr Waffen liefere, sagte Lawrow. Er beklagte, dass die Nato Russland keine langfristigen Sicherheitsgarantien gebe und keine weitere Ausweitung Richtung Osten ausschliesse. Die Nato müsse ihre militärischen Kapazitäten auf das Gebiet zurückziehen, wo sie bei der Unterzeichnung der Nato-Russland-Grundakte 1997 waren, verlangte Lawrow.
Lawrow wollte ursprünglich persönlich nach Genf kommen. Das sei durch die Sperrung des Luftraums in der EU für russische Maschinen verhindert worden, teilte die russische Botschaft in Genf am Montag mit.
Dutzende Diplomaten verlassen den Saal
Aus Protest gegen den russischen Krieg in der Ukraine haben Diplomaten in Genf vor Lawrows Rede den Saal des UN-Menschenrechtsrats verlassen. An der vorab koordinierten Aktion waren Dutzende Delegationen beteiligt.
SDA/oli
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