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Meinung

Analyse eines PR-Bildes
Wie nervös ist Emmanuel Macron?

Hemd auf, Brusthaar raus: So präsentiert sich Macron in der Bilderreihe «Une journée avec le candidat» («Ein Tag mit dem Kandidaten») auf Instagram.
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Der erste gedankliche Reflex ist: Da haben die Gegner des französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine Fotomontage kreiert, um ihn kurz vor dem entscheidenden zweiten Wahlgang auf sozialen Medien lächerlich zu machen.

Aber nein, die Aufnahme findet sich in einer Bilderreihe auf dem Instagramkanal von Macrons offizieller Fotografin, ist also echt. Dass bei der Stichwahl am 24. April Macrons rechtsnationalistische Widersacherin Marine Le Pen triumphieren könnte, scheint den Präsidenten und sein Wahlkampfteam ziemlich nervös zu machen.

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Schon wie sich Macron vor einigen Wochen mit Dreitagebart und Hoody fotografisch als Möchtegern-Selenski inszenierte, war grenzwertig. Aber jetzt setzt er noch einen drauf. Das Staatsoberhaupt der Grande Nation in der Pose eines Softporno-Darstellers, der in einem – sagen wir mal – Dreisternhotel an der Autobahn zwischen Amiens und Rouen auf einem scheusslichen Sofa in breitbeiniger Vorfreude auf seinen ersten Tageseinsatz wartet.

Das Phänomen des Macron-Hasses

Lässigkeit durch ein offenes Hemd zu signalisieren und Virilität durch die Zurschaustellung üppiger Brustbehaarung – das ist ähnlich plump und peinlich, wie wenn jemand seine Ausgelassenheit zu illustrieren versucht, indem er in der Rio-Bar auf Ibiza mit aufgesetzter Partybrille einen vollen Sangria-Kübel vor der Kamera schwenkt.

Obwohl der seit 2017 regierende Emmanuel Macron eine deutlich bessere politische und ökonomische Bilanz vorzuweisen hat als seine beiden Vorgänger François Hollande und Nicolas Sarkozy, ist kaum ein anderer französischer Präsident in jüngerer Zeit auf derart heftige Ablehnung gestossen.

Manchmal setzt er auch ein ekstatisch-dämliches Grinsen auf.

Das Phänomen des schichtübergreifenden Macron-Hasses versuchen mittlerweile Artikel, Bücher und soziologische Studien zu ergründen: die elitäre Arroganz des Präsidenten. Sein wortreiches Besserwissertum, die Attitüde des kosmopolitischen Bildungsbürgers, verbunden mit der penetranten Jugendlichkeit eines gleichermassen frühreif wie altklug wirkenden Klassenstrebers. Der Verdacht, der ehemalige Top-Banker verachte insgeheim alle, die nicht so gebildet, erfolgreich und brillant sind wie er selber.

Angesichts eines solchen Images will das Team Macron offensichtlich beteuern: Nicht immer studiert der Präsident Regierungsakten. Nicht immer ist er gravitätisch in eine Proust-Ausgabe mit ledernem Einband vertieft. Manchmal setzt er, seine beiden Handys achtlos zur Seite gelegt, auch ein ekstatisch-dämliches Grinsen auf. Wie der sprichwörtliche Monsieur Dupont halt.

Er bewirkt das Gegenteil

Das Problem dabei ist: Ein Image in einer Hauruck-Aktion korrigieren zu wollen, indem man krampfhaft dessen Kontrast inszeniert, unterstreicht die angeblichen oder tatsächlichen Schwächen erst recht. Und wirkt als Schuldeingeständnis, erreicht also das genaue Gegenteil des Angestrebten.

Nun wird niemand behaupten wollen, ein einzelnes missglücktes PR-Bild sei wahlentscheidend. Aber dass ein unbestreitbar hochintelligenter Mann wie Macron einen derart offensichtlichen Mechanismus in einem derart wichtigen Moment seiner politischen Karriere ignoriert – das ist mehr als erstaunlich.

In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, Macron sei der «unbeliebteste Präsident seit Menschengedenken». Das ist missverständlich, denn hoch sind vor allem seine Ablehnungswerte sowie die Intensität der Antipathie, die er bei seinen Gegnern weckt. Wir haben den Satz korrigiert.