Kartellverfahren gegen ZuckerbergDieser Prozess bedroht Metas Existenz
Die US-Handelsbehörde will den Konzern zwingen, Instagram und Whatsapp zu verkaufen. Meta-Chef Mark Zuckerberg setzt auf einen mächtigen Verbündeten: Donald Trump.

Vor 17 Jahren schrieb Zuckerberg eine E-Mail, die seinem Konzern Meta zum Verhängnis werden könnte. «Es ist besser zu kaufen als zu konkurrieren», sprach sich der Facebook-Gründer für aggressive Übernahmen von Start-ups aus. Fünf Jahre später drängte Zuckerberg darauf, Instagram zu schlucken, und erklärte per E-Mail dem damaligen Finanzchef von Facebook: «Das Geschäft ist noch im Entstehen, aber die Netzwerke sind etabliert, die Marken bedeutsam, und wenn sie wachsen, können sie uns sehr gefährlich werden.»
Beide E-Mails tauchen in der Klageschrift eines Prozesses auf, der an diesem Montag vor einem Gericht in Washington begonnen hat und Metas Existenz bedroht. Die US-Handelsbehörde FTC wirft dem Konzern vor, Instagram und Whatsapp gekauft zu haben, um widerrechtlich die eigene Monopolstellung zu stärken. Facebook, wie das Unternehmen damals noch hiess, zahlte 2012 rund eine Milliarde Dollar für Instagram und zwei Jahre später das Zwanzigfache für Whatsapp. «Die Verbraucher haben keine vernünftigen Alternativen, an die sie sich wenden können», sagte der Anwalt der FTC, Daniel Matheson, am Montag zu Beginn des Prozesses. Durch die Übernahmen und die unrechtmässige Strategie seien «Einstiegsbarrieren geschaffen worden, die mehr als ein Jahrzehnt lang die Dominanz von Meta gesichert hatten».
Beide Übernahmen galten zunächst als teuer und riskant, stellten sich aber schnell als strategisch kluge Entscheidungen heraus. Fast drei Milliarden Menschen chatten über Whatsapp, Instagram hat Facebook längst den Rang abgelaufen und ist für Meta die wichtigste Plattform. Ohne die Zukäufe wäre Zuckerberg heute nicht der Alleinherrscher über einen Grossteil der globalen Kommunikationsinfrastruktur, sondern lediglich der Chef eines alternden und kulturell weitgehend irrelevanten Netzwerks.
Das Verfahren hat Signalwirkung für die Branche
An Dutzenden Verhandlungstagen wird die FTC in den kommenden Monaten versuchen, den Richter James Boasberg davon zu überzeugen, dass Meta Instagram und Whatsapp verkaufen muss. Im Laufe des Prozesses werden etliche hochrangige Angestellte aussagen, darunter Zuckerberg selbst, die langjährige Vize-Chefin Sheryl Sandberg sowie die Gründer von Instagram und Whatsapp. Auch Manager von Konkurrenten wie Snap und Tiktok sollen angehört werden. Falls die Behörde Erfolg hat, wäre es ein historisches Urteil. Seit mehr als 40 Jahren wurde kein Techkonzern mehr zerschlagen.
Das Kartellverfahren begann während der ersten Amtszeit von Donald Trump, die Klage wies Boasberg jedoch ab. Unter Joe Biden startete die Behörde einen zweiten Anlauf und präsentierte zusätzliche Argumente, die belegen sollen, dass Meta sein Monopol missbraucht. In seltener Einigkeit treiben Demokraten und Republikaner das Verfahren gegen Meta sowie weitere Klagen gegen grosse Techkonzerne voran. Derzeit laufen zwei Prozesse gegen Google. Apple und Amazon werden voraussichtlich im kommenden Jahr vor Gericht landen. Auch deshalb wird das gesamte Silicon Valley das Verfahren in Washington genau beobachten. Das Urteil könnte Signalwirkung für die Branche haben.
Die FTC argumentiert, Meta dominiere seit Langem den Markt für «persönliche soziale Netzwerkdienste in den USA». Als Konkurrenten sieht die Behörde lediglich Snapchat und das weitgehend irrelevante Mewe. 2012 habe Facebook Konkurrenz durch Start-ups befürchtet und Instagram in erster Linie deshalb gekauft, um die eigene Stellung zu festigen. Diese illegale Motivation werde etwa durch Zuckerbergs E-Mails ersichtlich.
Meta hält das für absurd. «Die Beweise im Prozess werden zeigen, was jeder 17-Jährige auf der Welt weiss», sagt ein Sprecher. «Instagram, Facebook und Whatsapp konkurrieren mit Tiktok, Youtube, X, iMessage und vielen anderen Apps.» Zudem habe die FTC die Übernahmen vor mehr als zehn Jahren geprüft und genehmigt. Regulierungsbehörden sollten amerikanische Innovation unterstützen, statt zu versuchen, «einen grossartigen US-Konzern zu zerschlagen und China einen weiteren Vorteil zu verschaffen». Metas Chefjuristin Jennifer Newstead schürt in einem Blogeintrag ebenfalls Angst vor China und appelliert an den amerikanischen Patriotismus.
Trump könnte zum Joker werden
Da es sich um ein Verfahren ohne Geschworene handelt, hängt viel vom Richter selbst ab. Boasberg beschäftigt sich seit Jahren mit dem Fall und zeigte sich bislang eher skeptisch. Die FTC habe den Markt zu eng definiert und den Schaden für Nutzerinnen und Nutzer nicht ausreichend belegt. Allerdings wies er 2022 einen Einspruch von Meta ab und liess die Klage zu.
Formal handelt sowohl FTC als auch die Justiz unabhängig von der Politik. Unter Trump existiert die strikte Gewaltenteilung aber nur noch auf dem Papier. Er feuerte kürzlich die beiden demokratischen Kommissionsmitglieder der FTC und ernannte seinen Vertrauten Andrew Ferguson zum Vorsitzenden. Deshalb könnte Trump zum Joker in dem Verfahren gegen Meta werden. Vergangenes Jahr drohte er noch, Zuckerberg ins Gefängnis zu werfen. Seitdem haben sich die beiden angenähert, genauer gesagt: Zuckerberg hat sich unterworfen. Der Meta-Chef biedert sich sprachlich und inhaltlich bei Trump an, spricht von angeblicher «Zensur» auf Druck der Demokraten und will gemeinsam mit der US-Regierung gegen Regulierung in der EU vorgehen.
Kürzlich überzeugte Meta Trump mit 25 Millionen Dollar, die Klage wegen der Sperrung seines Accounts einzustellen. Anfang April besuchte Zuckerberg den Präsidenten im Weissen Haus und versuchte, ihn persönlich zu überzeugen, das Verfahren der FTC zu stoppen. Der neue Vorsitzende Ferguson hat bereits durchblicken lassen, dass er einer Anordnung von Trump folgen würde. Zuckerberg dürfte das gefallen haben.
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