Fertig SommerWetterumschwung bringt zuerst Schnee in den Bergen – und dann Hochwasser?
Im Verlauf dieser Woche lenkt ein Tiefdruckgebiet Polarluft zur Schweiz und bringt viel Nässe und kühle Temperaturen. Am Freitag dürfte die Schneefallgrenze unter 1500 Meter sinken.
Am Samstag lief der Sommer in der Schweiz nochmals zur Hochform auf. Die Temperaturen stiegen auf der Alpennordseite verbreitet auf Werte zwischen 25 und 30 Grad an. In den Alpentälern wurde – mit Unterstützung des warmen Föhns – sogar teilweise die 30-Grad-Marke geknackt.
Mit Blick auf das, was die Wettermodelle für die kommenden Tage auftischen, lässt sich aber deutlich sagen: Das war definitiv die Abschlussvorstellung des Sommers in diesem Jahr.
Nun kommt der Herbst, und zwar auf beeindruckende Art und Weise. In dieser Woche stösst schubweise immer kältere Luft zum Alpenraum vor. Gemäss aktuellem Stand der Berechnungen dürfte die Schneefallgrenze bis am Freitag auf etwa 1400 Meter absinken. Wie Meteo Schweiz mitteilt, könnte es in den Alpentälern mit dem Effekt der Niederschlagsabkühlung sogar auf bis gegen 1200 Meter herabschneien. In den Bergen kommt eine ordentliche Ladung Neuschnee zusammen. Die Höchsttemperatur im Flachland wird nur noch knapp im zweistelligen Bereich liegen.
Wieso wird es so schnell kälter?
Um das zu verstehen, ist ein Blick auf die Grosswetterlage über dem europäischen Kontinent nötig. Am Montag sorgt zunächst noch ein kleines Höhentief mit einer Kaltfront im Gepäck für trübe und regnerische Verhältnisse hierzulande. Dieses Tief zieht von Frankreich Richtung Norddeutschland. Es hat seinen Zenit allerdings bereits überschritten und füllt sich allmählich auf. Das bedeutet: Es verliert zunehmend seine Wetterwirksamkeit.
Über der Wetterküche Europas, dem Nordatlantik, haben sich aber bereits zwei neue Druckgebilde aufgebaut, die das Wetter in der kommenden Woche dominieren werden. Im Bereich der Azoren etabliert sich ein mächtiges Hochdruckgebiet. Zwischen Grönland und Island formiert sich gleichzeitig ein starkes Tiefdruckgebiet. Wegen der immer längeren Nächte ist die Kaltluftproduktion über dem Polarkreis bereits in vollem Gange. Das Tief zapft daher hochreichend kalte Luft an. Ab Dienstag macht sich dieses Gebilde auf den Weg Richtung Süden. Die Flanke des Azorenhochs wirkt dabei wie eine Rutsche, wodurch kalte Luftmassen auf sämtlichen atmosphärischen Höhenstufen bis zum Mittelmeerraum fluten.
Am Mittwochabend erreicht zunächst die Kaltfront des Tiefs den Alpenraum, die Schneefallgrenze sinkt unter 2000 Meter, es kommt zu kräftigen Niederschlägen vor allem im Stau der Voralpen. Gemäss derzeitigem Stand der Berechnungen wird sich dann am Freitag ein Teil des Höhentiefs über Frankreich abspalten und wie ein Tropfen ins westliche Mittelmeer fallen. Daher ist in der Meteorologie in diesem Zusammenhang auch von Abtropf- oder Abschnürprozessen («Cut-off») die Rede.
Dieses abgekoppelte Tief wird dann über Mittelitalien zur Adria ziehen. Weil das westliche Mittelmeer nach wie vor sehr warm ist, steht dem Tief eine enorme Menge an Feuchtigkeit zur Verfügung, die es aufnehmen und «verarbeiten» kann. Das bedeutet: starke Niederschläge und gebietsweise Hochwassergefahr.
Die Schweiz wäre beim aktuellen Szenario durchwegs im Bereich kühler, aber auch feuchter Luftmassen. Das europäische Wettermodell ECMWF berechnet in der Nordostschweiz bis am Samstag in der Summe über 100 Liter Regen pro Quadratmeter, wobei ein erheblicher Teil davon in den höheren Lagen als Schnee fallen dürfte. Noch grösser sind die berechneten Niederschlagsmengen in Norditalien, Slowenien und Österreich. In diesen Regionen besteht erhebliche Unwettergefahr.
Ausgestanden ist die Sache damit aber noch nicht. Das abgetropfte Höhentief wird seinen Weg bis zum nächsten Wochenende weiter nach Osten fortsetzen. Je nach Zugrichtung könnte das weiteres Ungemach bedeuten. Falls das Tief eine eher südliche Richtung einschlägt und zum Balkan zieht, dürfte die Sache aus Schweizer Sicht glimpflich ablaufen.
Wenn es aber eine nördlichere Zugbahn einschlägt, könnte sich eine sogenannte Vb-Wetterlage (5b) etablieren. Bei dieser berüchtigten Wetterlage würde die Feuchtigkeit im Gegenuhrzeigersinn um das Tief herumgelenkt – und käme via Tschechien und Deutschland wieder zum Alpenraum zurück. Die Folge wären lang anhaltende und starke Niederschläge. Das Thema Hochwasser käme unweigerlich wieder aufs Tapet.
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