Kachelmanns WetterWarm, stürmisch, extrem – der Oster-Föhn
Bis zu Tempo 200 und sehr ausgedehnt: Jörg Kachelmann schreibt über den «Föhn des Jahrzehnts». Und er gibt einen Tipp für eine Föhn-Reise.
Guten Morgen Schweiz, wir haben wie erwartet den Föhn des Jahrzehnts erlebt, der sich freundlicherweise genau an die Vorhersage gehalten hat. Es gab 200 km/h auf dem Lauberhorn (auf den weiteren Plätzen: Klingenstock SZ 198, Gütsch ob Andermatt 191, Flammenegg AI 178, Hochstuckli SZ 152, Fläscherberg GR 145). Am Freitagnachmittag und -abend kam der Föhn nicht nur bis Zürich voran, sondern erreichte die Nordgrenze der Schweiz mit Föhnsturm auf dem Schaffhauser Randen und entsprechend mitternächtlichen Temperaturen von 16 Grad auf dem Beringer Randenturm sowie 15 Grad am Begginger Landenhof.
Unser Schweizer Föhn hat es nicht nur in den äussersten Norden der Schweiz geschafft, sondern weit bis nach Deutschland hinein: Der verlängerte Ast des Rheintal-Föhns reichte bis in den württembergischen Ort Schwäbisch Gmünd, auf den Hügeln der Schwäbischen Alb blies ein veritabler Föhnsturm. Möglich wurde dieses Extremereignis einerseits durch den grossen Luftdruckunterschied zwischen Nord und Süd, und andererseits durch die auch ausserhalb des Föhns recht hohen Temperaturen, sodass kein schwerer Kaltluftblock weggeräumt werden musste.
10 Grad Unterschied bei 200 Höhenmetern in Schaffhauser Tälern
Dennoch war der Föhn nicht so stark, dass er im Norden der Schweiz wirklich überall durchkam. In den Tälern des Kantons Schaffhausen hob er ab, entsprechend war es dort um Mitternacht in Schleitheim 6 Grad kühl, also 10 Grad weniger als 200 Meter weiter oben. Im Aargau hat es fast überall für Föhnluft gereicht, nur örtlich kam er nicht bis zum Rhein durch.
Im Kanton Bern hat der Föhn um Mitternacht ebenfalls einen extrem seltenen Besuch in der Stadt Bern gemacht, auch wenn dort immer ein bisschen Mischluft von der Partie ist. In den beföhnten Stadtteilen ging es etwas über 15 Grad, in Köniz und an deren Stadtteilen im Windschatten des Gurten blieb es bei 10 Grad unbeföhnt. Bei allen Mittelland-Wetterstationen sind die Windgeschwindigkeiten natürlich nur ein schaler Abklatsch im Vergleich zum Orkan in den Bergen. Aber die gut 50 km/h aus einer völlig ungewohnten Windrichtung sind schon auffällig.
Noch bis am Montag
Wie selten so was zum Beispiel in Kloten und in der Stadt Zürich ist, werden die meisten Menschen gar nicht ahnen, weil sie gerne Südwestwind mit Alpensicht als Föhn rezipieren. Nein, er muss schon aus Südosten kommen, der Wind, und die Luftfeuchtigkeit sollte nahe 40 Prozent sein oder drunter, sonst ist es kein Föhn.
Heute Samstag bleibt der Föhnorkan in den Bergen bestehen, weiterhin wird der Föhn zeitweise bis ins Mittelland ausgreifen können. Von Samstagabend bis Sonntagmorgen lässt er kurz nach und lässt eine kleine Kaltfront durch, bevor er am Sonntag wieder aufersteht und erst im Laufe des Ostermontags definitiv zusammenbricht. Ein sensationelles Wochenende nicht nur, was die Stärke, sondern auch, was die Dauer des Föhns betrifft. Eine Besichtigung zum Beispiel in Brunnen am Vierwaldstättersee lohnt sich.
Jörg Kachelmann ist Meteorologe bei Kachelmannwetter.com. Er schreibt hier in den nächsten Tagen in loser Folge über das Wetter, Wetterphänomene und Wettermythen.
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