TV-Kritik «Tatort»Wer glaubt schon den Corona-Tests?
Der neue Berliner «Tatort» mit dem Titel «Die Kalten und die Toten» war aktuell. Leider nur wenige Sekunden lang.
Wie reagieren Eltern, wenn die Polizei ihnen mitteilen muss, ihr Kind sei tot? Schreien, schweigen, toben – alles schon gesehen in TV-Krimis. Vater und Mutter Bader aber gehen einfach weiter ihrem Alltag nach. «Das kann nicht unsere Tochter sein», behaupten sie. Und als die Polizei nachdoppelt und sagt, die Laboranalyse sei eindeutig, gibt der Vater zurück: «Das mit den DNA-Tests ist ja auch nicht sicher. Das ist wie mit den Corona-Tests.»
Die Reaktion der Eltern war die interessanteste Phase im neuen «Tatort» mit dem wörtlich zu verstehenden Titel «Die Kalten und die Toten». Gut, genau genommen, war es nur eine Tote. Aber kühl war nicht nur das Klima im schneebedeckten Berlin, kühl waren auch die beteiligten Menschen: Täter, Angehörige und ja, auch die Kommissare.
«Matrosen am Mast» als intimes Souvenir
Es war der zweitletzte Einsatz von Meret Becker, ihr bereits vor einiger Zeit angekündigter Abschied als Kommissarin Nina Rubin findet im Frühling 2022 statt. Bleich und oft zornig wandelte sie durch diese Avant-Dernière, nahm Rücksicht auf niemanden, stiftete aus reiner Verzweiflung, in der Ermittlung nicht weiterzukommen, einen Mann dazu an, einen Brand zu legen. «Das war nicht sehr gut heute», bilanziert Kollege Robert Karow (Mark Waschke) am Ende dieses Tages.
Aber auch untereinander haben es die beiden, die sich auch nach 14 gemeinsamen Fällen noch siezen, nicht einfach. Offenbar waren sie miteinander im Bett, aber auch das ist kein Anlass zu Freude: Er habe ein intimes Souvenir, «Matrosen am Mast» (sprich Filzläuse), sagt er ihr, und: «Habe ich die von Ihnen?» Sie: «Komme dafür bloss ich infrage?»
Frost allenthalben also. Und vom Täter und seiner Familie war noch gar nicht die Rede. Im Zentrum der Ermittlungen steht Dennis Ziegler, der nach einem Sexdate die Frau, die er und seine Freundin eingeladen haben, erschlagen hat. Ein wahres Ekel von einem jungen Mann, das am nächsten Tag die Mutter ausschickt, um das Blut in der Wohnung zu putzen. Diese ist ebenfalls Polizistin und deckt den Spross schon seit Jahren.
Der Täter steht schon früh fest, die Frage ist nur, wie er und seine Mutter überführt werden können. Und ob der Vater auch Dreck am Stecken hat. Und ob die Familie des Opfers … Aber eben, das ist alles einfach trostlos – und die «Tatort»-Routiniers Markus Busch (Buch) und Thorsten C. Fischer (Regie) tun nichts, um ihre Geschichte irgendwie brisant oder – ausser der Corona-Anspielung – aktuell erscheinen zu lassen.
Ein bisschen Wärme bringt nur der Neue ins Team. Comedian Tan Caglar spielt einen Assistenten im Rollstuhl, der am Computer arbeitet, alles überflüssige Papier zu Boden schmeisst und gar nicht auf den Mund gefallen ist. Da wird wohl die Zukunft des Berliner «Tatorts» nach Meret Becker vorbereitet (Kommissar Karow bleibt ja im Amt).
Aber der Kommissarin wünschen wir doch einen Abschied, der ihrem Können würdiger ist als dieser kalte, kalte Fall.
Fehler gefunden?Jetzt melden.