Tariferhöhung sorgt für UnmutWer eine Website will, muss mehr bezahlen
Die Stiftung Switch erhöht den Preis für Internetadressen. Und zwar viel stärker, als es nötig wäre, sagt der grösste Wiederverkäufer.
Plus 20 Prozent: Wer eine Internetadresse für eine eigene Website mieten will, bezahlt bei der Firma Infomaniak ab Februar 10.65 Franken. Bislang lag der Jahrespreis beim grössten Schweizer Domain-Discounter bei 8.85 Franken. Diese Anpassung sei «aufgrund mehrerer Tariferhöhungen durch die Registrierungsstelle Switch» nötig geworden. So steht es in einer E-Mail, die das Unternehmen an Kundinnen und Kunden verschickt hat.
Die Preiserhöhung erstaunt. Denn in den vergangenen Jahren sind Internetadressen günstiger geworden – insbesondere ab 2016, als Switch die Doppelrolle als Registerbetreiberin und Adresshändlerin aufgeben musste. Seither mietet, wer eine Website besitzt, die Adressen nicht mehr bei Switch, sondern etwa bei jenem Unternehmen, das den Webserver betreibt.
Geld für Sicherheit
Die Stiftung Switch hat in Jahresfrist zweimal die Preise angepasst, wie Mediensprecher Roland Eugster bestätigt. Anfang 2021 wurde der Preis pro Domain und Jahr um 55 Rappen erhöht. «Damit decken wir zusätzliche Aufwände zum Schutz der Privatsphäre sowie im Kampf gegen die Cyberkriminalität.»
Konkret: Lange konnte jedermann in einer Datenbank nachschlagen, wer eine Internetadresse reserviert hatte. Das ist mittlerweile nicht mehr möglich. Switch beurteilt bei Anfragen im Einzelfall, ob ein berechtigtes Interesse an dieser Information besteht. Zudem wird bei jeder Registrierung in einem halbautomatisierten Verfahren geprüft, ob die neue Adresse für illegale Aktionen eingesetzt werden soll.
Aufschlag ist für die Branche überrissen
Eine Handvoll Schweizer Hosting-Anbieter – unter anderen Infomaniak und Hostpoint – haben sich gegen diesen Preisaufschlag gewehrt. Sie schätzen die budgetierten Kosten für die neuen Aufgaben als überrissen ein. Switch mache mit dem Aufschlag einen hohen Gewinn.
Im laufenden Monat habe Switch den Preis abermals erhöht, kritisieren die Hosting-Anbieter, dieses Mal sogar um einen ganzen Franken. Allerdings: Bezahlen müssen bloss jene Hoster, die die «Domain Name System Security Extensions (DNSSEC)» nicht implementiert haben. Diese Sicherheitstechniken garantieren, dass Verbindungen nicht gekapert werden können: Wer im Webbrowser etwa die Adresse einer Bank eintippt, soll auch wirklich deren Website angezeigt erhalten.
«Mit dem Extrafranken schaffen wir einen Anreiz für die Registrare, die Sicherheitstechnik rasch zu implementieren», sagt Roland Eugster. Wer die Hausaufgaben gemacht hat, braucht den Aufschlag nicht zu bezahlen. Mehr noch: Diese Unternehmen erhalten einen Anteil des Geldes zurückerstattet, das Switch von den rückständigen Providern einfordert.
Mit Schulungen und Sensibilisierungskampagnen allein könne die Sicherheit im Schweizer Teil des Internets nicht genügend rasch erhöht werden, sagt Roland Eugster. «Der finanzielle Anreiz macht Sinn.» Seit Switch den Hostern die Lenkungsabgabe im letzten Frühling vorgestellt habe, sei der Anteil der abgesicherten Adressen von sehr tiefen 6 auf 35 Prozent gestiegen. Das Fünfjahresziel: 60 Prozent.
Die Umstellung auf die neue Sicherheitstechnik ist nicht einfach. Einige Anbieter fürchten, dass es zu Pannen und Ausfällen kommen könnte.
Bei Infomaniak ist man auch mit dem Extrafranken nicht einverstanden – obwohl der Genfer Anbieter die Sicherheitstechnologie als erstes Unternehmen in der Schweiz schon lange standardmässig aktiviert hat. Die Kritik: Für neu registrierte Adressen wird im ersten Jahr in jedem Fall der höhere Preis eingefordert, auch wenn die Adresse über einen fortschrittlichen Anbieter reserviert wird. «Zudem ist noch unklar, wie genau das zusätzlich eingenommene Geld verteilt wird», sagt Mediensprecher Thomas Jacobsen.
Switch müsse zuerst messen, ob eine Adresse wirklich abgesichert sei, kontert Roland Eugster. Erst dann könne der günstigere Tarif verrechnet werden. Der Grund: Eine Adresse kann irgendwo reserviert und bei einem anderen Hoster betrieben werden.
Die Umstellung auf die neue Sicherheitstechnik ist nicht einfach. Darauf weisen mehrere kontaktierte Hoster hin. Einige fürchten, dass es zu Pannen und Ausfällen kommen könnte. Klappt der automatische Schlüsselaustausch zwischen zwei Servern nicht, sind Websites nicht mehr erreichbar und E-Mails können nicht zugestellt werden. Bei Cyon werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die neue Technik zu implementieren, sagt Mediensprecher Tom Brühwiler. In wenigen Wochen sei alles bereit. «Wir hätten das sowieso angepackt. Der finanzielle Anreiz spornt aber an, rasch vorwärtszumachen.»
Grosse Preisunterschiede
Zurück zu den Preisen: Die Hoster erhalten die Internetadressen von der Stiftung Switch alle zu denselben Konditionen: für 5.75 Franken beziehungsweise für die Fortschrittlichen ab nächstem Jahr für 4.75 Franken.
Die Unternehmen sind frei in ihrer Preisgestaltung und schlagen ihren Kundinnen und Kunden unterschiedlich viel drauf. Vergleichen lassen sich die Preise ab dem zweiten Jahr, da bei Neuregistrierungen teilweise Rabatte gewährt werden. Infomaniak gehört mit 10.65 Franken weiterhin zu den günstigsten Anbietern. Die meisten Konkurrenten verlangen gegen 15 Franken. Bei Swizzonic, einstmals der kommerzielle Zweig der Stiftung Switch, ist die Internetadresse nur noch in Kombination mit einem Webhosting für 38.20 Franken erhältlich.
Es ist möglich, dass einige Hoster ihre Tarife nach der Preiserhöhung durch Switch noch anpassen. Bei Hoststar und Novatrend etwa wird darüber nachgedacht. Andere Unternehmen wie Cyon machen Abstriche bei der Marge und nehmen vorerst keine Preisanpassungen vor.
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