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Wegen hoher Grundgebühren
Wenn sich das Stromsparen nicht mehr lohnt

Wer wenig Strom brauche, werde durch Grundgebühren benachteiligt, kritisiert der Konsumentenschutz.  
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Vier von fünf Stromunternehmen verrechnen einen Grundpreis für den Strom, unabhängig vom tatsächlichen Energieverbrauch. Das ergab eine Umfrage des Konsumentenschutzes bei Anbietern und in der Bevölkerung. «Diese Pauschalen funktionieren wie Kopfsteuern. Sie bestrafen kleine und sparsame Haushalte und gehören abgeschafft», fordert Sara Stalder, Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes.

Pauschale für Service, Beratung oder Strassenbeleuchtung

Erhoben werden die Grundpreise entweder für Energie oder für die Netznutzung, manchmal auch für beides. Einige Anbieter sprachen in der Umfrage von «Servicepauschalen», andere von «allgemeinen Beratungen» oder einer Grundgebühr für die Rechnungsstellung.

Jedes Stromunternehmen verwende die Einnahmen für etwas anderes, kritisiert der Konsumentenschutz. Darunter könnten auch Ausgaben für öffentliche Beleuchtung oder für Stromspar-Werbeaktionen fallen. Der genaue Verwendungszweck sei sozusagen ein Geschäftsgeheimnis.

Einzig die Elektrizitätswerke der grossen Städte verzichten auf Pauschalen. Im Rest des Landes schwankt deren Höhe zwischen ein paar Dutzend und 180 Franken pro Jahr.

Das Problem: Je tiefer der Stromverbrauch, desto stärker schlagen die Grundgebühren zu Buche. Daher belasten diese vor allem die Kleinen.

Ein sparsamer Zweipersonenhaushalt mit Holzschnitzelheizung zum Beispiel, der nur wenige elektrische Geräte verwendet und diese immer konsequent abschaltet, verbraucht ungefähr 1200 Kilowattstunden pro Jahr. In der Bündner Ortschaft Klosters kostet das rund 400 Franken. Davon entfällt mit 180 Franken fast die Hälfte auf die Grundgebühr.

Ein 5-Personen-Haushalt hingegen, der mit einer Wärmepumpe heizt und einen Tumbler sowie einen Elektroboiler benutzt und deshalb 13’000 Kilowattstunden verbraucht, zahlt in Klosters 2880 Franken für den Strom. Die Grundgebühr macht davon nur ein Sechzehntel aus.

Pauschale torpediert Sparbemühungen

Die Pauschale sei nicht verursachergerecht und torpediere alle Anstrengungen zum Stromsparen, denn Sparbemühungen änderten an der Stromrechnung wenig, sagt dazu Stalder: «Faktisch subventionieren die sparsamen Haushalte die Vielverbraucher.» Profiteure dieses Systems sind nach ihren Worten die Stromunternehmen, «welche die Haushalte mit Pauschalpreisen schröpfen».

Im Bündnerland ist die Grundgebühr besonders hoch. Die Anbieterin Repower AG begründet das mit den vielen Zweitwohnungen in der Region. Diese sollen über die Pauschale unabhängig vom Verbrauch ebenfalls zur Kasse gebeten werden.

«Das können wir nicht nachvollziehen», entgegnet der Konsumentenschutz. Denn im Stromversorgungsgesetz und der dazugehörenden Verordnung gebe es die Möglichkeit, zwischen ganzjährig und nur zeitweise bewohnten Liegenschaften zu unterscheiden. Die hohe Pauschale führe dazu, dass die kleinen Haushalte die grossen Zweitwohnungsbesitzer quersubventionierten.

Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) sieht aber keinen Grund zum Einschreiten. Mit dem Grundtarif würden in der Regel verwaltungsinterne und allgemeine Aufwände gedeckt, die nicht individuell angerechnet werden können, die jedoch anfallen, auch wenn kein Strombezug erfolgt, erklärt Sprecherin Antonia Adam.

Zur Höhe des Tarifs mache das Gesetz keine Vorgabe, ausser dass mindestens 70 Prozent des Netznutzungstarifs verbrauchsbezogen sein müssten. Dies werde jedoch nicht für jeden Kunden individuell betrachtet, sondern jeweils bezogen auf die ganze Kundengruppe, welche das entsprechende Stromprodukt beziehe. Grundgebühren von bis zu 180 Franken pro Jahr nennt Adam vor diesem Hintergrund «grundsätzlich möglich».

Gesetzesrevision ermöglicht höhere Pauschalen 

Künftig könnten die Pauschalen noch steigen, warnt der Konsumentenschutz unter Hinweis auf die laufende Revision des Stromversorgungsgesetzes. Tatsächlich heisst es in der bundesrätlichen Botschaft an das Parlament, «dass auch schon im Basistarif (...) höhere Grundkomponenten (Fr./Anschluss) zulässig sind».

Mit Blick auf die aktuellen Sparappelle sei das völlig kontraproduktiv, sagt Sara Stalder: «Der Bundesrat nimmt offensichtlich in Kauf, dass die Konsumentinnen mit sparsamem Strombezug einen Grundpreis von einigen Hundert Franken zahlen müssen.» Dabei bewiesen die Stromunternehmen in den Städten seit Jahren, dass es auch anders gehe.

Keinen Sukkurs gibt es von Preisüberwacher Stefan Meierhans. Dieser sieht zwar die Vorteile von Sparanreizen durchaus, wie er sagt. Einschreiten will er aber nicht. Denn die Abrechnung fixer Kosten, welche nicht von der bezogenen Menge abhängen, über die Grundgebühren sei «wirtschaftlich effizient und stellt deshalb keinen Missbrauch im Sinne des Preisüberwachungsgesetzes dar».

Anpassung vom 18. Oktober: In einer früheren Version des Artikels stand, ein sparsamer Zweipersonenhaushalt in Klosters zahle für 1’200 Kilowattstunden Strom rund 300 Franken, ein 5-Personen-Haushalt für 13’000 Kilowattstunden 3’250 Franken. Korrekt ist: rund 400 Franken und 2’880 Franken. Die Textpassage wurde angepasst.