Geldblog: Schweizer StaatsverschuldungWem schuldet der Bund Milliarden?
Laut Statistik der Nationalbank leihen inländische Pensionskassen, Versicherer und Fonds der Eidgenossenschaft viel Geld – was uns alle zu Gläubigern macht.
Wo, oder besser gefragt, bei wem hat die Eidgenossenschaft Milliarden-Schulden? Leserfrage von H.N.
Die Staatsverschuldung erreicht weltweit Spitzenwerte. Viele Staaten machen immer mehr Schulden und viele Leute fragen sich, wie all die Schulden jemals wieder zurückbezahlt werden können. Wenngleich die Verschuldung der Eidgenossenschaft wegen der vor fast 20 Jahren eingeführten Schuldenbremse im internationalen Vergleich gut dasteht und weit geringer ist als in den meisten Ländern der Welt, sind auch bei uns die Schulden gestiegen.
Laut dem Eidgenössischen Finanzdepartement sitzt unser Land auf Bruttoschulden von rund 109 Milliarden Franken. Der Anstieg um 5 Milliarden Franken ist eine direkte Folge der Corona-Pandemie, als der Bund die negativen wirtschaftlichen Folgen abgefedert hatte. Der weitaus grösste Teil der Schulden der Eidgenossenschaft entfällt mit rund 81 Milliarden Franken auf Schuldpapiere, welche der Bund am Geld- und Kapitalmarkt herausgeben hat. Der Rest entfällt auf verschiedene Arten von Verbindlichkeiten wie offene Zahlungen gegenüber Steuerpflichtigen, Kantonen oder Unternehmungen des Bundes.
In den letzten paar Jahren war es für den Bund besonders attraktiv, Fremdkapital am Kapitalmarkt aufzunehmen. Aufgrund der historischen tiefen Zinsen notierte die Rendite der 10-jährigen «Eidgenossen» – also der Bundesanleihen der Schweiz – im Minus. Statt Zinsen zu zahlen bekam der Bund faktisch Geld, wenn er am Kapitalmarkt Fremdkapital aufnahm und Schulden machte. Die Zinskosten des Bundes sind in den letzten Jahren gesamthaft gesunken und machten im letzten Jahr rund 800 Millionen Franken aus.
Die «Eidgenossen» werden frei gehandelt und können sowohl von privaten Anlegerinnen und Anlegern als auch von institutionellen Investoren gekauft und gehalten werden. Aufgrund der negativen Rendite haben Privatinvestoren in den letzten Jahren einen Bogen um diese Bundesanleihen gemacht. Institutionelle Anleger haben aber nach wie vor grosse Bestände an «Eidgenossen» in ihren Depots. Auch wenn die Rendite leicht negativ war, war es für diese Anleger immer noch besser, diese Wertpapiere, die eine sehr hohe Sicherheit bieten, zu halten als Negativzinsen von 0,75 Prozent auf hohen Cashbeständen zu zahlen.
Wir alle finanzieren somit die Schulden des Bundes – einerseits als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, anderseits als Investoren über die Kapitalmärkte.
Neben den «Eidgenossen» mit langen bis sehr langen Laufzeiten beschafft sich der Bund auch Kapital über Geldmarktbuchforderungen, bei denen es sich um kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit von meist nur drei Monaten bis 12 Monaten handelt. Bei wem der Bund alles Schulden hat, kann auch dieser nicht genau sagen: Weil die «Eidgenossen» und weitere von der Eidgenossenschaft herausgegebene Geld- und Kapitalmarktpapiere frei gehandelt werden und nicht auf Namen lauten, hat auch der Bund keine konkrete Liste mit den Inhabern dieser Papiere.
Das eidgenössische Finanzdepartement verweist bei der Frage, bei wem der Bund Schulden hat, auf die Statistik der Schweizerischen Nationalbank, die einige Schlüsse ermöglicht, wie sich die Gruppe der Investoren zusammensetzt, welche die «Eidgenossen» hält und so dem Bund viel Kapital zur Verfügung stellt. Demnach besteht die Investorenbasis der eidgenössischen Anleihen «zu einem Grossteil aus inländischen Anlagefonds und Versicherungen, etwa 18 Prozent entfallen auf ausländische Anleger und der Rest verteilt sich auf Pensionskassen, Banken und andere inländische Investoren.» Wenn demnach weniger als ein Fünftel auf ausländische Anleger entfallen, bedeutet dies, dass der Bund zum weitaus grössten Teil Schulden bei Investoren aus dem Inland hat. Pensionskassen, Versicherer und Anlagefonds, verwalten ein Milliardenkapital, das ihnen von den Versicherten und Sparern anvertraut ist.
Indem diese einen Teil dieser Gelder in «Eidgenossen» investieren, kann man daraus ableiten, dass der Bund die meisten Schulden wohl bei uns allen hier in der Schweiz hat, da praktisch alle von uns einer Pensionskasse oder Versicherung angeschlossen sind und viele Gelder in Anlagefonds angelegt haben. Wir alle finanzieren somit die Schulden des Bundes – einerseits als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, anderseits als Investoren über die Kapitalmärkte. So gesehen haben wir alle ein grosses Interesse daran, dass der Bund seine Schulden laufend zurückzahlt und der Schuldenberg nicht noch grösser wird.
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