AboFragen an Hans Ulrich Obrist (16)Welche Rolle spielt Kunst in Zeiten des Krieges?
Die Flut der Bilder macht das Leid in der Ukraine und anderswo zu anonymen Ereignissen. Ein Kriegsbild von Rubens oder Picasso dagegen bleibt hängen – und wirkt.
In ihrer Rede zur Verleihung des Literatur-Nobelpreises vor drei Jahren sagte die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk, der unaufhaltsame Strom von Nachrichten und Bildern, der uns auf dem Smartphone, vor allem über die Sozialen Medien, überflute, irritiere und schmerze sie. Alles sei ortlos, unpersönlich und zweidimensional, denn permanent passiere «irgendwo» eben «irgendwem» halt «irgendwas» in «irgendeinem» Konflikt, die spezifische Information und der Einzelfall würden in der News- und Bilderflut einfach untergehen. Eine Erzählung dagegen, so Tokarczuk, sei immer ein Einzelfall, und wir als Leserinnen könnten gar nicht anders, als die Geschichte nach ihrem Sinn zu befragen, uns mit ihr auseinanderzusetzen.