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Das Geschäft mit der Sicherheit
Wie sich die Mächtigen schützen – Musk geht sogar mit den Bodyguards aufs WC

Mann in Anzug im Stil einer Collage mit blauen Silhouetten im Hintergrund.
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In Kürze:
  • Elon Musk wird rund um die Uhr von 20 Bodyguards beschützt.
  • Schweizer Firmen erhöhen Sicherheitsmassnahmen aufgrund zunehmender Bedrohungen.
  • Die Nachfrage nach privaten Sicherheitsdiensten steigt massiv – auch am WEF.
  • Personenschutz kostet grosse Firmen mittlerweile Millionenbeträge.

Wenn am Dienstag das WEF beginnt, ist auch Bekim Mzi mit seinen Männern vor Ort. Mzi ist Chef und Inhaber einer privaten Sicherheitsfirma. Zu den Details des Einsatzes sagt er – natürlich – nichts. Er stellt aber fest: «Die Nachfrage nach privaten Sicherheitsdienstleistungen ist in der Schweiz in den letzten Jahren massiv gestiegen.»

Wie gross das Geschäft mit der Sicherheit der Reichsten ist, verdeutlichen prominente Beispiele. Etwa jenes von Elon Musk. Der reichste Mann und Trump-Berater sagte unlängst: «Die Wahrscheinlichkeit, dass ein wahnsinniger Mörder versucht, dich umzubringen, ist proportional dazu, wie viele wahnsinnige Mörder deinen Namen hören.» Und seinen Namen höre man oft.

Was die Folgen sind, zeigt eine Recherche der «New York Times»: Voyager, so der Codename für Musk, wird mittlerweile von bis zu 20 Bodyguards gleichzeitig rund um die Uhr beschützt. Zusätzlich dient ihm ein Mediziner, der Soforthilfe leisten könnte. Sogar auf die Toilette begleiten ihn die Bodyguards. Denn: «Uns stehen gefährliche Zeiten bevor», orakelte Musk im Juli auf X. «In den letzten acht Monaten haben zwei Leute versucht, mich zu töten.»

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Wie real die Gefahren sind, mit denen sich Geschäftsführer und Firmengründer mittlerweile konfrontiert sehen, offenbart auch der Mord an United-Healthcare-Chef Brian Thompson. Thompson wurde am helllichten Tag in Manhattan auf der Strasse vor seinem Hotel erschossen. Für den kurzen Spaziergang zur gleich gegenüber stattfindenden Investorenkonferenz hatte er auf Personenschutz verzichtet.

Aufgerüttelt durch den Mord und die öffentlichen Sympathiebekundungen für Thompsons Mörder überprüfen aktuell viele Unternehmen ihre Sicherheitsvorkehrungen – auch in der Schweiz. Denn das Bild der Schweiz als Ort, an dem sich Wirtschaftsgrössen und hohe Politikerinnen und Politiker völlig unbeschwert in der Öffentlichkeit bewegen und sich ungeschützt an Veranstaltungen zeigen: Das entspreche nicht mehr der Realität, sagt Bekim Mzi, Chef und Inhaber der privaten Sicherheitsfirma Swiss Security Group

Kennt die Situation in der Schweiz: Bekim Mzi, CEO von Swiss Security Group, in seinem Büro.

Anders als in den USA werde zwar hierzulande nicht öffentlich über Personenschutz gesprochen. «Doch die Tatsache, dass man keine Personenschützer sieht, heisst nicht, dass niemand dabei ist.»

Dass sich immer mehr Leute in der Schweiz wegen ihres Berufs bedroht sehen, führt Mzi auf die geopolitischen Spannungen zurück, die das Gefühl der Unsicherheit verstärkten. Aber auch die offiziellen Zahlen des Bundesamts für Polizei (Fedpol) bezüglich schutzbedürftiger Personen des Bundes zeigen gegenüber den Jahren vor der Coronapandemie einen deutlichen Anstieg der eingegangenen Drohungen mit möglicher Fremdgefährdung.

Die Gesamtzahl war zuletzt zwar leicht rückläufig. Sie ist aber mit 62 Drohungen immer noch mehr als dreimal so hoch wie 2019. «Der Inhalt der Drohungen ist nach wie vor besorgniserregend, und der Ton bleibt besonders gehässig», schreibt das Fedpol in einem Bericht – konkreter will es nicht werden.

Schweizer Firmen äussern sich nicht öffentlich zu Drohungen gegen Chefs oder zu anderen Fragen der Sicherheit. Das sei üblich, sagt Mzi. Geraten Informationen nach aussen, müssten sie ihre Sicherheitskonzepte sofort überarbeiten.

Doch viele der grösseren Schweizer Firmen verfügen laut dem Experten mittlerweile über ein eigenes Riskmanagement. Für den Schutz ihrer Führungspersonen beauftragen die Verantwortlichen oft Firmen wie Bekim Mzis Swiss Security Group, die auf den bewaffneten Personenschutz spezialisiert ist.

Kopf frei haben in den Ferien

Mzi arbeitet seit 15 Jahren in der Sicherheitsbranche. Seit seiner Ausbildungszeit in den USA verfügt er über gute Kontakte zu amerikanischen Sicherheitsfirmen und arbeitete bei Auslandeinsätzen auch schon mit ihnen zusammen. Zu seinen Kunden zählen Manager, Prominente oder Influencer, die nach zusätzlichem Schutz fragen – entweder privat oder bei öffentlichen Veranstaltungen. 

So kümmerte er sich etwa um den Schutz einer spanischen Star-Fussballerin, als diese mit ihrer Equipe für ein Länderspiel gegen die Schweiz nach Zürich reiste. Oder er begleitete die Frau und Kinder eines Managers in die Ferien, weil dieser sich für die Familie zusätzlichen Schutz wünschte, «um beim Arbeiten den Kopf frei zu haben».

Wie Personenschützer vorgehen, hängt dem Experten zufolge stark von der Art des Auftrags ab. Forderten Firmenchefs etwa für eine Veranstaltung Schutz an, laufe der Hauptteil der Arbeit im Hintergrund ab: «Ein Teil des Teams besucht zum Beispiel im Vorfeld den Veranstaltungsort und erstellt in Absprache mit den Veranstaltern ein Sicherheitskonzept samt Routenplanung und Evakuierungsplan», erklärt Mzi. Die Begleitung würden dann andere Teammitglieder übernehmen. So laufe es auch aktuell am WEF in Davos.

Das Vorgehen bei Morddrohungen

Anders verhalte es sich bei einer akuten Bedrohungslage. Auch solche Aufträge habe er in letzter Zeit häufiger erhalten, sagt Mzi. Etwa von einer bekannten öffentlichen Person, die Morddrohungen erhalten habe. «In solchen Fällen erstellen wir gemeinsam mit der bedrohten Person vor Ort eine Risikoanalyse und besprechen, was vorrangig geschützt werden soll.»

Meist seien es Familienangehörige und der Wohnsitz, die dann von bewaffneten Personenschützern bewacht würden. Rund um die Uhr. Sieben Tage die Woche. Neben dem Schutz gehe es bei einem solchen Einsatz auch darum, den Betroffenen erstmals wieder eine ruhige Nacht Schlaf zu schenken und dabei ihr Leben nicht gänzlich auf den Kopf zu stellen.

Gruppe von fünf Personen verlässt das White House Tavern in Aspen, Colorado. Eine Person trägt eine Wintermütze und Sonnenbrillen, und es liegen Schnee und weihnachtliche Dekorationen auf dem Gehweg.

Wie einschneidend eine solche 24-Stunden-Überwachung ist, erfuhren während der Pandemie auch der damalige Gesundheitsminister Alain Berset und dessen Familie. Wie «Le Matin Dimanche» im November 2022 berichtete, wurde selbst das Chalet der Familie Berset in einem kleinen Waadtländer Bergdorf permanent überwacht, wenn der SP-Bundesrat dort war. Auf Wanderungen wurde Berset von bewaffneten Elitepolizisten begleitet, die ihm in einer Distanz von rund 50 Metern folgten.

Vollüberwachung: Teuer und personalintensiv

Fest steht: Kümmern sich private Sicherheitsdienste um einen solchen Rundumschutz, geht das ins Geld. «Weil die Aufmerksamkeit mit der Zeit nachlässt, sind solche Aufträge personalintensiv», sagt Mzi. Zudem seien die Stundenansätze für bewaffneten Personenschutz mit bis zu 150 Franken verhältnismässig hoch. «Eine mehrwöchige 24-Stunden-Bewachung kostet eine Summe im sechsstelligen Bereich», sagt Mzi.

In den USA leisten sie sich viele grosse Firmen. Aus Tesla-Dokumenten geht hervor, dass das Unternehmen allein in den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 für Musks Sicherheit 500’000 Dollar aufbrachte, mehr als das Fünffache als noch im Jahr 2019. Apple bezahlte 2023 insgesamt 820’000 Dollar für den Schutz von CEO Tim Cook, Meta für den Schutz von Mark Zuckerberg sogar 23,4 Millionen Dollar.

Bundesrat Beat Jans kommt mit dem Velo zu den Von-Wattenwyl-Gesprächen, begleitet von Weibel Jürg Zaugg, in der Altstadt von Bern.

Auch am WEF geht der Schutz der Wirtschaftsgrössen und Staatschefs in die Millionen: In und um Davos patrouillieren Polizisten aus der ganzen Schweiz. Wie viele es sind, geben die Behörden aus Sicherheitsgründen nicht bekannt. Der Kanton Graubünden entschädigt die anderen Kantone pro Polizist mit 750 Franken für einen 24-Stunden Einsatz.

Die Pauschale deckt jedoch nur einen Teil der Polizeikosten. Diese belaufen sich auf bis zu 9 Millionen, wovon der Veranstalter maximal 4,5 Millionen übernimmt. Den Rest teilen sich Bund, Kantone und die Gemeinde Davos.

Gemäss Fedpol und Sicherheitsspezialist Bekim Mzi ist auch die Situation in der Schweiz nicht mehr tiefenentspannt – und doch sind die Verhältnisse hierzulande mitunter noch ganz anders: So pendelt Bundesrat Beat Jans regelmässig mit dem Zug nach Bern und nimmt dann das Velo ins Büro – allein. Diese Freiheit kann sich Elon Musk auch mit all seinen Milliarden nicht erkaufen.