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Gastbeitrag
Wo sich WEF-Gründer Klaus Schwab irrt

epa11079207 A participant takes photos in the main hall of the congress centre, on the first day of the 54th annual meeting of the World Economic Forum (WEF), in Davos, Switzerland, 15 January 2024. The meeting brings together entrepreneurs, scientists, corporate and political leaders in Davos under the topic 'Rebuilding Trust' from 15 to 19 January.  EPA/GIAN EHRENZELLER

Klaus Schwab, Gründer und Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums (WEF), hat recht: «Die Wiederherstellung des Vertrauens in unsere Zukunft ist von grösster Bedeutung», schreibt er in seinem Gastbeitrag. Damit das gelingt, müssen wir drei Dinge tun:

1. Angst und Missmut anerkennen. Weltweit wachsen die Ungleichheiten – bei 1,7 Milliarden Menschen halten die Löhne nicht mit der Inflation mit. Überschwemmungen legen ganze Volkswirtschaften lahm. Die Weltmeere und der Amazonas und damit die Lungen unseres Planeten, stehen vor irreversiblen Kipppunkten. 

Angst und Missmut sind berechtigt. Bisherige Massnahmen greifen nicht, allen Versprechen und Bemühungen der Verantwortungsträger zum Trotz. Wie auch? Seit Jahrzehnten wetten CEOs und Politikerinnen in Davos mit dem «Wirtschaftswachstum» auf ein Pferd, das noch kein Rennen gewonnen hat. Kein Wunder, denn es rennt in die falsche Richtung.

2. Ehrlich über die Ursachen sprechen. Die Welt ist weniger resilient als zu Zeiten der WEF-Gründung; obwohl die globale Wirtschaft so gross ist wie nie zuvor. Zufall? Nein, im Gegenteil. Seit den 1950er-Jahren messen wir den Erfolg unserer Volkswirtschaften daran, wie stark sie wachsen – egal, wie es um Ungleichheit, Umweltzerstörung, Gesundheit und Zufriedenheit steht.

Ein Drittel aller neu geschaffenen Werte geht an 1 Prozent der Weltbevölkerung. Die restlichen 99 Prozent teilen sich die übrigen zwei Drittel. Die Ungleichheiten werden grösser, nicht kleiner; die meisten Menschen ärmer, nicht reicher.

Eine Folge des Wachstums: Wir haben die sichere Zone verlassen. Unser Wohlstand und unsere wirtschaftlichen Aktivitäten basieren auf funktionierenden Ökosystemen. Kollabieren sie, sind wir mitbetroffen. Eine Greenpeace-Studie aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass auch die Schweizer Volkswirtschaft die planetaren Grenzen sprengt.

3. Wirklich innovative Lösungen vorantreiben. «Wir befinden uns an einem entscheidenden Punkt der Geschichte, aber wir halten immer noch an veralteten Lösungen fest», schreibt Klaus Schwab. Seine Rezepte – «technologischer Fortschritt» und «nachhaltiges Wirtschaftswachstum» – sind jedoch alter Wein in alten Schläuchen. Innovativ ist das nicht.

Das WEF favorisiert Lösungen, die Umwelt- und Sozialkrisen verschärfen und geopolitische Instabilität und Kriege fördern. Auf einem endlichen Planeten gibt es kein unendliches Wachstum. Es zermürbt unsere Lebensgrundlagen und bringt sie Jahr für Jahr näher an den Kollaps. Das Gute: Wir können Umweltkrisen abwenden, indem wir unser Wohlergehen über das Wachstum stellen.

Wirklich innovativ sind Krisenmassnahmen, die uns aus der Wachstumsleier befreien, wie zum Beispiel Investitionen in gemeinschaftliche Güter und wachstumsunabhängige Institutionen. Zum Beispiel indem wir Arbeit weniger besteuern und dafür Vermögen, Erbschaften und Primärressourcen stärker belasten. Eine Steuer von bis zu 5 Prozent für Multimillionäre und Milliardäre brächte pro Jahr weltweit über 1500 Milliarden an Einnahmen. Ein Betrag, der gemäss Oxfam ausreicht, 2 Milliarden Menschen aus der Armut zu befreien.

Mit einem Richtungswechsel haben wir mehr zu gewinnen, als uns vielleicht bewusst ist. Was zählt, ist das gute Leben für alle und nicht der Profit für wenige. Verbessern sich die Aussichten, kommt auch das Vertrauen in die Zukunft.

Agnes Jezler ist Expertin für «Change» bei Greenpeace Schweiz.