Rochade an SIG-Spitze Ralph Friedländer ist neuer Präsident des Israelitischen Gemeindebunds
Der bisherige Vizepräsident löst Ralph Lewin als Präsident ab. Lewin übernimmt seinerseits das Vizepräsidium.

Die Delegierten des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds haben eine Rochade an der Spitze ihrer Organisation vollzogen. Der bisherige Vizepräsident Ralph Friedländer löst Ralph Lewin als Präsident ab. Lewin übernimmt neu das Vizepräsidium.
Die 94 Delegierten wählten Friedländer ohne Gegenkandidatur per Akklamation, wie der Israelitische Gemeindebund (SIG) am Sonntag mitteilte. Der neue Präsident ist Mitglied der Jüdischen Gemeinde Bern (JGB). Seit 2020 war er Vizepräsident des SIG und bis dahin Präsident der JGB.
Ralph Friedländer wurde 1959 in Maputo (Mosambik) geboren und wuchs in Genf und Lugano auf. Der studierte Psychologe blickt auf eine über 30-jährige Karriere beim Bund zurück. Unter anderem arbeitete er beim Staatssekretariat für Wirtschaft und bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit.
Bis Ende Mai leitete er die Geschäftsstelle der ausserparlamentarischen Kommission für internationale Zusammenarbeit. Nach seiner Pensionierung verfüge Freidländer nun über die nötigen Ressourcen für das Präsidentenamt, schrieb der SIG.
«Gewaltige Welle» von Antisemitismus
In einem Interview mit dieser Redaktion sprach Friedländer kürzlich ausführlich über die Veränderungen, welche Israel seit dem 7. Oktober prägen – er besuchte im November Orte, welche die Hamas angegriffen hatte: «Ich habe Häuser gesehen, die von Raketen getroffen wurden. Ich sprach mit Familien von verschleppten Geiseln und mit Leuten, die in Hotels Notunterkunft bezogen haben. Die Restaurants waren geschlossen, die Leute haben getrauert. Ich habe die bedrückte Stimmung in einem Land erlebt, das ich stets als fröhlich, vielfältig und kreativ wahrgenommen hatte.»
Die Verherrlichung der Gewalt, des Märtyrertums und des Todes durch Terrororganisationen wie die Hamas stehe in Kontrast zur Idee einer offenen, freiheitlichen Gesellschaft, so der neue SIG-Präsident.
In der Schweiz sieht Friedländer eine «gewaltigen Welle» von Antisemitismus, die nach dem Überfall der Hamas vom 7. Oktober durch die Schweiz gehe. Er fordert deshalb, dass Antisemitismus Teil des Lehrplans wird, und dass die Schweiz mehr Mittel in die Bekämpfung investiert.
Dass der Bund inzwischen fünf Millionen Franken in den Schutz von jüdischen Einrichtungen in der Schweiz investiert, sei eine «grosse Entlastung» für die Gemeinden. Diese Hilfe müsse aber «nachhaltig spürbar bleiben», weil man davon ausgehen müsse, dass sich die Sicherheitslage in den nächsten Jahren noch verschlechtern werde.
Anspruchsvolles Amt nach dem 7. Oktober
Ralph Lewin gibt sein Amt als Präsident nach vier Jahren ab. Der 71-Jährige sass einst für die SP Regierungsrat in Basel. In einem Gespräch mit der NZZ räumte Lewin ein, dass ihn der Arbeitsaufwand als SIG-Präsident überrascht habe, besonders nach dem Terrorüberfall der Hamas. Bei den SIG-Präsidentenwahl 2020 hatte er in einer Kampfwahl gegen Friedländer gesiegt.
SDA/sme
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