Wassernot in KolumbienBogotás Bürgermeister empfiehlt Duschen zu zweit
Die Hauptstadt leidet an der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren. Die Regierung stellt den 9 Millionen Einwohnern regelmässig das Wasser ab und fordert sie zum Sparen auf.
In Bogotá wissen wohl gerade viele Menschen nicht, ob sie lachen oder weinen sollen. Bürgermeister Carlos Fernando Galán hat Anweisungen zur Körperhygiene erlassen, die erst mal befremdlich wirken. Wer am Sonntag nicht aus dem Haus gehe, könne aufs morgendliche Duschen verzichten. Eine Dusche am Montag, so Galán, reiche. Länger als fünf Minuten solle sowieso niemand mehr unter die Brause. Und wer in einer Partnerschaft lebe, könne ja zu zweit duschen. Selbstverständlich nur, um Wasser zu sparen, wie der liberale Bürgermeister im kolumbianischen TV verschmitzt anfügte.
Galáns Duschregeln haben einen ernsten Hintergrund. Bogotá geht das Wasser aus. Die Stauseen, die die kolumbianische Hauptstadt mit Trinkwasser versorgen, sind nur zu 16 Prozent gefüllt. So wenig Wasser gab es letztmals vor 40 Jahren.
Verantwortlich für die Misere ist das Wetterphänomen El Niño (lesen Sie hier einen Hintergrundartikel über das Wetterphänomen), das Winde und Ozeanströme verändert und vom Klimawandel noch verstärkt wird. An der Westküste Südamerikas führt es seit Monaten zu einer grossen Trockenheit. Davon ist auch Bogotá betroffen, das auf 2625 Meter über Wasser liegt und eigentlich den wenig schmeichelhaften Ruf eines Regenloches hat. Das hat sich zuletzt aber geändert. Gemäss den lokalen Behörden gibt es in Kolumbiens Hauptstadt wegen El Niño schon seit vergangenem Juni viel zu wenig Niederschlag.
Als «kritisch» bezeichnete Bürgermeister Galán die Pegelstände der Wasserreservoire. Wenn die Regierung nicht handle, sei das Wasser schon in 50 Tagen aufgebraucht, sagte der 46-jährige Politiker während einer Pressekonferenz Anfang Woche. Der Verbrauch von aktuell siebzehn Kubikmetern pro Sekunde müsse auf fünfzehn reduziert werden, was einer Reduktion von knapp 12 Prozent entspricht. «Wir dürfen jetzt keinen Tropfen Wasser verschwenden», sagte Galán – und kündigte einschneidende Massnahmen an.
Die sind unterdessen bereits angelaufen. Seit Donnerstag rationieren die Behörden in der Hauptstadt das Leitungswasser. Dafür wird die Stadt in neun Zonen unterteilt. Ab 8 Uhr morgens wird wechselweise in einer Zone um 8 Uhr morgens das Wasser für 24 Stunden abgestellt. Somit muss jeder Einwohner, jede Einwohnerin jeden neunten Tag ohne Leitungswasser auskommen. Einzig für Schulen und Spitäler gibt es Notfallpläne.
Lieder für schnelles Duschen
Die Rationierung trifft nicht alle Hauptstadtbewohner gleich stark. Viele Gebäude haben Wassertanks auf den Dächern. Wer in einem Haus mit vollen Wassertanks lebt, kann je nachdem auch duschen, wenn die Regierung die Wasserversorgung kappt. Und wer es sich leisten kann, deckt sich ohnehin mit Wasserkanistern ein. Das haben in den vergangenen Tagen wohl viele Bewohnerinnen und Bewohner Bogotás gemacht. In den Tagen vor der Rationierung ist der Wasserverbrauch nochmals angestiegen.
Die Zwangsrationierung wird von einer Werbekampagne begleitet, die unnötigen Wasserverbrauch minimieren soll. So haben die Behörden eine Playlist von «Duschliedern» erstellt, die allesamt weniger als fünf Minuten dauern, was die effiziente Körperhygiene fördern soll. In Videos wird auch vor tropfenden Wasserhähnen gewarnt.
Die Behörden werden alle 15 Tage über den Wasserverbrauch der Bevölkerung und den Pegelstand der Stauseen berichten. Je nachdem beschliesst die Regierung, ob die Massnahmen beibehalten, gelockert oder im schlimmsten Fall verschärft werden müssen.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Viele trösten sich mit Galgenhumor. Soziale Netzwerke werden von Dusch- und Wasserwitzen regelrecht geflutet. «Die Stauseen werden sich mit den Tränen der Bevölkerung füllen», schreibt eine Userin auf Twitter. Viele Kolumbianerinnen und Kolumbianer aus abgelegenen Regionen nutzen den Wassernotstand, um sich über die Hauptstädter lustig zu machen.
Die müssen voraussichtlich noch längere Zeit mit der Rationierung leben. Von April bis Juni herrscht in Bogotá eigentlich Regenzeit. Doch für die nächsten Tage zeigt die Wettervorhersage kaum Niederschlag an. So schnell dürften sich die Stauseen nicht füllen. Im kolumbianischen TV sagte die zuständige Beamte, die Rationierung könne gar ein ganzes Jahr andauern. In Bogotá sind harte Zeiten angebrochen für ausgiebige Alleinduscher.
Fehler gefunden?Jetzt melden.