Zoff um «Informationstafeln»Wasser-Schützer erheben Einsprache
Der Bauernverband und die Initianten der Trinkwasserinitiative liegen sich in den Haaren. Auslöser sind Schilder mit Auskünften über Pestizide – die nun zum Fall für die Juristen werden.
Aufmerksamen Spaziergängern dürften sie längst aufgefallen sein. Entlang von Feldwegen stehen seit längerem sogenannte Informationstafeln, wie sie ihr Erschaffer, der Schweizer Bauernverband (SBV), nennt. «Das Schweizer Trinkwasser ist von einwandfreier Qualität!», steht da zum Beispiel. Oder: «Ohne Pflanzenschutzmittel müssen die Bauern mit Mindererträgen von 30 bis 40 Prozent rechnen.»
Die Aktion ist umstritten – und wird nun zum Fall für Juristen, wie Recherchen dieser Zeitung zeigen. Im Kanton Solothurn erheben die Promotoren der Trinkwasserinitiative beim kantonalen Amt für Raumplanung Einsprache. In ihrer Einschätzung handelt es sich bei den Tafeln um eine «Kommunikationsmassnahme» gegen das Volksbegehren, das Landwirten nur noch Subventionen gewähren will, unter anderem wenn sie auf den Einsatz von Pestiziden verzichten. Sie sehen darin also ein Abstimmungsplakat.
Die Initianten verweisen dazu auf die Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate des Kantons Solothurn. Demnach dürfen Plakate, die direkt oder – wichtig in diesem Zusammenhang – indirekt mit einer Abstimmung in Verbindung stehen, frühestens sechs Wochen vor dem Urnengang aufgestellt werden. Wann das Schweizer Stimmvolk über das Begehren befindet, steht noch nicht fest, es wird wohl 2021 der Fall sein.
«Auf den Informationstafeln wird keinerlei Bezug zu den Initiativen genommen.»
Für Initiantin Franziska Herren ist klar: «Ohne Abstimmung würde es diese Tafeln nicht geben.» Der Zusammenhang sei offensichtlich, die Botschaften des SBV würden direkt die Argumente der Initiative erwidern. Der Bauernverband sieht das anders. «Auf den Informationstafeln, die ich auch auf meinem Betrieb aufgestellt habe, wird keinerlei Bezug zu den Initiativen genommen», sagt Präsident Markus Ritter. (Neben der Trinkwasserinitiative ist auch die Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» in der Pipeline.) «Es ist uns ein Anliegen», so der CVP-Nationalrat weiter, «die Bevölkerung in Kenntnis zu setzen, warum wir in der Landwirtschaft was tun.» Das Interesse sei gross, da heute 75 Prozent der Bevölkerung in urbanen Räumen leben würden und kaum mehr einen direkten Bezug zur Landwirtschaft hätten.
Behörden widersprechen
Indes, die Tafeln stehen zumindest im Kontext der seit längerer Zeit laufenden Kontroverse um Pestizide. Im Mai 2019 etwa hat der Bauernverband selber geschrieben, Ziel der Kampagne sei es, «die laufende Diskussion z.B. rund um Pflanzenschutzmittel zu versachlichen». Damals wurde Ritter in verschiedenen Medien mit der Aussage wiedergegeben, dass ohne die Initiativen die Kampagne «sicher nicht in diesem Umfang» gefahren würde.
Die Solothurner Behörden haben den Initianten am 5. August eine erste Einschätzung der Causa vorgelegt, wie ein entsprechender Mailverkehr zeigt. Sie kommen zum Schluss, es handle sich nicht um Abstimmungsplakate, zumindest solange keine Parolen oder direkten Bezüge zur Initiative geschaffen werden. Vielmehr seien es «Informationstafeln». Die Trinkwasserinitianten fordern die Solothurner Behörden auf, zügig vorwärtszumachen. Die Beurteilung der Causa «lässt keinen Aufschub zu», die «ungleiche Informationsmöglichkeit» verstosse gegen ein ordentliches Abstimmungsverfahren.
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