Umstrittener MobilfunkstandardWas Sommarugas Versprechen für den 5G-Ausbau heisst
Simonetta Sommaruga kündigt an, dass der Bundesrat an den tiefen Grenzwerten für 5G-Antennen festhält. Damit wird der Ausbau des neuen Mobilfunknetzes verlangsamt, aber nicht gestoppt.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ausgerechnet zum Auftakt der Digitaltage am Sonntag versprach Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, dass der Bundesrat die strengen Vorgaben für 5G-Antennen beibehält: «Basis für die weiteren Arbeiten sind die heutigen Grenzwerte», sagte die zuständige Kommunikationsministerin mit Blick auf den Aufbau des schnellen Mobilfunknetzes in der Schweiz.
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Damit stützt die Landesregierung zwei Entscheide des Parlaments in Bern, das sich ebenfalls gegen höhere Grenzwerte ausgesprochen hat. Doch genau das fordern Swisscom, Sunrise und Salt. Die hiesigen Mobilfunkanbieter machen darauf aufmerksam, dass es ohne zusätzlichen Spielraum bei den Grenzwerten keinen raschen und flächendeckenden Ausbau der fünften Mobilfunkgeneration gebe. Die Schweiz laufe Gefahr, ihren technologischen Vorsprung gegenüber anderen Ländern zu verlieren.
5G-Gegner zeigen sich erleichtert
Bei den 5G-Gegnern, welche gesundheitliche Schäden durch die Strahlung von 5G-Sendemasten befürchten, löst die Ankündigung von Sommaruga Freude aus: «Wir sind erleichtert, dass der Bundesrat sein Wort halten will», sagt Rebekka Meier vom Verein «Schutz vor Strahlung».
Allerdings werde der Verein genau hinschauen, ob der Bundesrat auch bei den sogenannten adaptiven Antennen mit offenen Karten spiele. Sommaruga schlägt vor, dass diese Technologie zum Einsatz kommen soll. Adaptive Antennen strahlen nur, wenn Anwender 5G tatsächlich benutzen. Auch für diese Sendeanlagen sollen die heutigen Grenzwerte gelten.
Das Festhalten an den bisherigen Grenzwerten bedeutet, dass der Aufbau der 5G-Netze verzögert wird. Weil viele bestehende Antennen nicht mit mehr Leistung benutzt werden können, sind zusätzliche Sendemasten nötig.
Dagegen regt sich aber zunehmend Widerstand aus der Bevölkerung und Politik. Die Mobilfunkanbieter müssen deshalb heute damit rechnen, dass die zuständigen Behörden nur eines von 10 Baugesuchen behandeln und bewilligen. Das bereitet auch der Eidgenössischen Kommunikationskommission Sorgen. Die Regulationsbehörde hat deswegen beim Bundesrat interveniert.
5G-Baustopps sind verfassungswidrig
Aufhalten lässt sich die Telecombranche indes nicht. Zwar können Swisscom & Co. die Politik nicht zwingen, die Grenzwerte wie gewünscht zu verändern. Gegen willkürliche Entscheide von Behörden will die Branche jedoch entschlossen vorgehen. So haben einzelne Kantone wie Genf, Waadt und Jura einen Baustopp für 5G verfügt. Diese Blockaden sind jedoch verfassungswidrig.
Die Chancen für einen Erfolg der Telecombetreiber vor den Gerichten sind deshalb intakt. Denn die Eidgenossenschaft hat den Mobilfunkanbietern für total 380 Millionen Franken 5G-Lizenzen versteigert. Im Gegenzug haben die Unternehmen das Recht, diese auch uneingeschränkt zu nutzen.
«Es kann nicht sein, dass wir bei Einhaltung von allen Gesetzesbestimmungen und Grenzwerten beim Ausbau von Technologien blockiert werden. Wir werden an gewissen Orten auch den Rechtsweg beschreiten», kündigte daher Swisscom-Chef Urs Schaeppi bei der Präsentation der jüngsten Quartalszahlen an.
Allein bei der Swisscom verdoppelt sich der Datenverbrauch jedes Jahr. Treiber sind vor allem Videos.
Marktführer Swisscom deckt nach eigenen Angaben bereits über 90 Prozent der Schweizer Einwohner mit dem 5G-Netz ab. Sunrise als Nummer zwei des Landes gibt an, dass die Kunden zuletzt in 621 Ortschaften 5G empfangen können. Beide Betreiber hatten das schnelle Mobilfunknetz im Frühling 2019 lanciert.
Salt hat 5G im vergangenen August aufgeschaltet. Die Abdeckung der Bevölkerung konnte das Unternehmen nicht beziffern. «Wir bauen 5G kontinuierlich aus», sagte Firmenchef Pascal Grieder gegenüber der Nachrichtenagentur AWP lediglich.
Auch mit technischen Kniffen können die Mobilfunkanbieter ihre 5G-Netze ausbauen, ohne dass sie Baubewilligungen für Antennen einreichen müssen. So ist es möglich, bestehende Anlagen durch ein Softwareupdate auf die Basisversion von 5G aufzudatieren. Die Swisscom hatte Anfang Jahr von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
5G erlaubt es unter anderem, grössere Datenmengen schneller und effizienter zu übermitteln. Das kommt nicht nur privaten Anwendern zugute, sondern auch der Industrie. Allein bei der Swisscom verdoppelt sich der Datenverbrauch jedes Jahr. Treiber sind vor allem Videos.
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