Corona-MedienkonferenzTaskforce-Chef: «Aus wissenschaftlicher Sicht genügen die Massnahmen nicht»
Die Fallzahlen steigen rasant, in bis zu drei Wochen sind die Intensivstationen am Anschlag. Die Sicht der Experten auf die Corona-Lage im Ticker zum Nachlesen.
Das Wichtigste im Kürze:
Die Schweiz hat bei den Fallzahlen alle Nachbarländer überholt. Grund sind laut den Experten das «kältere Wetter, die hohen Zahlen Anfang Herbst und die Lockerheit im Sommer».
Am Freitag hat der Bund 6634 Neuinfizierungen mit dem Coronavirus gemeldet. Das ist mehr als eine Verdoppelung in einer Woche.
Auch die Hospitalisierungen verdoppeln sich jede Woche. Die kritische Kapazität auf den Intensivstationen ist laut Taskforce-Chef Martin Ackermann in zwei bis drei Wochen erreicht.
Das Contact Tracing hat seine Grenzen erreicht. Betroffene sollen enge Kontakte selber informieren.
Aus wissenschaftlicher Sicht genügen die aktuellen Massnahmen nicht. Die Taskforce fordert vom Bundesrat drastische Eingriffe.
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Zusammenfassung
Die heute geltenden schweizweiten Massnahmen reichen bei weitem nicht, in zwei bis drei Wochen ist die Kapazität der Intensivbetten erreicht, die Testkapazitäten kommen bald an ihre Grenzen und das Contact Tracing funktioniert in den meisten Kantonen nicht mehr.
Dieses Fazit zogen Vertreter des Bundes und der Kantone am Freitag vor den Bundeshausmedien. «Die heute geltenden Massnahmen auf Bundesebene reichen bei weitem nicht aus», sagte Martin Ackermann, Präsident der wissenschaftlichen Covid-19-Taskforce des Bundes. Die Eindämmungsstrategie funktioniere nicht mehr richtig, viele Fälle würden gar nicht mehr entdeckt.
Es müsse nun rasch gehandelt werden. «Wir müssen jetzt handeln. Wenn wir heute Massnahmen treffen, wirken sie in zwei Wochen. Die Kapazität der Intensivbetten ist aber in zwei bis drei Wochen erreicht», sagte Ackermann auf die Frage eines Journalisten, ob die Schweiz noch Zeit habe, bis der Bundesrat am Mittwoch neue schweizweite Massnahmen verhänge.
Ab sofort das Richtige tun
Jede Woche verdopple sich das Problem: Verdoppelung der Fallzahlen, Verdoppelung bei den Hospitalisierungen und Verdoppelung bei den Todesfällen. Eine Eindämmung sei in unser aller Interesse. «Wir haben keine Hinweise darauf, dass das Virus weniger tödlich ist als im Frühling.» Die Taskforce empfehle, schnell Massnahmen zu treffen und diese «bis im März oder April durchgehend in Kraft zu lassen», um die Epidemie nachhaltig einzudämmen.
Gleichzeitig rief Ackermann dazu auf, nicht auf neue Massnahmen der Behörden zu warten, sondern individuell die Kontakte auf ein Minimum zu beschränken: «Warten wir nicht auf Massnahmen, tun wir das Richtige, ab sofort», sagte Ackermann.
Testkapazitäten sind bald ausgeschöpft
Angesprochen auf die Frage, ob denn der Bundesrat genug schnell reagiere, sagte Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten im Bundesamt für Gesundheit (BAG): «Es geht vorwärts.» Das BAG mache eine Lagebeurteilung in Zusammenarbeit mit der Taskforce. «Die diversen Akteure haben durchaus ihre Verantwortung übernommen – Bund und Kantone gemeinsam.»
Mit den stark steigenden Corona-Fallzahlen gingen der Schweiz aber langsam die Testkapazitäten aus. «Wenn die Entwicklung so weiter geht, werden wir die Testkapazitäten überschreiten», erklärte Kuster. «Es geht um Reagenzien, Laborkapazitäten, medizinische Kapazitäten.» Die Lage sei angespannt. Ins Auge steche die hohe Positivitätsrate von über 20 Prozent. Jeder fünfte Test ist positiv. Betroffen sind laut Kuster weiterhin alle Altersklassen und Kantone.
Contact Tracing hat seine Grenzen erreicht
Wo sich die Menschen ansteckten, sei immer weniger bekannt, sagte Rudolf Hauri, Zuger Kantonsarzt und Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte. Die Verfolgung der Fälle durch das Contact Tracing habe seine Grenze erreicht: «Wir haben einen Getriebeschaden.» Deshalb könne er nur dazu aufrufen, dass Infizierte enge und gute Bekannte selbst informierten, damit sie sich vorsichtig verhalten und in Selbstquarantäne begeben könnten.
Hinter den nüchternen Fallzahlen würden zunehmend wieder ältere Personen und Personen mit Vorerkrankungen stecken. Ein Fünftel der positiven Fälle sei zwischen 50 und 65 Jahre alt, jeder Zehnte über 65, gesamthaft rund ein Drittel über 50 Jahre. Das werde sich auf die Zahl der Hospitalisierungen auswirken.
Pflegepersonal ist gefordert
Mit den steigenden Covid-19-Erkrankten auf den Intensivstationen stiegen auch die Anforderungen an das Pflegepersonal erheblich, sagte Andreas Stettbacher, Bundesdelegierter für den Koordinierten Sanitätsdienst (KDS). Bei Engpässen in den Spitälern könnten die Kantone auch wieder die Hilfe der Armee anfordern. «Einige Kantone sind daran, die Hilfe vorzubereiten.» Auch wenn das Virus sich stark in Alters- und Pflegezentren ausbreite, könne die Armee helfen.
Mit den Einschränkungen und Massnahmen kommen auch die Betriebe wieder unter Druck. «Nicht alle Unternehmen werden diese Krise überleben», sagte Erik Jakob, Leiter der Direktion für Standortförderung beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Dieser Realität müsse man ins Auge schauen. Im Covid-Gesetz würden Härtefälle zum Tragen kommen. Es gäbe durchaus Möglichkeiten, die Kurzarbeit wieder breiter zu erlauben – etwa auch für Temporär-Beschäftigte.
MK ist zu Ende
Die Pressekonferenz ist beendet.
Unterstützung für geschlossene Betriebe?
Es gibt keine Möglichkeit für Unternehmen, erneut Corona-Kredite zu beantragen. Muss der Staat geschlossenen Betireben nun trotzdem noch einmal unter die Arme greifen? «Das ist im Covid-19-Gesetz geregelt», sagt Eric Jakob. «Die Kantone haben in diesem Fall jedoch die bessere Übersicht und sollen jetzt Konzepte erarbeiten, wie die Wirtschaft gestützt werden kann.»
Die Schliessungen seien dabei nur ein Faktor. «Der andere ist, dass die Leute aus Angst vor einer Infektion gar nicht mehr weggehen oder verreisen wollen», sagt Jaokb
Kandidaten für die Härtefallregelung sind laut dem Leiter der Direktion für Standortförderung vom Seco im Eventbereich, Tourismus, Gastronomie. Bis das Geld für Härtefälle ausbezahlt wird, dauert es jedoch lange. «Jetzt sind wir in der Besonderen Lage. Es gelten wieder die ordentlichen Prozesse», erklärt Jakob. Dort dauere die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen länger, das heisst, dass auch mehr Zeit vergeht, bis etwas geschieht.
«Es ist wichtig, dass die Kantone hier im Lead sind», sagt Jakob. Die Kantone sollen nun Unterstützung an bedürftige Betriebe sprechen, der Bund werde das dann kofinanzieren. «Bund und Kantone können aber nicht alle Betriebe retten, das würde die Möglichkeiten des Staates überfordern.» Die Verantwortung müsse unbedingt zwischen Bund und Kantonen aufgeteilt werden.
Sollte der Bundesrat früher eingreifen?
Der Bunderat will erst am Mittwoch über verschärfte Massnahmen diskutieren. Könnte es dann aber bereits zu spät sein? «Es geht nun darum, die Zahlen zu senken. Aus wissenschaftlicher Sicht genügen die aktuellen Massnahmen dafür klar nicht», sagt Martin Ackermann.
Es sei aber ein Problem, dass sich neue Corona-Regeln erst in etwa zwei Wochen auswirken werden. «Aus wissenschaftlicher Sicht kann ich die Situation nur beschreiben», so Ackermann. Er wolle sich kein Urteil über die Politik erlauben.
Stefan Kuster ergänzt: «Das BAG macht eine Lageeinschätzung, der Bundesrat berät und evaluiert. Die Akteure haben durchaus ihre Verantwortung wahrgenommen, Bund und Kantone gemeinsam.» Verschiedene Kantone hätten zudem teilweise einschneidende Massnahmen ergriffen. Die Entscheidungsträger wären, falls es die Situation erfordere, sicher auch in der Lage, allenfalls früher zu entscheiden, ergänzt Kuster.
Verläuft die 2. Welle weniger tödlich als erwartet?
«Es gibt Faktoren, die die Mortalität aktuell niedrig halten. Man hat Erfahrung gesammelt, man kann die Patienten besser behandeln», erklärt Martin Ackermann. Zudem seien nun viele Corona-Patienten jünger als im Frühjahr. Diese haben eine tiefere Sterblichkeit als ältere Personen.
Berichten zufolge hat sich das Virus mutiert und könnte künftig weniger tödlich sein. Laut Ackermann gibt es jedoch wenig Hoffnung dafür: «Es gibt keine Anzeichen, dass sich das Virus verändert hätte auf eine Art, die weniger tödlich ist.»
Dunkelziffer steigt wieder
Aufgrund der selektierten Teststrategie des Bundesrats wurde im Frühjahr immer wieder von einer hohen Dunkelziffer an Ansteckungen gesprochen. «Die Schätzung der Dunkelziffer war im Frühjahr bei Faktor 10, im Sommer bei Faktor 2», erläutert Martin Ackermann. Für die aktuelle Situation gebe es noch keine genaue Schätzung. «Die Dinkelziffer ist aber sicherlich auch wieder gestiegen. Das zeigt auch die hohe Positivitätsrate.»
Wann kommt das Pflegepersonal an den Anschlag?
«Bei der Bettenkapazitäten werden immer nur die Betten gerechnet, die auch betreut werden können», erklärt Andreas Stettbacher. Wenn die Zahlen an verfügbaren Betten sinke, könne der Grund auch darin liegen, dass das Gesundheitspersonal nicht mehr nachkomme.
Was hält die Taskforce von Grossveranstaltungen?
Mehrere Kantone haben in dieser Woche Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen wieder verboten. Solche Gross-Events wurden vom Bund erst ab dem 1. Oktober wieder erlaubt. Was hält die Taskforce davon? «Wenn grosse Menschenmengen zusammenkommen, gibt es immer ein erhöhtes Risiko», sagt Martin Ackermann. «Die Schutzkonzepte helfen zwar beispielsweise im Stadion, nicht aber bei Ansteckungen ausserhalb der Stadien.»
Braucht es mehr Hilfe für Gastrobetriebe?
Gastrobetriebe sind in vielen Kantonen bereits von strengeren Massnahmen betroffen. So müssen Restaurants im Wallis um 22 Uhr schliessen und dürfen pro Tisch nur noch vier Personen bewirten. Soll die Gastronomie nun vom Bund stärker finanziell unterstützt werden? «Der Bund geht da ja weiter», sagt Eric Jakob. Er spricht die Covid-Kredite sowie die Kurzarbeit an. «Die Kantone können aber jetzt bereits damit beginnen, finanzielle Unterstützung zu sprechen.» Dies, um Wartezeiten bis im Februar zu überbrücken.
Wie konnten wir alle Nachbarländer überholen?
«Aus unserer Sicht gibt es zwei Faktoren, die zu der Beschleunigung im Oktober beigetragen haben», erklärt Ackermann. «Einerseits das kältere Wetter, andererseits die bereits hohen Fallzahlen Anfang Herbst.» Zudem sei anzumerken, dass die Schweiz im europäischen Vergleich über den Sommer hinweg «sehr lockere Massnahmen» hatte.
Laut Stefan Kuster könne man den Grund für den Stand der Schweiz im europäischen Vergleich jedoch aktuell nicht zu 100 Prozent erklären. Zum Corona-Dashboard.
Gibt es noch genügend Tests?
Stefan Kuster wird zur aktuellen Testkapazität befragt. In gewissen Spitälern gibt es bereits Engpässe beim Testing. «Die Kapazitäten sollen ausgebaut werden», erklärt Kuster. «Die Lage ist angespannt. Wenn die Fallzahlen weiterhin so stark ansteigen, werden wir die Kapazität bald erreichen.»
Lesen Sie dazu auch: Testen nur noch bei Symptomen – Alles über den Corona-Test
Frage zum Kanton Zürich: «Jetzt reagieren»
Nun haben die Journalisten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Der Kanton Zürich hat sich entschieden, die Corona-Massnahmen noch nicht zu verschärfen. Laut Ackermann gibt es keine Zeit mehr, abzuwarten. «Wir müssen jetzt reagieren, damit wir Schlimmeres verhindern können.» (Diese Massnahmen fordert die Taskforce vom Bundesrat).
Die Entscheidung des Bundesrats, erst am kommenden Mittwoch strengere Massnahmen zu beschliessen, will Ackermann nicht direkt kommentieren. «Es gibt ja schon Regelungen, die ergriffen werden», so Ackermann. Der Knackpunkt sei, dass die Wirkung neuer Massnahmen sich erst in zwei Wochen zeige. «Und in zwei Wochen könnte das Gesundheitssystem bereits überlastet sein.» (Welche Erfahrungen andere Länder mit einem Mini-Lockdown gemacht haben.)
Spitalbelegung nimmt stark zu
Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD), spricht zur Bettenbelegung in den Schweizer Spitälern, insbesondere der Intensivstationen.
Die Schweiz hat momentan 22'230 Akutbetten, davon sind 16'000 belegt. 710 davon von Covid-Patienten. Die Anzahl ist rasch steigend, die Reserve beträgt nur noch rund 5000 Plätze. Auf Intensivstationen sind derzeit 19,7 Prozent der belegten Betten mit Covid-Patienten belegt. Es verbleiben 342 Intensiv-Betten.
Die Anzahl der Patienten in normalen Akutbetten hat sich in den letzten Zahlen mit dem Faktor 1,6 multipliziert. Die Gesundheitsdirektoren der Kantone fordern, dass die Spitäler nicht dringende Eingriffe wieder verschieben.
Tourismus wird sich erst «im Jahr 2024» erholen
Eric Jakob, Leiter der Direktion für Standortförderung im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), spricht nun auch den Tourismus an. «Es war ein historischer Rückgang des Schweizer Tourismus zu beobachten», beginnt Jakob. Dies, nachdem sich im Sommer die Situation ein wenig entspannt hatte.
Eine vollständige Erholung des Tourismus wird erst bis im Jahr 2023 «oder eher im Jahr 2024» erwartet.
Ein wichtiges Thema sei auch die kommende Wintersaison. Tourismusunternehmen bräuchten Planungssicherheit, sagt Kuster. «Ich bin überzeugt, dass die Wintersaison, stattfinden kann. Wenn auch unter anderen Umständen», so Jakob. Entscheidend sei dabei die Einhaltung der strengen Schutzkonzepte. «Es ist wichtig, dass wir uns alle daran halten, um noch einschneidendere Massnahmen verhindern zu können.»
«Wir haben keine Zeit mehr»
«Wir haben festgestellt, dass sich auch die Hospitalisierungen jede Woche verdoppeln. Ebenso verdoppeln sich wöchentlich die Einweisungen in die Intensivstation sowie die Anzahl der Todesopfer», sagt Martin Ackermann, Präsident National Covid-19 Science Task Force.
Besonders beunruhigend sei der Anstieg der Corona-Patienten auf Intensivplätzen. «Wir gehen davon aus, dass die Kapazitätsobergrenze zwischen dem 5. und 18. November erreicht wird, wenn sich an der aktuellen Situation nichts ändert», sagt Ackermann. Bereits in zwei bis drei Wochen könnte das Gesundheitssystem also schon überlastet sein. Drei Szenarien wurden berechnet: Wenn es bei einer Verdoppelung innert einer Woche bleibt, wenn die Verdoppelung auf 10 Tage verlängert werden kann und wenn sich die Verdoppelungszeit verkürzt. Die rote Linie zeigt die Vohersage zur Belegung der Intensivstationen falls die Fallzahlen sich weiterhin wöchentlich verdoppeln:
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Die kritische Kapazität auf den Intensivstationen sei in zwei bis drei Wochen erreicht. «Wir haben keine Zeit mehr, abzuwarten. Die Eindämmungsstrategie funktioniert aufgrund der hohen Fallzahlen nicht mehr», so Ackermann. «Viele Fälle werden gar nicht mehr entdeckt, weil die Anforderungen für das Testen hochgefahren wurden.» Damit die Reproduktionsrate wieder unter 1 sinkt, soll die Hälfte der Kontakte im beruflichen und privaten Leben vermieden werden. «Wir müssen unsere Kontakte auf ein Minimum reduzieren.»
Die Massnahmen, so empfiehlt Ackermann, sollten mindestens bis im Frühjahr des nächsten Jahres aufrechterhalten werden. Damit soll ein «Jo-Jo-Effekt» verhindert werden.
«Wir finden den Ursprung eines ersten Falles häufig nicht mehr»
Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, übernimmt nun das Wort. «Das Contact-Tracing hat seine Grenzen erreicht. Wir finden den Ursprung eines ersten Falles häufig nicht mehr.»
Hauri fordert die Bevölkerung auf, beim Tracing mitzuhelfen. «Betroffene sollen ihre Familien und engen Kontakte selber informieren.». Es sei aber ebenso wichtig, die Anzahl seiner Kontakte einzuschränken.
«Hinter den nüchternen Fallzahlen stehen immer mehr aber auch ältere Personen», sagt Hauri. Ein Drittel der Infizierten ist derzeit älter als 50 Jahre. Zudem trifft das Coronavirus immer mehr auch andere vulnerable Gruppen.
Als positiv streicht Hauri heraus: «Es liegt in unseren eigenen Händen. Hände waschen, Abstand halten, Kontakte vermindern. Die Hygieneregeln sind bekannt.» Die Ausweitung der Maskenpflicht werde zwar oft als lästig empfunden, sei aber aus wissenschaftlicher Sicht sehr wichtig für die Eindämmung der Pandemie.
«Wir liegen deutlich über unseren Nachbarländern»
Die Pressekonferenz beginnt. Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten des BAG, präsentiert noch einmal die heutigen Fallzahlen. «Wir sehen mehr als eine Verdoppelung der Fallzahlen in einer Woche. Die Positivitätsrate über die letzten sieben Tage liegt bei 21 Prozent», erklärt er.
Die Reproduktionsrate liegt nach wie vor bei 1,6. 10 Personen stecken also 16 Personen an. Nach wie vor seien alle Altersklassen von dem aktuellen Anstieg der Neuinfektionen betroffen.
Es ist zu erwarten, dass die Neuansteckungen sehr deutlich über den Fallzahlen der letzten Woche liegen werden. «Wir haben alle unsere Nachbarländer überholt», sagt Kuster. Die Schweiz liegt bei der Inzidenz über Frankreich, deutlich höher als Österreich sowie fünfmal höher als Deutschland und Italien. «Umso mehr müssen wir uns jetzt an die Massnahmen halten und unnötige Begegnungen mit anderen Personen vermeiden.»
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Diese Experten informieren heute
Ab 14 Uhr informieren Fachexperten des Bundes zur aktuellen Corona-Lage in der Schweiz. Dabei treten folgende Personen vor die Medien:
• Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten des BAG
• Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
• Martin Ackermann, Präsident National Covid-19 Science Task Force
• Eric Jakob, Leiter der Direktion für Standortförderung, Seco
• Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD)
BAG meldet 6634 Neuinfektionen
Dem BAG sind heute 6634 Coronavirus-Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden gemeldet worden. Die Positivitätsrate beträgt 26,47 Prozent bei 25'061 neu gemeldeten Tests. Zudem registrierte das BAG 10 neue Todesfälle und 117 Spitaleinweisungen. Am Freitag vergangener Woche waren es 3105 Fälle.
Gestern wurden 5256 Neuansteckungen innerhalb eines Tages registriert. Am Montag hatte das BAG die Zahlen für das ganze Wochenende und den Freitag bekanntgegeben. Insgesamt waren für diese drei Tage 8737 neue Ansteckungen gemeldet worden.
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Insgesamt gab es dem BAG zufolge seit Beginn der Pandemie 103'653 laborbestätigte Fälle. Seit Anfang der Pandemie mussten 5838 Personen wegen einer Covid-19-Erkrankung im Spital behandelt werden.
Aufgrund der Kontakt-Rückverfolgung waren am Donnerstag nach Angaben des BAG 17'888 Personen in Isolation und 19'215 Personen standen unter Quarantäne. Zusätzlich sassen 15'380 Heimkehrerinnen und Heimkehrer aus Risikoländern in Quarantäne. Hier geht es zu unserem Corona-Dashboard mit allen Zahlen.
Ausgangslage
In der Schweiz sollen die Schrauben im Kampf gegen das Coronavirus enger gezogen werden. Während Bund und Kantone am Donnerstag über die nächsten Schritte diskutierten, sprach Deutschland wegen der Fallzahlen für die Schweiz eine Reisewarnung aus.
Der Bundesrat habe für kommenden Mittwoch neue Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus auf Bundesebene vorgesehen, sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Donnerstag nach einem Treffen mit der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK).
Die Kantone hätten ein Mitspracherecht. Übers Wochenende werde gemeinsam evaluiert, welche Massnahmen es brauche. «Der Bundesrat entscheidet am Mittwoch.» Die Massnahmen betreffen Menschenansammlungen, Veranstaltungen und öffentliche Einrichtungen.
«Slowdown» statt «Lockdown»
Mehr Tempo fordert der Präsident der Gesundheitsdirektionen, Lukas Engelberger, von den Kantonen. Die Kantone müssten «umgehend» neue Massnahmen ergreifen, sagte er und appellierte auch an die Bevölkerung – das Leben müsse jetzt heruntergefahren werden. «Es braucht nicht einen Lockdown, sondern einen Slowdown», sagte der GDK-Präsident.
«Wir wollen, dass die Wirtschaft, die Bildung und das elementarste Leben weiter gehen können», fuhr er weiter. «Wir müssen bereit sein, im Freizeitverhalten Verzicht zu üben und Einschränkungen hinzunehmen.» Die Kontakte seien zu reduzieren.
Die Gesundheits- und Sozialdirektorenkonferenz der Westschweiz (Bern, Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, Tessin, Waadt und Wallis) kommunizierten ihre Empfehlungen sogleich. So sollen Veranstaltungen im öffentlichen Raum auf zehn Personen beschränkt werden, Restaurants um 23 Uhr schliessen und Sportarten mit Körperkontakt auf Amateurstufe verboten werden. Bei Grossveranstaltungen soll eine Obergrenze von tausend Personen gelten.
Treffen der Wirtschaft
«Die hohen Ansteckungszahlen sind auch aus wirtschaftlicher Sicht besorgniserregend», teilte das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) am Donnerstagabend mit, nach einer telefonischen Aussprache von Wirtschaftsminister Guy Parmelin mit der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz der Kantone (VDK), den Sozialpartnern sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaftsverbände.
Um die Lage in den Griff zu kriegen, müssten die Schutzkonzepte strikt eingehalten werden. Mit Sorge betrachtet wird in der Wirtschaftswelt bereits ein «Mini-Lockdown. Ein erneuter Lockdown, gleich welcher Dauer, hätte für die Branche und ihre Mitarbeiter katastrophale Folgen, teilte etwa der Detailhandelsverband Swiss Retail Federation mit. Die Erholung vom ersten Lockdown würde abrupt gestoppt und die negativen Langzeitfolgen multipliziert.
Erste Spitäler an Kapazitätsgrenzen
Während in der Schweiz über die angemessenen Massnahmen diskutiert wurde, setzte Deutschland die Schweiz auf die Liste mit den Corona-Risikoländern. Wer aus der Schweiz nach Deutschland einreist, muss ab kommende Samstag also in Quarantäne. Ausnahmen gelten weiterhin für die Grenzregionen: Im süddeutschen Bundesland Baden-Württemberg gilt für Personen aus den sieben Grenzkantonen eine generelle Ausnahme von der Quarantäne.
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