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Ganze Schweiz auf deutschem Index
Warum der Tourismus schärfere Massnahmen will als der Rest der Wirtschaft

Die Maske ist sowieso Pflicht, aber kommen überhaupt genug Gäste? Skifahrer in Saas-Fee Mitte Oktober.
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Immerhin haben alle das gleiche Ziel, was im Polit-Lobbying selten genug der Fall ist: Die Corona-Fallzahlen in der Schweiz müssen dringend sinken. Bloss über das Wie ist sich die Schweiz nicht einig. Und debattiert nun darüber, wie weit die behördlichen Massnahmen gehen müssen, um zwar das Ziel tieferer Infektionszahlen zu erreichen, dabei aber das wirtschaftliche Leben so wenig wie möglich in Mitleidenschaft zu ziehen.

Am Donnerstagnachmittag haben knapp 20 Wirtschaftsvertreter auf Einladung von Wirtschaftsminister Guy Parmelin an einer Telefonkonferenz über diese Fragen gesprochen. In der darauf verschickten Medienmitteilung stand unter anderem, man sei sich einig, dass die Schutzkonzepte einzuhalten seien. Weitere einschränkende Massnahmen sollten die Behörden jedoch nur ergreifen, «wenn es wirklich nötig ist». Vor allem aber sei ein zweiter Lockdown auf jeden Fall zu verhindern. Man könnte also meinen, die Wirtschaft spreche mit einer Stimme – einer ziemlich liberalen.

Wallis geht am weitesten

Allerdings ist die Bandbreite der Massnahmen, die noch getroffen werden können, gross. Sie reichen von der aktuellen Homeoffice-Empfehlung über Platzbeschränkungen in Restaurants bis zur Schliessung von Fitness- und Wellnesscentern. Letztere zwei Massnahmen hat die Kantonsregierung im Wallis am Mittwoch getroffen.

Dass ausgerechnet der Wintersportkanton so entschieden hat, überrascht nicht, hängt doch seine Volkswirtschaft stark von ausländischen Wintergästen ab. Bis im Dezember die Skisaison so richtig beginnt, muss das Übertragungsrisiko wieder unter Kontrolle sein, sonst wird es teuer. Deutlich teurer als die nun verhängten Massnahmen.

«Die Fallzahlen müssen runter, und zwar bis zum Saisonstart.»

Jürg Schmid, Präsident Graubünden Ferien

Als bräuchte es dafür noch einen Beweis, erklärte am Donnerstagmorgen die deutsche Bundesregierung die ganze Schweiz zum Risikogebiet. Wer von hier in die Bundesrepublik reist, muss in Quarantäne, womit Schweiz-Ferien für die meisten Deutschen für die nächste Zeit nicht infrage kommen. Deutsche sind im Schweizer Winter die wichtigste Ausländergruppe, sie machen zehn Prozent aller Gäste aus.

«Das war leider zu erwarten, wir sind darum nicht schockiert», kommentiert Markus Berger, Sprecher der Marketingorganisation Schweiz Tourismus, den Entscheid aus Berlin. Es sei jedoch Glück im Unglück, dass man nun noch Zeit habe, um die Situation zu verbessern.

Welche Massnahmen sind scharf genug, aber schaden nicht unnötig? Eine Herkulesaufgabe für Wirtschaftsminister Guy Parmelin.

«Die Reisefreude hängt direkt mit den Fallzahlen zusammen», sagt der Ex-Chef von Schweiz Tourismus und heutige Präsident von Graubünden Ferien, Jürg Schmid. «Darum muss der Tourismus per Definition für strikte Massnahmen sein, die strikt umgesetzt werden.» Wäre für den Tourismus sogar ein kurzzeitiger Lockdown tragbar? «Die Fallzahlen müssen runter, und zwar bis zum Saisonstart.» Zwischen den Zeilen heisst das: Für die Touristiker sind auch Massnahmen denkbar, die möglicherweise über das Ziel hinausschiessen. Sicher ist sicher.

Mit dieser Haltung stehen die Touristiker allerdings ziemlich alleine da. Für die meisten anderen Sektoren seien schon die jetzigen Massnahmen zu streng, sagt Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler. «Schauen sie in die Gastrobranche. Weil alle im Homeoffice sind, kommt niemand mehr zum Mittagessen.» Allerdings besteht die Gefahr, dass laxe Massnahmen wie die Empfehlung, von zu Hause zu arbeiten, solchen Branchen einen Bärendienst erweisen: Zwar werden sie nicht ganz geschlossen, doch bei anhaltend hohen Corona-Fallzahlen würde auch die Homeoffice-Empfehlung bleiben und das Geschäft verhageln. Parmelin und die anderen Entscheidungsträger sind nicht zu beneiden.