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Neue Strategie
Was Raiffeisen von Revolut und N26 lernen will

Die Raiffeisen-Filiale am Limmatquai in Zürich.
 Die Geschäftsstellen werden zu einer Art Supermarkt für Finanzprodukte.
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Sie heissen Revolut, Neon oder N26: sogenannte Neobanken. Sie locken Kunden mit Gratiskonten und Karten. Sind so die Kunden einmal an Bord, wollen ihnen die Newcomer dann weitere Produkte wie Fonds oder Versicherungen verkaufen, die von Drittanbietern kommen – und damit Geld verdienen.

Die Raiffeisen-Gruppe gibt es schon über hundert Jahre. Das hindert die drittgrösste Bankengrupppe nicht daran, sich von den Neobanken diese Plattform-Strategie abzuschauen. So will die Raiffeisen-Gruppe auch einen «Ökosystemansatz» entwickeln, bei dem die 229 Mitgliedsbanken Finanzprodukte anderer Anbieter verkaufen, um dann an Provisionen zu verdienen.

Dies ist einer der Eckpunkte der neuen «Gruppenstrategie 2025», welche die Eignerversammlung von Raiffeisen Schweiz am Freitag bei einer Konsultativabstimmung abgesegnet hat. Die neue Strategie soll ab 2025 jedes Jahr 500 Millionen Franken Effizienzgewinne und zusätzliche Erträge generieren. Zunächst kostet aber die neue Strategie: Raiffeisen will 550 Millionen Franken in ihre Umsetzung investieren.

Raiffeisen kündigte an, vor allem in den Bereichen «Privates Wohneigentum», «Firmenkundengeschäft» sowie «Vorsorge» das Angebot zu erweitern. Im Bereich Wohnen zum Beispiel will Raiffeisen nicht nur Immobilien als Bank finanzieren, sondern auch bei der Suche nach dem geeigneten Objekt helfen, die Liegenschaft verwalten und auch versichern.

So sucht Raiffeisen derzeit einen neuen Versicherungspartner, die über zwanzigjährige Zusammenarbeit mit der Helvetia wurde auf Ende Jahr gekündigt. Mit dem noch zu findenden Partner will Raiffeisen dann gemeinsam neue Produkte entwickeln wie zum Beispiel neue Hausrat- oder Erdbebenversicherungen, erklären Insider. Die Policen sollen dann unter dem Markennamen «Raiffeisen» verkauft werden.

Mehr als Hypotheken verkaufen

Im Anlagegeschäft kooperiert Raiffeisen bereits mit der Vontobel-Gruppe. Raiffeisen will in Zukunft die von Vontobel entwickelte automatisierte Vermögensberatung übernehmen und sie dann unter eigenem Namen ihren Kunden anbieten.

Im Unterschied zu Neobanken wie N26 hat Raiffeisen den Vorteil, dass die Bankengruppe bereits rund 3,8 Millionen Kunden hat. Ziel ist daher, den Bestandskunden mehr Produkte zu verkaufen. So will die Bankengruppe auch ein neues Onlineportal aufbauen, bei dem Kunden alle wichtigen Produkte kaufen können – und damit den Neobanken einen eigenen Online-Finanzsupermarkt entgegensetzen.

Auf diese Weise will Raiffeisen weniger stark vom Hypothekengeschäft abhängig sein. Die Einnahmen aus dem Zinsgeschäft machen immer noch über 70 Prozent der Erlöse aus. Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz hat versucht, mit einer teuren Zukaufstrategie die Einnahmebasis zu verbreitern. Das war ein Flop. Wegen des Verdachts, privat an einigen Zukäufen von Raiffeisen mitverdient zu haben, muss sich Vincenz bald vor Gericht verantworten.

Einem Sparprogramm mit Stellenabbau erteilt das Strategiepapier aber eine Absage.

Das Strategiepapier enthält ferner interessante Aussagen zum Thema Kosten. «Für eine inländische Retailbank weisen wir eine eher hohe Cost-Income-Ratio auf», heisst es darin. Die Cost-Income-Ratio beschreibt das Verhältnis von Kosten zu Einnahmen und gilt als wichtige Kennziffer für die betriebliche Effizienz. Zuletzt lag diese Kennziffer bei 61,3 Prozent, sprich, von jedem Franken Einnahmen gehen 61,3 Rappen für Kosten drauf. Bei der Zürcher Kantonalbank sind es weniger als 60 Prozent.

Einem Sparprogramm mit Stellenabbau erteilt das Strategiepapier aber eine Absage. «Die Anpassungs- und die Optimierungsfähigkeit bei Raiffeisen können aufgrund einer starken Wertebasis und kultureller Einflüsse nur langsam erfolgen», heisst es in dem Papier. Ein Stellenabbau soll daher nur über natürliche Fluktuation erreicht werden. Um die Kosten zu drücken, setzt Raiffeisen Schweiz zudem auf die Standardisierung von Prozessen, etwa bei der Kreditvergabe. Eine Zentralisierung und damit eine Entmachtung der Mitgliedsbanken soll es nicht geben.

Kundenservices wie ein digitales Onboarding, also das Eröffnen eines Kontos über das Internet, will Raiffeisen erst 2022 gruppenweit einführen. Das ist bei Konkurrenten wie der UBS längst möglich. Man sei ein «smart follower», heisst es im Papier – sprich, die Gruppe setzt die Neuheiten um, die sich schon bei der Konkurrenz bewährt haben. Das soll die Risiken von Flops senken.

Denn Reinfälle hatte Raiffeisen in der jüngeren Vergangenheit bekanntlich genug.