Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Info nach Gipfeltreffen
Kantone und Sommaruga bleiben Antworten schuldig

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat für heute zu einem Gipfeltreffen mit Vertretern der Kantone geladen.
  • Zusammen mit den Bundesräten Alain Berset und Guy Parmelin wurde im Hinblick auf die wieder erlaubten Grossanlässe eine «Standortbestimmung» vorgenommen.
  • Zur Kritik am Bundesratsentscheid wurde an der anschliessenden Presseinfo nicht eingegangen.

«Keine Details besprochen»

Auch Christian Rathgeb, der Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen, schlägt vor den Medien in Bern versöhnliche Töne an. Es habe sich um eine «Standortbestimmung» gehandelt, um eine Besprechung, wie es sie zwischen Bund und Kantonen immer wieder gebe. Dabei sei sowohl die kurz- als auch die langfristige Zusammenarbeit thematisiert worden, weil man ja noch nicht wisse, wie lange die derzeitige Corona-Situation noch andauere.

Mit Spannung war erwartet worden, ob Bund und Kantone in der Frage der Grossveranstaltungen schon erste Pflöcke einschlagen. Dem ist aber offenbar nicht so. Man habe keine Details besprochen, weil das Dossier im Zuständigkeitsbereich der Gesundheitsdirektorenkonferenz liege, so Rathgeb.

«Die Fristen waren derart kurz, dass die Kantonsregierungen keine Chance hatten, eine Position zu fassen»: Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen.

Kein Wort mehr von der Kritik, die KDK-Generalsekretär Roland Mayer am Nachmittag noch geäussert hatte. Dieser ärgerte sich darüber, dass der Bundesrat vor seiner Entscheidung zu den Grossveranstaltungen lediglich die Gesundheitsdirektoren angehört hatte, nicht aber die Gesamtregierungen. «Die Fristen waren zudem derart kurz – und das mitten in der Sommerpause –, dass die Kantonsregierungen keine Chance hatten, eine Position zu fassen.»

«Kein Krisengipfel»

Simonetta Sommaruga tritt nach dem Treffen mit den Kantonen vor die Presse. «Wir haben uns heute mit den Kantonen getroffen für eine Aussprache.» Es habe sich nicht um einen Krisengipfel gehandelt, wie im Vorfeld kolportiert. Ziel sei es, eine gute Zusammenarbeit zu gewährleisten. «Denn wenn die Zusammenarbeit gut ist, wenn wir uns absprechen, dann können alle gewinnen.» Die Atmosphäre während des Treffens sei sehr gut gewesen.

«Wenn die Zusammenarbeit gut ist, wenn wir uns absprechen, dann können alle gewinnen»: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga tritt vor die Medien.

Ausgangslage

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga ruft die Kantone nach Bern: Wogen glätten, gemeinsamen Boden suchen. Nötig ist das geworden, weil die Mehrheit der Kantone in der Frage der Grossveranstaltungen anders entschieden hätte als der Bundesrat. So war es in den vergangenen Tagen zu lesen.

Die Konfliktlinie Bund gegen Kantone ist jedoch längst nicht die einzige, die beim Treffen von heute Nachmittag für Zündstoff sorgt. Auch innerhalb der Kantone rumort es.

Denn der Bund konsultierte vor seinem Entscheid zwar die kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren. Diese sprachen sich mehrheitlich gegen eine Öffnung aus. Die Gesamtregierungen durften sich aber mit keinem Wort dazu äussern, ob sie die Aufhebung des Verbots von Anlässen mit über tausend Teilnehmern gutheissen.

Kantonsregierungen aussen vor

Roland Mayer, Generalsekretär der Konferenz der Kantonsregierungen (KDK), ist verärgert: Nicht nur habe der Bund die Konsultation ausschliesslich über die Gesundheitsdirektoren abgewickelt. «Die Fristen waren zudem derart kurz – und das mitten in der Sommerpause –, dass die Kantonsregierungen keine Chance hatten, eine Position zu fassen.»

Natürlich könnten sich die Kantone jetzt einzeln verlauten lassen, wie das etwa Solothurn getan hat, so Mayer. Die Staatskanzlei war am Freitag vorgeprescht und hatte den Bundesratsentscheid in einer Mitteilung in aller Deutlichkeit kritisiert. «Aber es gibt, Stand heute, keine konsolidierte Meinung der Kantone.»

Am heutigen Treffen wird es also nicht nur darum gehen, wie die Bewilligungskriterien für Grossveranstaltungen ausgestaltet werden müssen, dass alle Kantone damit leben können. Auch das Prozessuale werde am Treffen zu reden geben, sagt Mayer. «Es wird nicht das letzte Mal sein in dieser Pandemie, dass wir als Land solche Entscheidungen treffen müssen. Jetzt braucht es Abläufe, die ‹verhebe›.»

Bundesräte und Kantonsvertreter

Was die eigentlichen Bewilligungsregeln angeht, ist Mayer ebenfalls kritisch. Angesichts der unterschiedlichen epidemiologischen Lagen in den Kantonen werde es schwierig sein, einheitliche Kriterien zu finden. «Manche haben sehr hohe Fallzahlen, andere verschwindend kleine.» Bekannt ist, dass viele der grossen Events in der Schweiz ausgerechnet in den Kantonen stattfinden, in denen die Covid-Gefahr aktuell am höchsten ist. (Einen Überblick über die Fallzahlen in den Kantonen finden Sie hier.)

Die Wahrscheinlichkeit sei gross, dass die Bewilligungspraxen am Schluss – entgegen der Absichtserklärungen – auseinandergehen werden, glaubt Mayer. «Erschwerend kommt ja dazu, dass neben den Kantonen auch die Städte Bewilligungsinstanzen sind.»

Doch auch diese wurden vom Bundesrat nicht konsultiert, wie Kurt Fluri, FDP-Nationalrat und Präsident des Schweizerischen Städteverbands, bedauert. «Die Städte wurden leider komplett aussen vor gelassen. Das bemängeln wir sehr.»

Polizei steht vor Dilemma

Die Städte seien es, die den Entscheid ausbaden müssen, sagt Fluri. «Wir sehen ja bei den Demonstrationen, dass die Schutzkonzepte nicht eingehalten werden und die Leute beispielsweise keine Masken tragen. Die Stadtpolizeien stehen dann vor dem Dilemma, ob sie die Veranstaltungen auflösen sollen oder nicht.»

FDP-Nationalrat Fluri setzt sich auch auf nationaler Ebene dafür ein, dass die Städte und Gemeinden mehr Mitspracherecht erhalten. In der staatspolitischen Kommission hat er einen Antrag eingebracht, wonach im Covid-19-Gesetz verankert werden soll, dass der Gemeinde- und der Städteverband vor solchen Entscheidungen zwingend angehört werden müssen.

Am Ende, sagt Roland Mayer von der KDK, sei es wie so oft ein Abwägen zwischen gesundheitspolitischen und wirtschaftspolitischen Überlegungen. «Es gäbe genau zwei einfache Lösungen: Man verbietet die Veranstaltungen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag – mit massiven wirtschaftspolitischen Folgen. Teile des Profisports könnten dann verschwinden. Oder, Variante zwei: Man lässt alles zu und nimmt eine Gesundheitskrise in Kauf.»

Bundesräte

Nun gelte es, gestützt auf den Bundesratsentscheid, einen Mittelweg zu finden. Ein grobes Raster dürfte bis Ende der nächsten Woche vorliegen. Doch wahrscheinlich sei auch, dass man im Herbst nochmals nachjustieren müsse. «Klar ist: Die Planungssicherheit, nach der jetzt alle rufen, wird es nicht geben. In einer Pandemie gibt es keine Planungssicherheit.»

Lockdown um jeden Preis verhindern

Versöhnliche Töne stimmt derweil Christoph Brutschin an, Präsident der Konferenz der Volkswirtschaftsdirektoren und Regierungsrat in Basel-Stadt. Er fährt heute ebenfalls nach Bern. Über die Einladung von Simonetta Sommaruga habe er sich gefreut: «Wenn die Kantone wieder mehr Kompetenzen haben, ist es wichtig, dass wir uns gut absprechen.»

Einen Konflikt zwischen Gesundheit und Wirtschaft – zwischen Gesundheitsdirektoren und Volkswirtschaftsdirektoren – erkennt Brutschin nicht. Dass der Lead innerhalb der Kantone bei den Gesundheitsdirektionen liegt, ist für ihn klar: Dort sei die grösste Fachkompetenz angesiedelt.

Zwar hätte auch Basel-Stadt lieber bis Ende Jahr mit der Erlaubnis gewartet, wieder Veranstaltungen mit mehr als tausend Besuchern abzuhalten. «Aber das kann man mit guten Gründen auch anders sehen.» Nun gelte es, um jeden Preis einen zweiten Lockdown zu verhindern und die Fallzahlen gleichzeitig tief zu halten. Diese Ziele, ist Brutschin überzeugt, widersprächen sich nicht.