Corona-Pressekonferenz des Bundesrats1000er-Regel für Grossevents in der Schweiz fällt – Berset: «Müssen mit Virus leben»
Sport und Konzerte wieder mit Zuschauern: Simonetta Sommaruga, Alain Berset und Guy Parmelin informierten über Neuerungen in Sachen Corona. Die Übersicht.
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Die Medienkonferenz des Bundesrats mit Simonetta Sommaruga, Alain Berset und Guy Parmelin zum Nachschauen. Quelle: Youtube/Bundesrat
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz sind ab Oktober Grossanlässe mit mehr als tausend Menschen wieder erlaubt.
- Der Bundesrat hat entsprechende Lockerungen der Corona-Massnahmen beschlossen.
- Neben «strengen» Schutzmassnahmen müssen die Veranstalter vorgängig eine Bewilligung des jeweiligen Kantons einholen.
- Das BAG meldet 274 neue Covid-19-Infizierte innerhalb von 24 Stunden.
Lesen Sie dazu auch unseren Nachrichten-Ticker für die Schweiz.
Zusammenfassung der Pressekonferenz
In der Schweiz sind ab Oktober Grossanlässe mit mehr als tausend Menschen wieder erlaubt. Der Bundesrat hat am Mittwoch entsprechende Lockerungen der Corona-Massnahmen beschlossen.
- Neben der Anwendung von «strengen» Schutzmassnahmen müssen die Veranstalter vorgängig eine Bewilligung des jeweiligen Kantons einholen.
- Dazu will der Bund mit den Kantonen in den nächsten zwei Wochen einheitliche Kriterien erarbeiten. Betroffen sind Anlässe in den Bereichen Sport, Kultur und auch Religion.
Die Lockerung sei kein Freipass, warnte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. Sie nahm sowohl Vereine und Sportligen sowie auch Match- und Messebesucher gleichermassen in die Pflicht. Die Kantone seien bereits stark gefordert, um Schutzkonzepte etwa in Restaurants durchzusehen. Mit Grossanlässen komme auf diese eine weitere anspruchsvolle Aufgabe zu.
«Gewisse Rückkehr zur Normalität»
Mit der Lockerung will der Bundesrat nach sechs Monaten Pandemie eine «gewisse Rückkehr zur Normalität» ermöglichen, wie Gesundheitsminister Alain Berset erklärte. Man müsse einen Weg finden, um mit dem Virus zu leben.
Bei den Bewilligungen für Grossanlässe müssen die Kantone ihre epidemiologische Lage sowie ihre Kapazitäten für das Contact Tracing berücksichtigen. Der Bundesrat will so sicherstellen, dass sich die Situation in der Schweiz nicht verschlechtert. «Grossanlässe stellen ein Risiko dar», sagte Berset mehrmals.
«Vorsichtige Öffnung»
Die Regierung sprach von einem «vorsichtigen Öffnungsschritt». Dieser war reihum von Sportvereinen und Kulturveranstaltern verlangt worden, die um das finanzielle Überleben kämpfen. Die Kantone hatten sich allerdings für eine Lockerung erst Ende Jahr ausgesprochen.
Die Regierung verteidigte den Schritt und erklärte, nicht alle Grossveranstaltungen würden dieselben Risiken bergen. So gebe es Grossanlässe, bei denen der Mindestabstand weitgehend eingehalten werden könne. Ein Fussballspiel etwa sei diesbezüglich nicht mit einem klassischen Konzert vergleichbar, sagte Berset.
Wie die Kriterien und Massnahmen rund um Grossanlässe genau aussehen werden, war zunächst unklar. Gesundheitsminister Berset sagte lediglich, dass für Veranstaltungen in einem Raum und im Freien unterschiedliche Regeln festgelegt werden könnten. Auf genaue Vorgaben festlegen wollte sich Berset angesichts der sich entwickelnden epidemiologischen Lage zunächst nicht.
Mehr Zeit für die Kantone
Veranstaltungen mit mehr als tausend Personen sind in der Schweiz seit Ende Februar verboten. Mit dem Verbot wollte der Bundesrat die Zahl der Corona-Infektionen reduzieren.
Das Verbot, das bis Ende August gilt, wird nun um einen Monat bis Ende September verlängert. Damit will der Bundesrat den Kantonen mehr Zeit geben, um das Bewilligungsregime vorzubereiten und allenfalls die Kapazitäten für das Contact Tracing zu erhöhen.
Unser Kommentar zum heutigen Entscheid des Bundesrats
Bundeshaus-Redaktor Markus Häfliger schreibt zur baldigen Aufhebung der 1000er-Regel: Ein Entscheid zur Unzeit. Aber alternativlos.
Ende der Pressekonferenz
Die Pressekonferenz des Bunderats ist damit beendet. Vielen Dank fürs Mitlesen und einen schönen Mittwochabend. Eine Zusammenfassung folgt in Kürze.
Wann kommt Mallorca auf die Quarantäne-Liste?
Stefan Kuster vom BAG: «Die Liste wird im 14-Tage-Rhythmus angepasst. Man plant, diesen Rhythmus beizubehalten.»
Für diese Länder gilt eine Quarantänepflicht: Wer muss wegen Corona nach den Ferien zu Hause bleiben? Hier finden Sie die aktuelle Liste mit allen Informationen.
Strebt man für die Skigebiete eine internationale Lösung an?
Berset: «Ich glaube es wäre von Vorteil, wenn sich die Länder untereinander absprechen. Ich habe bereits mit meinen Kollegen aus Frankreich und Österreich gesprochen. Die sehen es ebenfalls so.»
Entscheidet der Kanton für jedes Fussballspiel einzeln?
Berset: «Es sind einzelne Bewilligungen. Es kann also sein, dass plötzlich Bewilligungen nicht mehr gültig sind.»
Macht es Sinn, Konzerte zu planen?
Laut Berset bleiben die Unsicherheiten für die Organisatoren trotzdem bestehen. Es gäbe keine absolute Klarheit. Die einzige Alternative wäre, alle Grossveranstaltungen bis 2021 auszusetzen. Man wisse derzeit nicht, wie der Winter laufen wird.
Könnte nun ein Kanton entscheiden, dass diese Öffnung bei ihnen nicht gilt?
«Die Bewilligung bleibt bei den Kantonen», so Sommaruga. Das sei heute schon so. Es gibt keine Rahmenbewilligung. In dem man jedoch Voraussetzungen auf Bundesbasis ausarbeitet, schafft man eine gewisse Grundvoraussetzung, so die Bundespräsidentin.
Was spricht eigentlich für diese Öffnung?
Berset: «Nach sechs Monaten Pandemie müssen wir lernen, mit dem Virus zu leben. Wir haben viel gelernt, die Situation ist nicht zu vergleichen mit der im Februar. Wir hatten damals eine tägliche Verdopplung. Ja, der Entscheid ist mit Risiken verbunden. Es betrifft auch nicht nur den Sport, auch beispielsweise Kultur-Veranstaltungen sind davon betroffen. Wir müssen einen Weg finden, mit dem Virus zu leben und mit der Ungewissheit, die damit verbunden ist.»
Inwiefern haben die Fan-Masken bei Fussballspielen eine Rolle gespielt? Diese Masken haben ja keine Zertifizierung. Wie stehts um die Qualität von Stoffmasken?
Berset: «Die Masken der Teams haben keine Rolle gespielt. Die Bewilligungen gelten ausserdem pro Veranstaltung und könnten wieder entzogen werden, sollte es nicht funktionieren.»
BAG-Kuster ergänzt: «Stoffmasken sind umso besser, je näher sie am Standard sind, der die Swiss Science Taskforce formuliert hat. Masken zu tragen, welcher Art auch immer, ist sicher besser, als keine zu tragen. Vor allem in Situationen, in denen der Abstand nicht eingehalten werden kann.»
Grossveranstaltungen: Kantone fordern schweizweit einheitliche Umsetzung
Noch während die Pressekonferenz des Bundesrats läuft, melden sich die Kantone kritisch zu Wort.
Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) fordert eine schweizweit einheitliche Umsetzung der Regelungen für Grossveranstaltungen. Es brauche griffige Bewilligungskriterien auf nationaler Ebene.
Die Mehrheit der Kantone habe sich in der Anhörung für eine Verlängerung des Verbots von Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besucherinnen und Besuchern bis Ende Jahr ausgesprochen, hält die GDK in einer Mitteilung fest. Begründet worden sei dies mit der nach wie vor instabilen epidemiologischen Lage.
Nach dem Entscheid des Bundesrates seien nun möglichst einheitliche Bewilligungskriterien nötig. Diese Kriterien, zu denen taugliche Schutzkonzepte gehörten, gelte es nun auszuarbeiten und in der Covid-19-Verordnung besondere Lage zu verankern.
Die gebeutelte Sport- und Kulturbranche habe sich verständlicherweise für eine Aufhebung beziehungsweise Lockerung der Einschränkungen stark gemacht. Die Massnahmen, die bei einem starken Anstieg der Fallzahlen zu ergreifen wären, würden dann allerdings wieder die Gesamtwirtschaft treffen.
Die Veranstalter stünden nun in der Mitverantwortung, erneute Einschränkungen möglichst zu verhindern. «Es hängt massgeblich von den Sport- und Kulturorganisationen sowie den Veranstaltern ab, ob sich die Öffnung im Bereich der Grossveranstaltungen bewährt», wird GDK-Präsident Lukas Engelberger in der Mitteilung zitiert.
Was sind die Kriterien, ob eine Veranstaltung stattfinden darf?
Berset: «Es hängt von der regionalen und kantonalen Situation ab. Nicht nur von den Ansteckungen, auch von der Dynamik der Entwicklung. Darum können wir jetzt keine fixen Kriterien festlegen, die wären bereits nach kurzer Zeit nicht mehr gültig.»
Kuster vom BAG ergänzt: «Wir hatten eine solche Situation schlicht noch nie.»
Überlebenskonzept für den Schweizer Profifussball
Diesen Vorschlag machte die Liga Ende Juli: Ins Stadion kommt nur, wer eine Maske trägt
Maskenpflicht, keine Gästefans und ein Stehplatzverbot: So will die Swiss Football League auch die kommende Corona-Saison überleben.
Unterstützt der Bundesrat auch den Ortsverkehr?
Der Bundesrat verzichtet darauf. Da der Ortsverkehr in der Kompetenz der Städte und Gemeinde liegt, so Sommaruga. Man werden aber den Regionalverkehr unterstützten. Man wolle keine neue Kompetenzen schaffen.
Sommaruga: «Die Lage bleibt schwierig für die lokalen Verkehrsbetriebe. Der Bund hat hier jedoch keine Befugnisse, diese zu unterstützen.»
Hören Sie nicht mehr auf die Taskforce?
Berset: «Natürlich hören wir die Taskforce an. Aber die Politik muss einen Mittelweg finden. Es gibt immer verschiedene Meinungen. Die Kantone spielen auch eine wichtige Rolle in dem Entscheid.»
Wurden die Kantone zur Erlaubnis der Grossanlässe gedrängt?
Sommaruga verneint. Man muss jedoch mehrere Aspekte berücksichtigen. «Wir mussten einen Mittelweg finden.»
Frage zu den Grossanlässen: Sind auch grosse Indoor-Veranstaltungen erlaubt?
Berset: «Ja, dasselbe gilt auch für Events im Innenraum. Aber die Kriterien unterscheiden sich von Outdoor-Anlässen.»
Sommaruga schliesst sich an: «Es kommt auch immer auf die epidemiologische Lage im Kanton an.»
Die Meisterschaften starten vor dem 1. Oktober. Wäre es nicht sinnvoll gewesen, die Grossanlässe vorher zu erlauben?
Berset: «Für uns ist wichtig, dass wir die Schutzkonzepte gut ausgearbeitet haben. Wir müssen auch sicher stellen, dass die Kantone genügend Contact-Tracer haben. Wir gehen davon aus, dass es ein sportliches Verfahren sein wird.» Ausserdem sei es schwierig zu erklären, wieso man bei den grossen Ligen schon früher eine neue Regel beschliesst.
Zum Thema schrieben wir am letzten Sonntag: Hohe Dunkelziffer, neue Forderungen. Es ging auch darum, dass das Contact Tracing bei vielen Fällen nicht weiter kommt. Will heissen, man weiss gar nicht, wo sich die Leute angesteckt haben.
Daniel Koch berät jetzt den SC Bern und machte sich für eine Lockerung der 1000er-Regel stark
Daniel Koch erklärte jüngt im Interview mit dieser Zeitung, wie er sich den Sport in Corona-Zeiten vorstellt.
Nun werden Fragen der anwesenden Journalisten zugelassen.
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