Papablog: Religionsfreie ErziehungWarum wir auf Osterhase und Christkind verzichten können
Unser Blogger ist auch als Vater Atheist geblieben. Trotzdem erleben seine Kinder viele Wunder.
Falls Sie in der Vergangenheit häufiger hier rein gelesen haben, sind sie vielleicht über den einen oder anderen Text von mir gestolpert, in dem ich mich als Atheist outete.
Also nicht als jemand, der sich aus den Resten der Religion seiner Eltern eine eigene, eher folkloristische Privatreligion gebastelt hat – mit beseeltem Jenseits und toten Grosseltern, die im Himmel warten, sondern tatsächlich als Gottesgegner.
Mit Deismus komm ich klar
Ich sollte das präzisieren: Als gebürtiger Ostdeutscher bin ich in einem gottlosen Staat aufgewachsen, in dem versucht wurde, organisierte Religion auszulöschen und durch eine Art sozialistische Staatsreligion zu ersetzen. Das hatte den Effekt, dass in der DDR nur diejenigen einer Religion angehörten, die es wirklich ernst meinten. Man war nicht «aus Versehen» oder «ein bisschen» christlich, weil christlich sein immer auch als staatszersetzend galt.
Ich erinnere mich an einen Mitschüler, der von seinen Eltern christlich erzogen wurde und dafür von den Lehrkräften herablassend behandelt wurde. Die Art und Weise, wie er sich mit sehr entschiedener Sturheit auch durch Repressalien nicht von seinem Glauben abbringen liess, nötigte mir Respekt ab. Zugleich fand ich seine Religion schon damals fragwürdig und mit zunehmendem Alter immer absurder. Nicht die Idee, an eine unbestimmte höhere Macht zu glauben. An einen sogenannten aristotelischen, unbewegten, ersten Beweger, der das alles hier in Gang gebracht hat, uns aber ansonsten in Ruhe lässt. Das nennt man Deismus und damit komme ich klar.
Kein Christkind, keine Engel, kein Weihnachtsmann
Mich macht Theismus fertig. Der Glaube an einen persönlichen Gott, der von uns geliebt, verehrt und gefürchtet werden will. Der uns permanent überwacht, sich rasend dafür interessiert, wie wir mit wem vögeln und uns angeblich diverse heilige Schriften hinterlassen hat, die moralisch alle so fragwürdig und widersprüchlich sind, dass die meisten seiner Gläubigen mittlerweile dazu übergegangen sind, sich an seinen Aufforderungen und Anweisungen wie in einem Gemischtwarenladen zu bedienen. Mich überzeugt das nicht.
Vor allem überzeugen mich die Menschen nicht, die meinen, für ihren Gott zu anderen sprechen zu dürfen. Ihnen Befehle zu erteilen. Ihre Entscheidungen zu bewerten. Sie von ihren Sünden freizusprechen. Ich will meine Sünden behalten. Sie gehören mir. Jede Lüge, jede Gemeinheit, jede Feigheit – ich will mich dieser Dinge nicht entledigen. Das bin alles ich. Genau wie die Momente, in denen ich gut war, grosszügig, verzeihend, liebevoll. Wenn ich mit religiösen Freunden und Bekannten darüber spreche, nicken sie meistens und können das «schon irgendwo nachvollziehen». Allerdings finden viele es schade, dass ich meine Kinder gottlos aufwachsen lasse. Kein Christkind, keine Engel, keine Dschinn. Auch kein Osterhase oder Weihnachtsmann.
Einfach nur wunderbar!
«Ohne Wunder», wie sie sagen. Tatsächlich wundere ich mich darüber. Wenn man erst mal damit aufgehört hat, aus seinen Ängsten, Wünschen und Hoffnungen Götter nach seinem Abbild zu schaffen, bleibt ziemlich viel Wunderbares übrig. Auch für Kinder: Bäume, Schmetterlingsflügel, Sternennächte, Meeresrauschen, Sonnenuntergänge, Evolution, Schönheit und Liebe.
In einer Welt, in der Gott nicht die Antwort auf alle Fragen sein muss, gibt es auch und gerade für Kinder mehr Freiraum, sich Gedanken zu machen und Antworten zu suchen. Kritisch zu sein. Auszuprobieren. Und die Kraft in sich zu finden, es auszuhalten, wenn manche Fragen noch nicht oder niemals beantwortet werden können. Ich weiss nicht, wie Sie das nennen. Ich nenne das wunderbar.
Wie steht es um Ihren Glauben, liebe Leserinnen und Leser? Wie handhabt Ihre Familie die Sache mit der Religion? Wir freuen uns, Ihre Meinung in der Kommentarspalte zu erfahren.
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