Acht Fragen an den Swisscom-ChefWarum streiken die Leitungen immer bei der Swisscom, Herr Schaeppi?
Urs Schaeppi nahm am Donnerstagmorgen ausführlich Stellung zu den beiden jüngsten Netzausfällen.
Die Leitung während der Telefonkonferenz von Swisscom-Chef Urs Schaeppi mit den Journalisten am Donnerstagmorgen funktionierte. Diese Feststellung sei nach dem Ausfall der Notrufnummern Anfang Juli und der Internetstörung diese Woche erlaubt. Am Dienstag hatte eine geplante Anpassung an einem Sicherheitssystem schweizweit die Internetzugänge von Swisscom-Kunden blockiert.
So drehten sich die Journalistenfragen denn auch nicht um die guten Halbjahreszahlen, welche die Swisscom kurz zuvor veröffentlicht hatte: Der Umsatz stieg im Vergleich zur Vorjahresperiode um 2,6 Prozent auf 5,58 Milliarden Franken. Der Gewinn nahm um 42 Prozent auf 1,05 Milliarden Franken zu.
Stattdessen musste sich Schaeppi zur erneuten Pannenserie seines Unternehmens äussern. Bereits Ende März und im Jahr 2020 war es zu mehreren Beeinträchtigungen im Swisscom-Netz gekommen.
Das sagte Schaeppi zu …
… der Pannenanfälligkeit von Swisscom im Vergleich zu Sunrise und Salt:
«Ja, wir hatten einige Ausfälle. Aber über alles gesehen laufen unsere Netze stabil. Die Qualität der Netze unserer Konkurrenten kommentiere ich nicht. Die Vorwürfe an uns sind berechtigt, und wir nehmen sie ernst. Es ist klar, dass wir unsere qualitätssichernden Massnahmen bei den Wartungsarbeiten verbessern müssen.»
… dem Ärger der Kundinnen und Kunden:
«Nach den Ausfällen bei den Notrufnummern im Jahr 2020 fragen sich Kunden, Öffentlichkeit und Politik verständlicherweise, warum das jetzt erneut passieren konnte. Der Vorfall von Anfang Juli hat mich und die Swisscom erschüttert. Er entspricht nicht unseren Ansprüchen. Bislang hat die Swisscom wegen der Störungen keine Kunden verloren. Es sind auch keine Klagen eingegangen.»
… der genauen Ursache des Netzausfalls vom 9. Juli, welcher erneut die Notrufnummern lahmlegte:
«Der Auslöser war ein Softwareupdate auf einer Sprachtelefonieplattform für Geschäftskunden. Dies hat eine Kettenreaktion ausgelöst, welche entfernte Teile des Systems beeinträchtigt hat, nämlich die Notrufe. Das ist vergleichbar mit einer Strassensperre in der Innenstadt von Bern, die plötzlich einen Stau in St. Gallen verursacht. Das ist natürlich inakzeptabel. Eine detaillierte Aufarbeitung dieser Störung ist im Gang. Weiter habe ich eine externe Überprüfung durch Experten in Auftrag gegeben.»
… der Netzqualität von Swisscom:
«Wir nehmen bis zu 4000 Eingriffe pro Woche an unseren Netzen vor. Jede dieser Änderungen ist in ihrer Art und Weise unterschiedlich. Wir müssen in Zukunft diese Eingriffe besser vorbereiten und testen. Wir müssen die Änderungen so in die Netze einspeisen, dass keine grossen Ausfälle mehr passieren. Es wird keine hundertprozentige Sicherheit geben. Deshalb ist es wichtig, dass wir redundante Systeme haben. Die gibt es heute ja schon. Das Mobilfunknetz bietet auch einen Zugang zum Internet, nicht mehr nur das Festnetz.»
… der Frage, ob die Swisscom ihre Lieferanten auswechseln sollte:
«Wir leben nun in einer Software-basierten Welt. Da ist es zu einfach, zu sagen, es liegt nur an den Zulieferern. Ein Telekommunikationsnetz besteht aus Tausenden von Komponenten. Dazu gehört Software, die sich ständig verändert. Diese Systeme können sich gegenseitig beeinflussen. Die Herausforderung ist nun, Veränderungen in einem System so zu machen, dass die Folgen vorweggenommen werden können.»
… Gedanken an einen Rücktritt:
«Mir gefällt meine Arbeit. Meine berufliche Zukunft diskutiere ich nicht in der Öffentlichkeit.»
… dem Vorwurf, die Swisscom habe ein strukturelles Problem:
«Die Störungen zeigen, wie hoch die Abhängigkeit von Swisscom-Produkten ist. Es wird erwartet, dass diese jedes Jahr rund um die Uhr funktionieren. Verständlicherweise akzeptieren unsere Kunden keine Netzausfälle. Wir haben kein strukturelles Problem. Wir leben in einer Welt, die sich schnell verändert. Ein Beispiel: Die Datenvolumen verdoppeln sich jedes Jahr. Es kommen immer neue Dienstleistungen hinzu. Die Lebenszyklen von neuen Technologien werden kürzer. Die Netze müssen mit einer ständigen Wartung auf alle diese Veränderungen vorbereitet sein. Das erhöht aber wiederum das Risiko, dass etwas falsch läuft.»
… dem Vorschlag von Sunrise, gemeinsam mit Salt und Swisscom die Notrufnummern zu betreiben:
«Jeder Telecomanbieter ist verpflichtet, Zugang zu den Notrufnummern zu gewähren. Wenn eines der Mobilfunknetze nicht funktioniert und ein Kunde einen Notruf absetzen will, dann erfolgt der Anruf automatisch über die anderen Netze, die funktionieren. Ähnlich verhält es sich bei den Blaulichtorganisationen. Fällt dort ein Anschluss aus, leitet die sogenannte dynamische Leitweglenkung den Anruf automatisch an eine Stelle weiter, die erreichbar ist. Mein Ansatz ist deshalb, zusammen mit den Blaulichtorganisationen die Direktverbindungen zu verbessern.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.