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Geldblog: Vermögensverwaltung der Banken
Warum Renditeprognosen hinterfragt gehören

Realistische Erwartungen statt Enttäuschung: Renditeprognosen sollten dem aktuellen Marktumfeld angepasst werden.
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Ich bin 70 Jahre alt. Aus einem Immobilienverkauf erhalte ich 2,4 Millionen Franken. Meine Frau und ich besitzen eine Eigentumswohnung mit einer Festhypothek 1,48 Prozent bis 2028 in der Höhe von 770'000 Franken. Ich möchte dann 370'000 Franken zurückzahlen und eine Geldmarkthypothek von 400'000 Franken belassen. Mit diesem Plan stünden mir neben der Wohnung und den Renten 2 Millionen zur Verfügung, die ich anlegen möchte. Ich denke an folgenden Plan: Liquid: 230'000 sowie VZ 800'000 Franken in Anlage-Portfolio eher mittleres Risiko, erwartete Rendite 4,6 Prozent während 8 bis 10 Jahren sowie LUKB: 500'000 Franken Anlage-Produkt mit ähnlichem Risiko und Anlagehorizont wie bei VZ sowie 500'000 Franken nur Aktien-Portfolio bei LUKB oder VZ. Anlagehorizont grösser als 10 Jahre. Halten Sie das für einen guten Plan? Leserfrage von P.L.

Aus Ihren weiteren Angaben ist für mich ersichtlich, dass Sie und Ihre Frau über das beschriebene Vermögen hinaus eine monatliche Rente von über 9000 Franken als Einkommen haben und Sie Ihr Vermögen für den Lebensunterhalt somit wahrscheinlich nicht wirklich brauchen. Dieser Aspekt ist für Ihren Plan und die Festlegung der Anlagestrategie entscheidend und gibt Ihnen auch beim Anlagehorizont wesentlich mehr Spielraum, der allerdings durch Ihr Alter bereits eingeschränkt ist.

Unklar ist für mich, warum Sie die Hypothek nach Ablauf nicht gleich ganz amortisieren wollen und stattdessen planen, eine Geldmarkthypothek auf Saron-Basis aufzunehmen. Natürlich wissen wir alle nicht, wie hoch bis dann die Saron-Zinsen sind. Angesichts der heutigen Entwicklung besteht allerdings eine gute Chance, dass die Zinsen in einigen Jahren kaum mehr so tief sind wie heute, sondern unter Umständen sogar deutlich höher. Würden Sie nur schon 3 Prozent Hypozins bezahlen, wären das für die verbleibende Hypothek von 400'000 Franken immer noch stattliche 12'000 Franken, die Sie der Bank abliefern, obschon Sie genügend Kapital hätten, um die Hypothek vollständig abzuzahlen.

Immerhin können Sie stattdessen diesen Betrag sowie das übrige Vermögen an den Finanzmärkten investieren, wie Sie es planen. Allerdings tragen Sie dann ein erhebliches Anlagerisiko. Die 12'000 Franken, die Sie auf der Hypothek sparen, hätten Sie indes auf sicher. In Ihrem Fall ist es ja auch nicht so, dass Sie neben der lebenslangen Rente zu wenig freie Mittel hätten für Ihr Alter.

Aufgefallen ist mir in Ihrem Plan noch ein anderer Aspekt: Sie planen, 800'000 Franken in ein Anlage-Portfolio beim VZ «mit einem eher mittleren Risiko und erwarteter Rendite von 4,6 Prozent während 8 bis 10 Jahren» zu investieren. Offen gesagt halte ich diese jährliche Rendite-Annahme nicht für realistisch. Vielleicht haben Sie Glück und die Rechnung geht auf. Eine Garantie dafür haben Sie aber nicht.

Aktien sind weiter als Anlageklasse sehr wichtig, aber man sollte seine Erwartungen an diese nicht zu hoch ansetzen.

Jedes Jahr durchschnittlich rund 5 Prozent Rendite bei mittlerem Risiko zu erwirtschaften, ist gar nicht so einfach. Damit Sie sich selbst ein Bild machen können, sollten Sie sich überlegen, woher denn diese fast 5 Prozent Rendite kommen sollen. Mit sicheren Franken-Obligationen bekommen Sie derzeit nach wie vor kaum Zins. Dollar-Anleihen bringen zwar schon einiges mehr, doch hier tragen Sie ein Währungsrisiko – ebenso bei Anleihen in Euro oder anderen Währungen. Immobilienanlagen sind in Ihrem Fall im Sinne der Diversifikation nicht sinnvoll, da Sie bereits viel Geld in der eigenen Immobilie haben. Gold und Silber sind zwar gut als Absicherung, bringen Ihnen aber keinen Zins und keine Dividende.

Somit bleiben als grosse Anlageklasse die Aktien. Diese sind als Dividendenquelle auch künftig eine wichtige und gute Ertragsstütze. Nur müssen Sie sich bewusst sein, dass sich die Perspektiven für Aktien eingetrübt haben. Steigende Zinsen, wie wir sie derzeit erleben, sind grundsätzlich schlecht für Aktien, da Gelder künftig eher wieder in Anleihen fliessen könnten. Der Krieg in der Ukraine und weitere geopolitische Gefahren könnten zusammen mit der verschärften Geldpolitik der grossen Notenbanken die Konjunktur stark bremsen. Allenfalls droht uns eine Stagflation – also ein Wirtschaftsabschwung mit steigender Inflation. In einem solchen Umfeld wird es für die Börsenfirmen schwieriger, wachsende Unternehmensgewinne zu erwirtschaften. Allenfalls sinken die Dividenden oder fallen bei einzelnen Unternehmen auch mal aus.

Auf jeden Fall halte ich es nicht für realistisch davon auszugehen, dass die Aktienindices weltweit in den nächsten acht bis zehn Jahren gleich stark wachsen wie sie dies in den letzten zehn Jahren getan hatten. Die Vorzeichen haben sich für die Börsen geändert. Es ist sogar möglich, dass wir eine längere Baisse bei den Aktien erleben. Momentan sinken zudem nicht nur die Kurse der Aktien, sondern wegen der steigenden Zinsen auch die Kurse vieler Obligationen. In einem solchen Kontext sollten Sie sich fragen, wie Ihre Bank eine jährliche Rendite von fast 5 Prozent erwirtschaften soll.

Aktien sind weiter als Anlageklasse sehr wichtig, aber man sollte seine Erwartungen an diese selbst mit einer längeren Perspektive nicht zu hoch ansetzen. Egal, wem Sie Ihr Geld zur Anlage anvertrauen: Vergessen Sie all die schönen Renditeprognosen, die Ihnen ein Anbieter vorlegt. Auf dem Papier sind diese beeindruckend, aber Sie sind nicht mehr wert als das Papier, auf dem sie stehen. Sie haben null Garantie, dass solche Prognosen eintreffen. Im Gegenteil: Unter Umständen sitzen Sie später auf hohen Buchverlusten. In einem negativen Marktumfeld ist es nur schon eine anständige Leistung, wenn man sein Vermögen gut erhalten kann. Das spricht alles nicht gegen eine Anlage des Geldes, aber dafür, dass man bei seinen Renditeerwartungen bescheiden wird.