Spendierfreudiger Joe BidenWarum die USA scheinbar grenzenlos Geld ausgeben können
Die Schulden der US-Regierung übertreffen bereits die Wirtschaftsleistung des Landes. Riesige weitere Ausgaben stehen noch an. Kann das gut kommen?
Die neue US-Regierung unter Joe Biden kennt keine Zurückhaltung, wenn es um die Staatsausgaben geht. Nach einem bereits beschlossenen Covid-19-Notpaket im Umfang von 1,9 Billionen Dollar (ausgeschrieben 1’900’000’000’000 Dollar) stehen weitere Ausgaben im Umfang von 6 Billionen verteilt über das nächste Jahrzehnt an.
Wie und wie lange können sich die US-Amerikaner das leisten? Die Antworten:
Die Entwicklung der Schuldenquote
Um Staatsschulden einordnen zu können, muss man sie ins Verhältnis zur Wirtschaftskraft eines Landes setzen, zum Bruttoinlandprodukt. Diese Quote ist in den USA seit den 1980er-Jahren stark angestiegen, aber nie in einem solchen Umfang wie im vergangenen Jahr. Verantwortlich dafür ist neben hohen Ausgaben bereits unter Donald Trump allerdings auch der Einbruch der US-Wirtschaft im Vorjahr.
Gemäss der Einschätzung des unparteiischen Budgetbüros des US-Parlaments wird sich die Verschuldung der USA bis Mitte des Jahrhunderts von aktuell 100 auf 200 Prozent des Bruttoinlandprodukts verdoppeln.
Die Grenzen der Verschuldung
Wie viele Schulden sich ein Land leisten kann, hängt ab vom Wirtschaftswachstum, dem Zinsniveau und der Teuerung. Bleiben die Zinssätze tiefer als die Wachstumsrate der Wirtschaft, schmerzt eine Verschuldung weniger. Wenn der Lohn einer Person stärker steigt als der Zins für ihre Schulden, fallen diese ebenfalls immer weniger ins Gewicht.
Wenn der Zinssatz aber steigt und das Wachstum übertrifft, sind die Folgen umso schlimmer, je höher die Verschuldung ist. Und gewöhnlich ist der Zinssatz nicht unabhängig von der Verschuldung. Je höher Letztere steigt, desto grösser wird das Risiko für Gläubigerinnen und Gläubiger, das Geld nicht zurückzuerhalten. Entsprechend werden sie einen höheren Zinssatz fordern.
Das Gleiche werden sie tun, wenn eine steigende Inflation droht, denn auch das mindert die Kaufkraft des ausgeliehenen Geldes. Doch nicht alle Länder sind diesen Gefahren gleichermassen ausgesetzt.
Das «exorbitante Privileg» der USA
Länder mit einer eigenen Notenbank und einer starken Währung haben einen grossen Vorteil. Sie sind in der eigenen Währung verschuldet und können notfalls geschuldetes Geld selber drucken. Schon deshalb zahlen sie für ihre Schulden sehr viel weniger Zinsen.
Zu diesen glücklichen Ländern zählt auch die Schweiz, die zudem eine vergleichsweise tiefe Schuldenquote von nur 45 Prozent aufweist.
Die ganze Welt legt in Dollar und in die Schulden der US-Regierung an, da sie als besonders sicher gelten. Ein Staatsbankrott der USA ist daher so gut wie ausgeschlossen.
Als sichere und starke Währungen gelten jene, die im internationalen Zahlungsverkehr und für die Reservehaltung eine grosse Bedeutung haben. Keine Währung hat ein auch nur annähernd so grosses Gewicht wie der US-Dollar. Das hat zum einen historische Gründe, liegt aber auch an der Dominanz des Kapitalmarkts der USA.
Die ganze Welt legt in Dollar und in die Schulden der US-Regierung an, da sie als besonders sicher gelten. Ein Staatsbankrott der USA ist daher so gut wie ausgeschlossen.
Risiko Inflation und die US-Notenbank
Das grösste ökonomische Risiko einer stark steigenden Verschuldung ist für die USA eine hohe Inflation. Ein drastischer Anstieg der Staatsausgaben kann zu einer Überhitzung der Wirtschaft führen und eine Spirale an Preissteigerungen auslösen.
Wenn das geschieht, muss die US-Notenbank ihren Leitzins deutlich anheben, um die Wirtschaft wieder zu bremsen. Die Regierung müsste dann mehr für die Schulden bezahlen und auch wegen der Inflation bei den Ausgaben auf die Bremse treten.
Wie gross ist diese Gefahr? Im Mai ist die Teuerung in den USA auf 5 Prozent gestiegen, so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr. Doch an den Kapitalmärkten hält man das für eine vorübergehende Entwicklung. Die Langfristzinsen sind jüngst wieder gesunken und verbleiben mit 1,46 Prozent für 10-jährige Staatsanleihen auf historischen Tiefstständen. Die US-Notenbank zeigt bisher ebenfalls kein Interesse an einer Veränderung ihrer extrem expansiven Geldpolitik.
Folgen für die Welt
Die Risiken einer zu hohen US-Verschuldung beschränken sich nicht auf die USA. Eine steigende Inflation und ein starker Zinsanstieg in den USA würden den Kapitalmärkten weltweit heftig zusetzen. Die Zinsen würden überall steigen. Währungsturbulenzen wären genauso wahrscheinlich wie Schuldenkrisen vor allem in Schwellenländern.
Fehler gefunden?Jetzt melden.