Ansturm auf MoonswatchWarum die neue Swatch zum Risiko für die Schwestermarke Omega wird
Die Monduhr von Swatch und Omega führt zu einem Rummel wie in den 1990er-Jahren. Die Luxusmarke Omega läuft aber Gefahr, dadurch abgewertet zu werden.
Seit dem Aufkommen der Smartwatch befindet sich die einstige Kultmarke Swatch auf dem absteigenden Ast. Nun meldet sich der Uhrenhersteller aus Biel mit einem Paukenschlag zurück. Die Lancierung der Moonswatch Ende März führte in der Schweiz und im Ausland zu langen Warteschlangen vor den Läden. Das weckt Erinnerungen an ähnliche Szenen in den 1990er-Jahren, als Swatch auf dem Höhepunkt des Erfolgs stand.
Das Design der Moonswatch ist stark angelehnt an das legendäre Speedmaster-Modell der Luxusuhrenmarke Omega, das als einzige Armbanduhr von Astronauten auf dem Mond getragen worden ist. Beide Manufakturen gehören zum weltgrössten Uhrenkonzern Swatch Group. Nur kostet das neue Swatch-Produkt 250 Franken und nicht um die 6000 Franken wie das Original von Omega.
Daher rührt denn auch der Rummel um die neue Uhr, die in den ersten Verkaufstagen bereits vergriffen war und nun wieder in die Läden kommen soll. Die Käuferinnen und Käufer zahlen für ein Billigprodukt aus Kunststoff, tragen aber einen Hauch Luxus am Handgelenk.
Diese Fantasie spiegeln bereits die Preise wider, die im Internet für die Moonswatch angeboten werden. Auf der Schweizer Seite des Onlinemarktplatzes Ebay verlangen Verkäufer für die neue Swatch-Uhr Preise von bis zu 3500 Franken.
Branchenkenner anerkennen zwar den kurzfristigen Nutzen für die angeschlagene Marke Swatch, verweisen aber auf Nachteile für Omega. «Das Risiko ist gross, dass Omega wegen der Zusammenarbeit mit der Billigmarke Swatch Prestige als Luxusmarke einbüsst», sagt Wirtschaftsprofessor Pierre-Yves Donzé. Er unterrichtet an der Universität Osaka in Japan und forscht zur Schweizer Uhrenindustrie.
Laut Donzé steht die Kooperation zwischen Swatch und Omega im Gegensatz zu den Strategien, welche alle Luxusmarken seit mehreren Jahrzehnten verfolgen: «Die Luxusmarken versuchen, sich als Güter mit hohem Mehrwert zu etablieren, die schwer zugänglich sind und damit nur für eine Elite bestimmt.» Der hohe Preis von Luxusmarken verkörpere diese Absicht, eine Distanz zur breiten Masse herzustellen.
Ehemaliger Swatch-Manager ist skeptisch
Selbst ehemalige Swatch-Manager sehen die Partnerschaft mit Omega kritisch. «Omega war die Marke meines Vaters. Jetzt läuft sie Gefahr, das Spielzeug des Jahres für meinen Neffen zu werden. Omega wurde zusammen mit Swatch in den Billigbereich gedrängt», schreibt Dominique Touchaud in einem Gastbeitrag für «The Drum», ein Portal der internationalen Marketingbranche. Touchaud verantwortete die weltweiten Werbekampagnen bei Swatch, bevor er seine eigene Marketingagentur Shokunin gründete.
Wirtschaftsprofessor Donzé vermutet, dass die Swatch Group eine Schwächung der Marke Omega bewusst in Kauf nimmt, um die industrielle Basis der ganzen Gruppe zu stärken. Die Moonswatch sei ein Beleg dafür, dass der Uhrenkonzern den Schwerpunkt nicht nur auf die lukrativen Luxusmarken setze, sondern auch seine Uhren aus dem unteren und mittleren Preissegment stütze.
Während die neue Monduhr der angestaubten Marke Swatch neues Leben einhaucht, profitiert auch Omega vom Trubel. Die Moonswatch soll die Käufer dazu verleiten, später einmal eine Omega zu kaufen. Denn die Luxusmarke verliert gegenüber der Konkurrenz an Terrain.
So hat Cartier im vergangenen Jahr Omega beim Absatz überholt und vom zweiten Rang der umsatzstärksten Marken verdrängt, wie eine aktuelle Studie zur Schweizer Uhrenindustrie zeigt. Spitzenreiter bei den Luxusmarken bleibt mit Abstand Rolex.
Aufschlussreich ist die Reaktion von Omega selbst. Auf die Frage, ob die Marke aufgrund der Zusammenarbeit mit Swatch nicht eine Entwertung befürchtet, lautet die Antwort: «Omega nimmt dazu keine Stellung.»
Swatch Group betritt Neuland
Einmalige Zusammenarbeiten zwischen Luxusmarken und Billigmarken sind kein neues Phänomen. Bislang ist das vor allem aus der Modebranche bekannt. Ein Beispiel dafür ist die Kollektion, welche der US-Modeschöpfer Isaac Mizrahi im Jahr 2003 für die Detailhandelskette Target entworfen hatte. Neu ist aber, dass ein Hersteller aus der eher vorsichtigen Schweizer Uhrenindustrie eine solche Marketingaktion gewagt hat.
Branchenkenner Oliver Müller rechnet deshalb damit, dass es weitere solche Kooperationen geben wird. «Die Marke Swatch dürfte es nicht bei dieser einen Aktion belassen», sagt der Inhaber des Waadtländer Beratungsunternehmens Luxeconsult. «Und ich würde wetten, dass sich die eine oder andere Traditionsmarke ausserhalb der Swatch Group für eine solche Zusammenarbeit wird gewinnen lassen.»
Die Wette gilt.
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