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Geldblog: Persönliche Anlagestrategie
Wann sollte man Buchgewinne ins Trockene bringen?

Individuelle Ziele, Strategie und Anlagehorizont: Bei Börsenentscheiden gibt es keine universal gültige Anleitung.
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Ich habe mehrere Aktien zu einem zu hohen Kurs gekauft: Macht es Sinn, sie weiter im Depot zu halten, oder ist es besser, sie mit Verlust zu verkaufen und neue Titel zu kaufen? Und: Ab welchem Prozentsatz macht es Sinn, Aktien mit Gewinn zu verkaufen und in neue Aktien zu investieren? Leserfrage von J.K.

Mit Ihren Fragen sprechen Sie gleich mehrere Aspekte an, die derzeit viele Investoren beschäftigen. Zu den angenehmen Anlegerproblemen gehört die Frage, ob man Gewinne auf Aktien realisieren soll und ab welcher Gewinnspanne dies sinnvoll ist. Die Antwort hängt von Ihren persönlichen Anlagezielen, ihrer Strategie und Ihrem Anlagehorizont ab. Je nach Ihrer Strategie leitet sich eine andere Handlungsweise ab.

Wenn Sie mit Wertschriften traden und nicht daran interessiert sind, Aktien während Jahren zu halten, sondern mit ihren Börsengeschäften immer wieder mal einen Gewinn herausholen wollen, sollten Sie im aktuellen Börsenklima regelmässig Kursgewinne realisieren. Nach der langen Hausse kann es an den Märkten jederzeit zu einer Korrektur kommen. Wenn man kurzfristig orientiert ist, ist es lohnenswert, seine Gewinne ins Trockene zu bringen.

Einen fixen Prozentsatz, ab dem man Kursgewinne realisieren sollte, kann ich Ihnen nicht nennen. Das ist eine reine Ermessensfrage. Bei einer konservativen Aktie wie Nestlé oder Roche ist ein Kursgewinn von 20 Prozent schon sehr viel. Bei stark schwankungsanfälligen und oft auch spekulativ getriebenen Wachstumswerten etwa aus dem US-Techsektor können die Papiere in guten Phasen wie jetzt locker auch mal 50 oder mehr Prozent im Plus liegen.

Entscheidend sind die weiteren Gewinnperspektiven. Solange diese vielversprechend sind, kann man die Gewinne auch noch etwas laufen lassen. Falls man gleichzeitig aber zum Schluss kommt, dass sich das gesamte Marktumfeld eintrüben könnte und eine Korrektur droht, würde ich bei einem kurzfristigen Anlagehorizont die Gewinne lieber ins Trockene bringen.

Anders ist es bei einem langen Anlagehorizont: Wenn Sie bei Qualitätsaktien die Gewinne realisieren, haben Sie danach das Problem, wie Sie das so frei gewordene Kapital neu investieren. Natürlich können Sie darauf hoffen, dass es schnell zu einer Korrektur kommt und sie vielleicht die gleichen Titel günstiger wieder kaufen können. In der Praxis funktioniert dies oft nicht. Wenn Sie in erster Linie an regelmässigen Erträgen aus den Dividenden interessiert sind, würde ich die Papiere mit guten Gewinn- und Dividendenperspektiven eher laufen lassen und langfristig im Depot lassen.

Bei negativen Gewinn- und Marktperspektiven sollte man lieber über seinen Schatten springen und auch mal Titel aus dem Depot werfen, obwohl man einen Buchverlust realisiert.

Noch komplexer ist die Frage, wie man mit Buchverlusten umgehen soll. Einerseits sind diese ärgerlich, anderseits läuft man Gefahr, dass man Kapital in Firmen gebunden hat, die vielleicht über Jahre hinweg nichts bringen. Hier empfehle ich, die Gewinnaussichten sowie das Marktumfeld der einzelnen Unternehmen genau zu analysieren. Wenn beides eher negativ ausfällt, würde ich die Aktien trotz Buchverlusten abstossen – ganz nach dem Moto: lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Falls Ihre Analyse aber ergibt, dass das Unternehmen die Hausaufgaben gemacht hat, im operativen Geschäft eine klare Erholungstendenz sichtbar ist und sie das Geld nicht brauchen, kann es sich durchaus lohnen, auf eine Erholung zu setzen.

Oft macht man allerdings den Fehler, dass man zu lange wartet. Ein Lied davon singen können all die Anleger, die vor vielen Jahren die Aktien der beiden Grossbanken CS und UBS gekauft hatten und noch heute auf eine Erholung warten. Dieses Beispiel zeigt, dass man bei negativen Gewinn- und Marktperspektiven lieber über seinen Schatten springen und auch mal Titel aus dem Depot werfen sollte, obwohl man einen Buchverlust realisiert. Weil dies oft viel Überwindung braucht, kann es sinnvoll sein, sich eine Buchverlustgrenze von beispielsweise 20 Prozent zu setzen. Wenn diese überschritten wird, macht man reinen Tisch. Allerdings ist auch das eine reine Ermessensfrage.

Die Aktien des Reisedetailhändlers Dufry etwa kosteten wegen der Coronakrise zeitweise nur noch 16 Franken, haben sich seither aber auf rund 50 Franken erholt und dürften sich noch stärker erholen – vorausgesetzt, dass wir die Corona-Pandemie weltweit einigermassen in den Griff bekommen und der Flugverkehr weiter anzieht.