Wahl am 13. Dezember 2023Grüne Träume platzen – aber Die Mitte schielt auf FDP-Sitz im Bundesrat
Der Bundesratsplan der Grünen geht nicht auf. Trotzdem kann sich der Freisinn seiner zwei Regierungssitze nicht sicher sein. Denn Die Mitte will zurück zu alter Stärke.
Die Grüne Partei hat ihren Coup von langer Hand geplant. Seit Monaten castete eine Findungskommission Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundesrat. Am Schluss stand eine geheime Zwölfer-Liste.
Doch mit der deutlichen Wahlniederlage scheint der lange gehegte grüne Traum vom baldigen Einzug in den Bundesrat geplatzt. In der SRF-«Elefantenrunde» der Parteipräsidenten blies der Grüne Balthasar Glättli deshalb nicht wie geplant zum Angriff. Zwar beharrte er darauf, dass die Grünen «rein arithmetisch» weiterhin deutlicher Anspruch auf einen Regierungssitz hätten als andere Parteien auf zwei. Aber «politisch» sei dieser Anspruch angesichts der Verluste kaum durchsetzbar. (Unsere Analyse dazu: Die Grünen werden für ihre Versäumnisse bestraft)
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Fast identisch ist die Lage bei den Grünliberalen. Zwar fielen deren Verluste etwas kleiner aus als die der Grünen. Doch auch die Grünliberalen verpassten ihre Wahlziele deutlich. Und auch sie hatten sie mit ihren Bundesratsansprüchen verknüpft. (Mehr dazu: Grünliberale verlieren mehrere Wackelsitze – «das ist wahnsinnig bitter»)
SP-Anspruch bestätigt
Damit spricht einiges dafür, dass die Schweizer Regierung auch nach der Gesamterneuerungswahl vom 13. Dezember mit je zwei Vertretern der SVP, der SP und der FDP sowie einer Vertreterin der Mitte besetzt ist. Von den Amtierenden tritt einzig Sozialdemokrat Alain Berset nicht mehr an.
Die SP hat die Kandidierenden für seine Nachfolge noch nicht bestimmt. Angesichts der Resultate der Parlamentswahlen dürfte niemand von extern ernsthaft gegen sie antreten: Die Sozialdemokraten haben ihren Wähleranteil am Sonntag leicht steigern können und bleiben im Nationalrat die zweitstärkste Kraft.
Spannend könnte die Bundesratswahl dennoch werden, falls Die Mitte in die Bresche springt. Die Partei erhebt zwar keinen Anspruch auf die Berset-Nachfolge, aber sie liebäugelt mit einem der beiden FDP-Sitze.
Bei den National- und Ständeratswahlen liefern sich Mitte und FDP ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer am Schluss die grössere Vertretung ins Bundeshaus schickt, dürfte sich erst nach den zweiten Wahlgängen im Ständerat zeigen.
Mitte-Chef Pfister hat unterstrichen, dass seine Partei keine amtierenden Bundesräte abwähle.
Die Mitte träumt von zwei Bundesratssitzen und damit von der Rückkehr zur alten Stärke ihrer Vorgängerpartei CVP. Mittelfristig will sie dem Freisinn einen der beiden Posten in der Landesregierung abjagen. Mitte-Präsident Gerhard Pfister betonte in der «Elefantenrunde», er habe stets gesagt: «Vier Sitze rechts sind zu viel.» Damit meint er die je zwei Sitze von SVP und FDP. Pfister verwies darauf, dass der CVP vor zwanzig Jahren ihr zweiter Bundesratsposten abgenommen worden sei, als sie ungefähr denselben Wähleranteil gehabt habe wie die FDP heute.
FDP-Präsident Thierry Burkart konterte den Angriff mit dem Verweis auf den damaligen klaren Anspruch der aufstrebenden SVP. Die SVP hatte zuvor andere Parteien mehrfach deutlich hinter sich gelassen.
Mitte-links oder Mitte-rechts?
Kurzfristig wird Die Mitte dem Freisinn wohl kaum einen Sitz streitig machen. Präsident Pfister hat am Sonntag unterstrichen, dass seine Partei keine amtierenden Bundesräte abwähle.
Weder bei FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter noch bei FDP-Bundesrat Ignazio Cassis gibt es Anzeichen für einen baldigen Rücktritt. Keller-Sutter hat erst Anfang Jahr das Finanzministerium übernommen und ist mit 59 noch einige Jahre vom Pensionsalter entfernt. Cassis ist seit fünf Jahren unverändert Aussenminister und bereits 62.
Beim Duell zwischen Mitte und FDP geht es um weit mehr als um eine kleine Verschiebung im bürgerlichen Lager. Sondern darum, ob die Schweiz eine Mitte-links-dominierte Regierung bekommt. Oder ob sie eine Mitte-rechts-dominierte behält. FDP-Präsident Burkart warnte am Wahlabend denn auch vor einem «Linksrutsch» im Bundesrat.
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Die Grünen scheinen für Mitte-links Hand bieten zu wollen – auch ohne eigenen Bundesrat. Jedenfalls sagte ihr Präsident Glättli am Wahlabend, es brauche «Mehrheiten, die nicht Sündenböcke suchten, sondern Lösungen».
«Die Zauberformel ist tot, das sehen wir ganz klar», fand Fraktionschefin Aline Trede vor den Medien. «Wir brauchen eine Veränderung im Bundesrat.»
Über das weitere Vorgehen der Partei bei den Bundesratswahlen wird die nun geschrumpfte Fraktion am Freitag entscheiden. Nicht ausgeschlossen ist, dass sie doch noch einen Kandidaten oder eine Kandidatin aufstellt.
Damit drohen die Grünen aber ihre Geschichte von bald dreieinhalb Jahrzehnten Scheitern – und oft hoffnungslosen Angriffen – fortzuschreiben.
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