Bezug von VorsorgekapitalSuperreiche sollen bis zu viermal so viel Steuern zahlen
Der Bundesrat hält die Steuerprivilegien bei der 2. und der 3. Säule für zu gross. Damit hat er einen Aufschrei ausgelöst. Jetzt legt er mit einem neuen Konzept nach und nimmt Vermögende ins Visier.
- Die Landesregierung möchte die steuerlichen Vorteile bei Kapitalbezügen reduzieren.
- Dies würde vor allem für Vermögende teuer.
- In erster Linie plant der Bundesrat aber Einsparungen – etwa bei AHV-Geldern und Subventionen für den Klimaschutz.
- Das soll jährlich 2,7 bis 3,6 Milliarden Franken einbringen.
Der Bundesrat hat am Mittwoch sein Entlastungspaket in die Vernehmlassung gegeben. Damit will er die Bundesfinanzen längerfristig wieder ins Gleichgewicht bringen. Die Ausgaben für die Armee und die AHV steigen stark.
Sein Paket sieht vor allem Ausgabenkürzungen vor, die der Bundesrat bereits im letzten September bekannt gegeben hat. Aber nicht nur. Er packt auch Steuerprivilegien bei der 2. und der 3. Säule an. Dies soll zu Mehreinnahmen von 200 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer führen.
Seine ursprünglichen Pläne haben im vergangenen Herbst für grossen Protest gesorgt. Nun hat der Bundesrat ein neues Konzept präsentiert. Klar ist, dass Einzahlungen in die 2. und die 3. Säule auch in Zukunft vom Einkommen abgezogen werden dürfen. Damit lassen sich also während des Erwerbslebens weiterhin Steuern sparen.
Was aber geschieht im Alter? Für all jene, die lediglich eine Rente beziehen, ändert sich gar nichts. Wer sich dagegen das Vorsorgekapital auf einen Schlag auszahlen lässt, muss künftig mit deutlich höheren Steuern rechnen. Vor allem wenn man sehr hohe Kapitalsummen bezieht.
Bonus für Ehepaare
Dies ist vor allem bei Spitzenverdienern der Fall, die während ihres Erwerbslebens einen grossen Teil des Einkommens in die Pensionskasse stecken, um darauf keine Steuern zahlen zu müssen. Für sie wird es künftig teuer. Zumindest wenn es nach dem Bundesrat geht.
Er will nämlich die Steuersätze für hohe Kapitalbezüge markant erhöhen. Wer künftig ein Pensionskassenkapital von einer Million Franken beziehen will, soll davon 42’595 Franken an den Bund abliefern müssen – statt wie bisher 23’000 Franken. Also fast das Doppelte. Hinzu kommen noch die Steuern an die Kantone, an denen sich nichts ändert.
Doch bleiben wir beim Bund. Heute muss ihm kein Kapitalbezüger mehr als 2,3 Prozent abliefern. Künftig sollen es im absoluten Extremfall auch mal 11,5 Prozent sein können. Das dürfte aber kaum je zur Anwendung kommen. In seiner Botschaft zum Entlastungsprogramm hat der Bundesrat aber eine Tabelle abgebildet, die auch Kapitalbezüge von 10 und 20 Millionen Franken vorsieht. Im letztern Fall würden rund 1,9 Millionen Franken an Bundessteuern fällig – rund das Vierfache von heute.
Bei kleineren Kapitalbezügen ändert sich dagegen wenig. Lässt sich eine alleinstehende Person 100’000 Franken auszahlen, soll sie künftig 595 statt 547 Franken an den Bund entrichten. Beziehen Verheiratete je 50’000 Franken, kämen sie sogar günstiger als heute. Sie müssten nur noch 190 statt 372 Steuerfranken abliefern.
Grund dafür ist, dass Kapitalbezüge von Eheleuten künftig nicht mehr zusammengerechnet werden sollen. All dies gilt sowohl für die 2. als auch für die 3. Säule. Der Bundesrat hält es nicht für gerechtfertigt, zwischen den beiden Säulen einen Unterschied zu machen. Obwohl man das Pensionskassengeld auch als Rente beziehen kann, nicht aber die 3. Säule.
Der Kapitalbezug bleibe auch so steuerlich günstiger als der Rentenbezug, schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft. Und der Anreiz zum Vorsorgesparen bleibe erhalten.
Steuerberater fürchten um Geschäft
Die Steuerberater werden freilich wenig begeistert sein – ebenso wenig wie die Banken und Versicherungen. Für sie sind grosse Bezüge von Vorsorgekapital ein gutes Geschäft. Es winken langfristig angelegte Gelder sowie Gebühren, Prämien und Beratungshonorare. Steigen die Steuern, reduziert dies den Anreiz für solche Steueroptimierungen.
Der Bundesrat wiederum verspricht sich von der Reform neben zusätzlichen Steuereinnahmen auch weniger Ausgaben. Ihm ist es recht, wenn weniger Menschen das Vorsorgekapital auf einen Schlag beziehen. Denn wer dies tut, hat zuweilen im hohen Alter nichts mehr davon übrig. Dann muss der Staat einspringen und die Betroffenen mit Ergänzungsleistungen unterstützen.
Das Risiko dafür steigt. 2023 haben erstmals mehr Neupensionierte ihr ganzes Pensionskassenkapital bezogen als dieses vollständig in eine Rente umgewandelt. Der Bundesrat will daher trotz Protesten am Eindämmen der Steuerprivilegien bei der 2. und der 3. Säule festhalten. Auch «im Sinne der Ausgewogenheit des Pakets». Denn dieses soll auch Mehreinnahmen enthalten.
In erster Linie sieht das Entlastungspaket aber Ausgabenkürzungen vor. Es orientiert sich dabei an rund 60 Massnahmen, die dem Bundesrat eine Expertengruppe unter der Leitung von Serge Gaillard vorgeschlagen hat.
Paket trifft Klimasubventionen, AHV-Gelder und Personal
Die bundesrätlichen Pläne führen allerdings nicht dazu, dass die Ausgaben sinken. Sie steigen einfach weniger stark als bisher vorgesehen. Von einem eigentlichen Sparpaket kann man daher nicht sprechen. Die vorgesehenen Massnahmen sind dennoch einschneidend. Sie betreffen vor allem Bereiche, die Linken ein Anliegen sind. Unter anderem plant der Bundesrat Folgendes:
Die Bundessubventionen für klimafreundliche Umbauten sollen um rund 400 Millionen Franken pro Jahr gekürzt werden.
Weiter will der Bundesrat die Bundesbeiträge für die AHV um rund 200 Millionen Franken pro Jahr senken. Sie sollen künftig von der Höhe der Mehrwertsteuereinnahmen abhängen, nicht mehr von den AHV-Ausgaben.
Auch im sogenannten «Eigenbereich» soll der Bund jährlich rund 300 Millionen Franken sparen. Ein Grossteil davon soll das Bundespersonal treffen.
Bei den Kinderkrippen hat bereits der Ständerat eingegriffen und sich gegen Bundesbeiträge von 800 Millionen Franken pro Jahr ausgesprochen. Entsprechend konnte der Bundesrat diesen Posten aus seinem Entlastungsprogramm streichen.
Der Bundesrat rechnet nun damit, dass sein Programm ab 2027 zwischen 2,7 und 3,6 Milliarden Franken einbringt. Damit sollen sich die erwarteten Defizite vermeiden lassen. Doch der Widerstand dürfte gross sein und von vielen Seiten kommen.
Die Landesregierung hofft jedoch auf einen breit abgestützten Kompromiss, der sowohl beim Parlament als auch beim Volk durchkommt. Sie will deshalb alle dafür nötigen Gesetzesänderungen in einem Mantelerlass bündeln. Das Kalkül des Bundesrats dabei: Es wird wohl niemand ganz zufrieden sein mit dem Paket, aber weniger als die Hälfte derart unzufrieden, dass sie das Paket ablehnt.
Ein Referendum dagegen dürfte aber kaum zu vermeiden sein. Vor allem auf der linken Seite ist der Unmut gross. So kritisiert etwa die SP: «Dieses Paket ist ein Frontalangriff auf die soziale Schweiz.» Derweil hat die FDP bereits angekündigt, höhere Steuern bei Vorsorgebezügen entschieden zu bekämpfen.
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