Nachwehen zu «Sofagate»Von der Leyen sieht sich als Frau diskriminiert
Die EU-Kommissionschefin ist drei Wochen nach dem diplomatischen Eklat in der Türkei noch einmal an die Öffentlichkeit getreten. «Ich fühle mich verletzt», erklärt die Deutsche.
Nach dem diplomatischen Eklat bei ihrem Türkeibesuch vor drei Wochen erhob EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schwere Vorwürfe und forderte mit Nachdruck die Gleichstellung von Frauen. Nur weil sie eine Frau sei, sei sie nicht ihrem Amt gemäss behandelt worden, sagte von der Leyen am Montag im Europaparlament. «Ich fühlte mich verletzt und allein gelassen, als Frau und als Europäerin.»
Bei dem Besuch Anfang April hatte nur EU-Ratspräsident Charles Michel auf einem Sessel neben dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Platz nehmen dürfen. Von der Leyen musste hingegen abseits auf einem Sofa sitzen. Der Vorfall wurde als «Sofagate» bekannt. (Lesen Sie auch unseren Kommentar: Zwei Pflöcke und eine Lady).
«Dies zeigt, wie weit der Weg noch ist, bis Frauen als Gleiche behandelt werden», sagte von der Leyen. Sie selbst sei privilegiert, weil sie sich wehren könne. Millionen Frauen, die täglich verletzt würden, könnten dies jedoch nicht. Tausende viel schlimmere Zwischenfälle würden nie bekannt.
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Die Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen sei ein wichtiges Instrument dagegen, sagte von der Leyen. Der Rückzug der Türkei aus dem Vertrag sei ein furchtbares Signal. Doch sei es auch nicht akzeptabel, dass einige EU-Staaten das Abkommen noch nicht ratifiziert hätten und andere über eine Abkehr nachdächten. «Gewalt gegen Frauen und Kinder ist ein Verbrechen, wir müssen es als Verbrechen benennen» und ahnden.
Die Kommissionschefin bekräftigte die Forderung, die EU selbst müsse als Organisation Mitglied der Istanbul-Konvention werden. Da die Ratifizierung des Abkommens nach der Unterzeichnung 2017 aber inzwischen im Rat der Mitgliedstaaten blockiert sei, werde ihre Behörde zum Jahresende «alternative Massnahmen» vorschlagen.
Respekt für Frauen als Voraussetzung für Dialog
An die Adresse der Türkei sagte sie, der Respekt für Frauenrechte sei wichtige Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Dialogs und die Ausweitung gemeinsamer Programme. Gefordert seien darüber hinaus eine weitere Deeskalation im östlichen Mittelmeer sowie die Achtung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. «Das sind unsere Bedingungen für eine Vertiefung unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Türkei», sagte die Kommissionspräsidentin.
EU-Ratschef Michel sagte zu «Sofagate», er habe öffentlich sein Bedauern ausgedrückt und mit von der Leyen vereinbart, dass sich so etwas nie wiederholen dürfe. Er höre auch die Kritik, dass er in der Situation bei Erdogan anders hätte reagieren müssen. Doch habe er nicht monatelange Arbeit zur Vorbereitung des Besuchs zunichte machen wollen. Er bekundete seine unerschütterliche Unterstützung für die Gleichberechtigung der Frau. (Vgl.: EU-Ratspräsident muss sich erklären).
Von der Leyen kündigte in Brüssel zudem ein Treffen mit Vertretern der anderen EU-Institutionen an, um dort die Zahl der Frauen zu erhöhen. Unter ihren Kommissarinnen und Kommissaren sei dies unter ihrer Führung erstmals gelungen, sagte sie. In der Kommission insgesamt liege der Frauenanteil derzeit bei mehr als 40 Prozent. Sie forderte die Verwaltung von Europaparlament und EU-Rat auf, dem Beispiel der Kommission zu folgen.
SDA/AFP/fal
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