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«Sofagate» in Ankara
Von der Leyen darf nicht neben Erdogan sitzen

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Bei der Ankunft im Präsidentenpalast in Ankara war alles noch normal. «Bitte folgen Sie mir», sagte Recep Tayyip Erdogan zu Charles Michel und Ursula von der Leyen, nachdem die Gäste aus Brüssel aus ihren Limousinen geklettert waren. Im Gebäude erlebte zumindest die EU-Kommissionspräsidentin eine Überraschung: Vor den Fahnen der Türkei und der Europäischen Union standen nur zwei Sessel - auf denen sich Erdogan und EU-Ratspräsident Michel niederliessen.

Von der Leyen, immerhin die erste Frau an der Spitze der Kommission und damit Chefin von 30’000 EU-Beamten, reagierte auf die Sitzordnung mit einem verblüfften «Ähmm», wie auf einer Videoaufnahme zu hören ist. Der 63-Sekunden-Clip sorgt nun als «Sofagate» für Wirbel, weil er für viele zum Machogehabe Erdogans passt. So hatte er Ende März den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention verkündet, die Frauen vor Gewalt schützen soll. (Lesen Sie dazu unsere Analyse: Erdogans Politik wirkt aggressiv, aber auch orientierungslos). Als «Schande» bezeichnete Iratxe García Pérez, die Fraktionschefin der Sozialdemokraten im EU-Parlament, in einem Tweet die Behandlung von der Leyens, die schliesslich auf einem Sofa Platz nahm.

In einiger Entfernung platziert: Von der Leyen wurde ein Platz auf dem Sofa zugewiesen. (6. April 2021)

«Das war kein Zufall, das geschah absichtlich», kommentierte die niederländische EU-Abgeordnete Sophie in 't Veld und zeigte wie andere Beobachter auf Twitter zwei Fotos. Auf ihnen ist Erdogan bei früheren Treffen mit der EU-Spitze in Brüssel und Antalya zu sehen: Damals wurde kein Unterschied gemacht zwischen Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk. In 't Veld stellte noch eine andere Frage: «Warum blieb Charles Michel still?» Schliesslich hätte er einen dritten Sessel verlangen oder von der Leyen seinen Platz anbieten können.

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Dessen Mitarbeiter sagten dem politischen Medium «Politico», dass protokollarisch alles in Ordnung gewesen sei: Michel habe als Vertreter der Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten das türkische Staatsoberhaupt besucht und am Treffen hätten auch die Vertreter der jeweiligen Exekutive teilgenommen. Aus Ankara hiess es, man habe niemandem schaden wollen, wobei in Brüssel auch manche eine Falle Erdogans nicht ausschliessen wollen.

Substanz der Gespräche war der Chefin wichtiger

Am Mittwoch sagte von der Leyens Sprecher, dass die Präsidentin der EU-Kommission dem EU-Ratspräsidenten gleichgestellt ist: «Wir werden sicherstellen, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt.» Er betonte, dass von der Leyen die Substanz der Gespräche wichtiger gewesen sei als Protokollfragen.

In dem zweistündigen Treffen mit Erdogan hatten Michel und von der Leyen betont, dass die der Türkei angebotene «Positivagenda» mit mehr Wirtschaftskooperation nur Unterstützung vom Europaparlament und den Bürgern in Europa finden werde, wenn sich in der Türkei die Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Lage bei Menschen- und Frauenrechten verbessere. In ihrer Pressekonferenz nannte von der Leyen am Dienstag das Ziel, zwischen der EU und der Türkei eine «ehrliche Partnerschaft» aufzubauen. Diese, so scheint es jedoch, fehlt manchmal bereits zwischen den EU-Institutionen.