Sturz von AssadVon CNN aus Horrorgefängnis «befreiter» Syrer soll selbst Folterer sein
Nach dem Fall des Diktators fand eine Crew des US-Fernsehsenders im Foltergefängnis von Damaskus einen mutmasslich eingekerkerten Mann. In Wahrheit war er wohl selbst ein Scherge des Regimes.
Nach der Flucht von Bashar al-Assad aus Damaskus nach Moskau am Wochenende haben die islamistischen Rebellen die Kontrolle über die syrische Hauptstadt übernommen. Als eine ihrer ersten Amtshandlungen öffneten sie die Tore des berüchtigten Foltergefängnisses des Diktators, liessen die Gefangenen frei und machten es der Öffentlichkeit zugänglich.
Unter den ersten «Besuchern» dieses schrecklichen Ortes war auch eine Crew des US-Fernsehsenders CNN. Die Journalistin Clarissa Ward durchsuchte, begleitet von einer Wache und der Kamera, die dunklen Räumlichkeiten. In einem schier unglaublichen Fernsehmoment entdeckt sie dabei einen Mann unter einer Decke in einer abgeschlossenen Zelle, mutmasslich ist es ein vergessener Häftling. Die Tür wird vom Rebellen mit einem Schuss auf das Schloss geöffnet.
Das Fernsehteam schafft den Mann ins Freie, er wirkt wirr, aber dankbar. Später sagt er vor der Kamera aus, er komme aus Homs, sitze seit drei Monaten im Gefängnis und habe von Assads Sturz nichts mitbekommen. Die Medienschaffenden wissen: Das hier ist pures TV-Gold. Der Beitrag flimmert zur besten Sendezeit über die US-Bildschirme und wird im Internet millionenfach geteilt.
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Doch insbesondere im Netz löst die Geschichte Skepsis aus. Die Erscheinung des Befreiten deutet nicht auf einen dreimonatigen Gefängnisaufenthalt in einer dunklen Zelle hin. Kurz geschorenes Haar, schön gestutzter Bart, saubere Kleidung – alles zu perfekt, um wahr zu sein.
Befreiter war Geheimdienst-Oberleutnant
Am Montag erklärte nun auch Verify-Sy, eine unabhängige syrische Plattform zur Faktenprüfung, dass der Mann im Video wohl gelogen hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach handle es sich um Salama Mohammad Salama, Oberleutnant beim Geheimdienst der syrischen Luftwaffe. Er soll unter Assads Führung mehrere Sicherheitskontrollpunkte in Homs geleitet haben. Ihm werden Diebstähle, Erpressungen und Nötigung von Einwohnern vorgeworfen.
Die Plattform behauptet weiter, Salama soll direkt an der Tötung und Folterung von Zivilisten beteiligt gewesen sein. Dazu veröffentlichte sie ein Foto, dass Salama in Militäruniform in seinem Büro zeigen soll.
Auch für die Inhaftierung des Assad-Schergen gibt es eine Erklärung: So sollen Anwohner den Faktenprüfern erzählt haben, dass sie auf einen Streit mit einem höherrangigen Offizier über die Gewinne aus erpressten Geldern zurückzuführen sei. Er sei deswegen auch nicht drei Monate, sondern lediglich ein paar Tage hinter Gittern gewesen, «damit er zur Besinnung kommt».
Kontakt abgebrochen
CNN hat mittlerweile bestätigt, womöglich die falsche Identität des Inhaftierten angegeben zu haben. Der Vergleich der TV-Aufnahmen mit einem alten Bild von Salama sei von einer Gesichtserkennungssoftware mit 99 Prozent Übereinstimmung ausgewertet worden. In einer Stellungnahme im britischen «Telegraph» beharrt der Fernsehsender darauf, journalistische Standards eingehalten zu haben. Alles habe sich so zugetragen wie im TV-Bericht dargestellt. Zudem habe ein syrischer Rebell die Zelle geöffnet und entschieden, den Mann freizulassen.
Wo sich Salama jetzt aufhält, ist unklar. Der Kontakt zu ihm sei abgebrochen, sagt CNN. Am Sonntag war er von einer Hilfsorganisation nach Homs gebracht worden. Seither ist er untergetaucht.
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