Ein Ende mit FragezeichenDiese Bilder zeigen den Abzug der Russen aus Syrien – falls sie denn wirklich gehen
Es gibt Anzeichen, dass die russische Militärpräsenz in Syrien nach dem Sturz Assads auf ihr Ende zugeht. Doch ganz eindeutig ist die Lage nicht.
Ein langer Konvoi aus russischen Militärfahrzeugen rollte am Montag über die Autobahn in Richtung der syrischen Stadt Tartus. Soldaten standen Wache. Am russischen Luftwaffenstützpunkt Hmeimim in der Küstenprovinz Latakia stiegen immer wieder Flugzeuge auf oder landeten, während aus dem Inneren des Stützpunkts Rauch aufstieg. Was dort brannte, war unklar.
In den Strassen von Hmeimim, einer ländlich geprägten Stadt mit Orangenhainen, sind viele Geschäfte russisch beschildert. Es ist ein Hinweis auf die Bedeutung der russischen Militärpräsenz in dem Gebiet. Doch ob und wie lange diese noch andauern wird, ist nach dem Sturz des syrischen Langzeitmachthabers Baschar al-Assad offen.
Russlands brutale Intervention aufseiten Assads wendete einst das Blatt im syrischen Bürgerkrieg. Im Jahr 2017 unterzeichnete Assads Regierung ein Abkommen, das Moskau eine kostenlose Pacht sowohl des Luftwaffenstützpunkts Hmeimim als auch der Marinebasis Tartus für 49 Jahre zusicherte.
Aber im November starteten oppositionelle Kräfte im Nordwesten des Landes eine Schockoffensive, die Assads Herrschaft von Neuem bedrohte. Moskau schaute weitgehend tatenlos zu – wenngleich es Assad und dessen Familie Asyl gewährt hat.
Am Montag äusserte sich der frühere Präsident erstmals öffentlich. Als die Aufständischen die Hauptstadt Damaskus stürmten, sei er am 8. Dezember nach Hmeimim aufgebrochen, habe aber nicht vorgehabt, aus dem Land zu flüchten. Nachdem der Luftwaffenstützpunkt mit Drohnen angegriffen worden sei, hätten die Russen entschieden, ihn nach Russland zu evakuieren.
Seit dies geschehen ist, hat es keine Zusammenstösse zwischen den russischen Truppen und den früheren Aufständischen gegeben, die plötzlich die De-facto-Sicherheitshoheit über ganz Syrien haben. Dabei stammen viele der Kämpfer aus Regionen im Nordwesten des Landes, die immer wieder von Russland bombardiert worden sind – und in denen Moskau sich gewiss keiner Liebe erfreut.
Ein Kämpfer, der am Montag den zivilen Flughafen neben dem russischen Luftwaffenstützpunkt bewachte, sagte: «Die Russen bereiten sich darauf vor, aus Syrien abzuziehen, so Gott will.» Er nannte nur seinen Spitznamen Abu Saif, weil er nicht befugt war, sich öffentlich zu äussern.
Aus einigen Gebieten in Syrien hat sich das russische Militär bereits zurückgezogen. Am Freitag wurden russische Soldaten und Militärfahrzeuge dabei beobachtet, wie sie sich aus dem Süden des Landes in Richtung ihres Hauptstützpunkts in der Stadt Latakia bewegten. Am Donnerstag hatte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet, russische Streitkräfte verliessen Stützpunkte in Ain Issa und Al-Samn in ländlichem Gebiet in der Provinz Al-Rakka.
Satellitenaufnahmen des Unternehmens Maxar Technologies vom Freitag zeigten allem Anschein nach Frachtflugzeuge auf einem russischen Militärflugplatz in Syrien, deren Bugspitzen geöffnet waren, um schwere Rüstungsgüter aufzunehmen. Zu sehen waren zudem Hubschrauber, die demontiert und für den Abtransport vorbereitet wurden. Die russischen Marineschiffe sind nach US-Angaben bereits vollständig aus dem Hafen von Tartus ausgelaufen.
Obschon der russische Präsident Wladimir Putin Assad und dessen Familie Asyl gewährt hat, wandte sich Moskau den neuen syrischen Behörden zu und versuchte, den Schutz seiner Stützpunkte sicherzustellen und die Präsenz seiner Streitkräfte zu verlängern.
An der syrischen Botschaft in Moskau wurde rasch die mit drei Sternen geschmückte Flagge der syrischen Revolution gehisst, die die mit zwei Sternen versehene Flagge der alten Regierung ersetzte.
Obeida Arnaut, ein Sprecher der neuen Übergangsregierung in Syrien, rief Russland in einem Interview am Montag dazu auf, seine Präsenz in Syrien zu überdenken, schloss aber zugleich nicht aus, dass die russischen Truppen bleiben können.
«Ich denke, dass Russland seine Präsenz auf syrischem Territorium überdenken sollte, genau wie seine Interessen», sagte er. «Seine Interessen waren mit dem kriminellen Assad-Regime verbunden. Sie können es überdenken und Initiativen ergreifen, um der neuen Regierung die Hand zu reichen, um zu zeigen, dass sie keine Feindseligkeit gegenüber dem syrischen Volk hegen und dass die Ära des Assad-Regimes endgültig vorbei ist.»
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Montag, Moskau diskutiere das Thema mit den neuen Behörden. «Wir stehen in Kontakt mit Vertretern der Kräfte, die derzeit die Kontrolle über die Situation im Land haben, und all dies wird im Laufe des Dialogs geklärt werden», sagte Peskow.
DPA/aeg
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