Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Erstaunliche Karriere 
Vom Fussballtalent zum Pfleger zum Mr. Umzug 

Jongliert heute mit Zügelkisten statt mit dem Fussball: Move-Again-Gründer Mladjan Filipovic (35) in den Büroräumen im Zürcher Seefeld-Quartier.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Den 20. August 2002 wird Mladjan Filipovic nie vergessen. Es ist der Tag, an dem der damals 15-Jährige mit Mutter und Schwester aus Serbien in die Schweiz einreist. Er hat Angst, fühlt sich fremd. Aber der Junge aus Recovac hat einen Traum: Er will Fussball spielen, ganz oben, um jeden Preis. 

Das Talent, das in Serbien schon in der U-16 spielte, nimmt allen Mut zusammen und absolviert zwei Tage später beim Zürcher Grasshoppers Club (GC) ein Probetraining – er wird vom Fleck weg engagiert: «Ein Riesenglück! Ich konnte kein Wort Deutsch, aber ich konnte Fussball spielen. Das war die beste Integration, die man sich denken kann», sagt er rückblickend.

Heute, 20 Jahre später, sitzt Filipovic gelöst in den Büroräumlichkeiten seines Start-ups Move Again im Zürcher Seefeld-Quartier und erzählt auf Schweizerdeutsch von seinen Anfängen in diesem Land. Dabei fallen Sätze wie: «Vom Fussball habe ich gelernt, mich durchzubeissen. Und dass zum Erfolg auch etwas Glück gehört.» 

«Oben ist man schnell. Viel schwieriger ist es aber, oben zu bleiben.»

Mladjan Filipovic

Glück hatte er damals in der Lehre zum Fachmann Betreuung etwa mit seiner Abteilungsleiterin. Dank ihr konnte er seine Fussballkarriere weiter vorantreiben. Er packt die Chance, tschuttet sich hoch, Schlag auf Schlag – U-18, U-19 bei GC, schliesslich U-21 beim FC Aarau. Mit 19 Jahren schafft er den Sprung ins Ausland zu den Stuttgarter Kickers. 

Dann, nach sechs Monaten, der radikale Schnitt: Filipovics Körper rebelliert, zwei Bandscheibenvorfälle verbannen ihn für mehrere Monate vom Spielfeld. Danach geht nichts mehr, weder physisch noch mental. Er war draussen: «Ich hatte das Gefühl, alles zu verlieren, wofür ich gelebt habe.» 

Das war hart, habe ihn indes etwas gelehrt: «Oben ist man schnell. Viel schwieriger ist es aber, oben zu bleiben» – eine Erkenntnis, die ihn heute auch als Unternehmer leite. 

Per Klick zur Zügelfirma

Vor fünf Jahren gründete er sein Start-up: eine Onlineplattform, auf der sich eine ganze Züglete plus Endreinigung organisieren lässt – mit wenigen Klicks. Man gibt die Anzahl Zimmer an, das Volumen des Umzugsguts, Auszugs- und Einzugsadresse, und Move Again spuckt einen festen Preis aus – innert zwei bis drei Minuten. «Mit dieser Schnelligkeit sind wir unter allen Mitwerbern einzigartig», sagt Filipovic. 

Wie er zum Gründer wurde? – Zügig: Nachdem der Traum geplatzt ist, rappelt er sich hoch, bildet sich weiter zum Fachmann Gesundheit und startet eine Karriere in der Intensivstation am Zürcher Unispital. Aber der 25-Jährige will mehr, bildet sich in Marketing weiter und riecht bei den AZ-Medien Start-up-Lunte. Dem ehemaligen Sekschüler wird rasch klar: «Das kann ich auch. Ich will etwas Eigenes auf die Beine stellen.»

Die Idee eines Umzugshelfers ist schnell gefunden. Er mietet sich kurzerhand bei der Swiss Start-up-Factory in Zürich West ein, arbeitet mit seinem Kollegen, dem Programmierer Srdjan Cosic rund um die Uhr an seiner Businessidee, zieht wieder bei den Eltern ein. Das sei Knochenarbeit gewesen, aber sie hätten durchgehalten. 

Mehr als 20’000 Umzüge

Dann kam auch das Glück nochmals – in Gestalt von Start-up-Investor Max Meister. Filipovic: «Das war verrückt. Plötzlich hatte ich mehrere Hunderttausend Franken. Ich war völlig unerfahren und hatte eine Riesenangst, zu scheitern.» 

Doch er reüssiert, stellt Leute ein. Heute zählt Move Again 35 Mitarbeitende. Mehr als 20’000 Umzüge hat die Firma bisher organisiert, heuer werden nochmals über 7000 dazukommen. Dabei arbeitet er mit Partnerfirmen aus der Region zusammen, 100 in der Schweiz und 170 in Deutschland. Inzwischen ist Move Again gemäss Filipovic «eines der drei führenden Unternehmen im Bereich Umzug in der Schweiz, wenn nicht sogar die Nummer eins». 

Nicht so positiv würde das Laurent Decrue formulieren, Mitgründer der Konkurrenz-Plattform Movu, die heute der Baloise gehört. An die grossen Anbieter im Zügelgeschäft wie Welti Furrer käme das Start-up nie heran, «und auch Movu als digitaler Mitbewerber ist ein klar grösserer Player im Markt», sagt Decrue.

Anders als Move Again erhält der Kunde, die Kundin bei Movu fünf Offerten von ausgewählten Umzugsunternehmen. Das dauert laut Decrue zwischen ein paar Minuten und ein paar Stunden. Das gewählte Unternehmen entrichtet danach eine Standardprovision an Movu. 

Die Bewertungen für Move Again im Internet sind trotz automatisierter Offerte gut. Einmal indessen gerät die Firma in die negativen Schlagzeilen, als der Zügeltrupp sechs Stunden zu spät eintraf. Seither prüften sie die Umzugsfirmen vor der Zusammenarbeit noch strenger, versichert Mladjan Filipovic.

Bei jedem Umzug entfällt auf Move Again eine Vermittlungsprovision von 30 Prozent der Umzugskosten. Noch schreibt die Firma aber keine Gewinne. Deshalb ist Mladjan Filipovic auf Geldsuche, vier Millionen Franken will er in der aktuellen, vierten Finanzierungsrunde einsammeln. 

«Eine Expansion nach Europa ist schwierig, da der Markt durch die vielen Länder extrem kleinteilig ist.»

Laurent Decrue, Gründer von Movu

Er braucht das Geld für die anstehende Expansion nach Europa. Ab dieser Woche startet er zusammen mit seinem langjährigen Kompagnon Alexander Renner die Plattform «Relock», die in Deutschland bereits läuft. Frankreich und Grossbritannien sollen folgen. Es ist eine Art Ökosystem für Umzüge, das nebst Umzug und Reinigung die Organisation von weiteren Dienstleistungen beinhaltet – die Vermittlung von neuen Internetanbietern, Renovationsfirmen, Versicherungen oder Einrichtungsdiensten. Ziel ist es, der führende Einzugs- und Umzugshelfer in Europa zu werden. 

Kann ein so schnelles Wachstum gutgehen? – Die Idee sei gut, sagt Laurent Decrue, Movu biete in einem Shop ebenfalls solche Zusatzdienste an: «Aber eine Expansion nach Europa ist schwierig, da der Markt durch die vielen Länder extrem kleinteilig ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie das schaffen, ist gering. Aber sie besteht.»

Relock in Deutschland zu starten, sei sinnvoll, weil der Markt dort sehr viel grösser sei, sagt Gründer und Dozent Oliver Flueckiger: «Die hohen Margen bei den vermittelten Dienstleistungen macht das Modell interessant.» Aber die hohen Kosten für Werbung und die gegenwärtige Zurückhaltung der Investoren seien für alle Start-ups eine schwierige Ausgangslage.

Mladjan Filipovic ist sich bewusst, dass die Latte hoch liegt. Aber das hat System: «Ich bin motiviert, ganz oben mitspielen zu dürfen.» Er werde mit seinem Team alles daran setzen, dass das auch mit Relock so bleibe.